Rz. 55

Der Beurteilungsmaßstab für die Erforderlichkeit von Reisekosten (vgl. Rdn 8) ist mit Unwägbarkeiten verbunden, die im Einzelfall eine sichere Vorhersage darüber, wie der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle nachträglich im Festsetzungsverfahren nach § 55 wohl entscheiden wird, nicht zulassen. Das gilt ebenso für sonstige Auslagen (Aufwendungen) des beigeordneten Anwalts (VV Vorb. 7 Abs. 1 S. 2).[93] Zwar kommt ihm das Gesetz mit der Vermutung entgegen, dass getätigte Auslagen im Zweifel erforderlich gewesen sind (vgl. Rdn 7). Für jedermann nachvollziehbare Anhaltspunkte, was noch als erforderlich oder schon als unnötig angesehen werden wird, fehlen indes.

Zitat

"Entsprechend groß kann das Risiko sein, dem der Armenanwalt von Fall zu Fall ausgesetzt ist: Unterlässt er aus Kostengründen eine Maßnahme, so setzt er sich unter Umständen dem Vorwurf der Pflichtverletzung oder gar der Gefahr aus, Schadensersatz leisten zu müssen; ergreift er sie, so kann der Fall eintreten, dass ihm später gesagt wird, die Maßnahme sei nicht erforderlich gewesen und er muss möglicherweise die Kosten hierfür aus eigener Tasche zahlen. Es erscheint weder gerechtfertigt, den durch das Gericht beigeordneten Rechtsanwalt solchen Gefahren auszusetzen, noch ist es vertretbar, die Risiken, die sich aus einer solchen Situation ergeben, der armen Partei anzulasten."[94]

Diesen Interessenkonflikt des beigeordneten und bestellten Anwalts hat der Gesetzgeber als unzumutbar angesehen und ihm deshalb durch § 46 Abs. 2 das Recht auf eine Voranfrage bei Gericht eingeräumt, ob eine beabsichtigte Reise für erforderlich gehalten wird.[95]

[94] OLG Frankfurt NJW 1974, 2095.
[95] Vgl. schon früher Friese, NJW 1955, 1500 m.w.N.

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge