Rz. 21

Die Festsetzung eines Vorschusses nach § 55 steht ohne weiteres unter dem Vorbehalt der endgültigen Abrechnung, auch wenn dies nicht ausdrücklich erklärt wird (vgl. §§ 675 Abs. 1, 666 BGB).[32] Das folgt bereits aus dem Begriff des Vorschusses (siehe § 58 Rdn 14). Bei der Geltendmachung eines Vorschusses gegen die Staatskasse gem. § 47 oder auch gem. § 51 Abs. 1 S. 5 gilt diese Rechenschaftspflicht ebenfalls.[33] Hierbei handelt es sich um eine echte Berufspflicht. § 23 BORA verpflichtet den Rechtsanwalt nämlich, spätestens mit Beendigung des Mandats gegenüber dem Mandanten und/oder Gebührenschuldner über Honorarvorschüsse unverzüglich abzurechnen und ein von ihm errechnetes Guthaben auszuzahlen.[34] § 23 BORA erhebt die vertraglichen Auskunfts- und Rechenschaftspflichten des Anwalts in den Rang einer Berufspflicht.[35] Deshalb kann der Anwalt uneingeschränkt Nachforderungen stellen, wenn seine Vergütungsansprüche letztlich höher ausfallen sollten. Andererseits ist ebenso denkbar, dass er bereits überzahlt wurde. Hierher gehören zunächst die Fälle, wo ein Vergütungsanspruch überhaupt nicht zur Entstehung gelangt oder nachträglich wieder entfallen ist (siehe § 45 Rdn 66). In Betracht kommt aber auch, dass bei einem Vorschuss auf Wertgebühren (vgl. Rdn 12) später der Gegenstandswert reduziert wird.[36] Bei den Rahmengebühren (vgl. Rdn 13) kann die abschließende Gesamtschau (§ 14) ergeben, dass z.B. die bevorschusste Mittelgebühr letztlich doch nicht angefallen ist, weil die gem. § 14 Abs. 1 zu berücksichtigenden Umstände für eine geringere Entlohnung sprechen. Es existiert kein schutzwürdiges Vertrauen des Rechtsanwalts darauf, den im Vorschussweg bemessenen Gebührenvorschuss später nicht (teilweise) zurückzahlen zu müssen.[37] Während all diese Abweichungen eher Ausnahmecharakter haben, ist die Abrechnungslage bei einem Vorschuss für voraussichtlich entstehende Auslagen von vornherein unsicher.

[32] Vgl. BGH 18.6.2018 – AnwZ (Brfg) 61/17, AGS 2019, 48 = RVGreport 2018, 409 = NJW-RR 2018, 1328; BGH 7.3.2019 – IX ZR 143/18, AGS 2019, 170 = RVGreport 2019, 208 = NJW 2019, 1458.
[34] Vgl. auch BGH 7.3.2019 – IX ZR 143/18, AGS 2019, 170 = RVGreport 2019, 208 = NJW 2019, 1458.
[35] BGH 18.6.2018 – AnwZ (Brfg) 61/17, AGS 2019, 48 = RVGreport 2018, 409 = NJW-RR 2018, 1328.
[36] Vgl. OVG Niedersachsen JurBüro 1991, 1348.
[37] LSG NRW 26.9.2017 – L 6 AS 2347/16 B; OVG Niedersachsen JurBüro 1991, 1348.

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