Rz. 89
Streitig ist, ob im Beschwerdeverfahren das Verschlechterungsverbot gilt. Das ist zu verneinen.[49] Dagegen spricht der in den §§ 61 S. 2 und 63 Abs. 3 S. 1 GKG (§§ 53 S. 2 und 55 Abs. 3 S. 2; § 77 S. 2 und § 79 Abs. 2 S. 2 GNotKG) festgeschriebene Grundsatz der Streitwertwahrheit. Das Gericht muss den Wert richtig festsetzen. Deshalb kann keine Bindung an den vom Anwalt beantragten Gegenstandswert bestehen. Es ist nicht auszuschließen, dass dieser Wert unterschritten werden muss. Weil allgemeines Beschwerderecht gilt, ist der Antrag dann teilweise zurückzuweisen.
Rz. 90
Zweifelhaft kann daher nur sein, ob der Gegenstandswert höher als beantragt festgesetzt werden darf oder ob eine Bindung an die gestellten Anträge zu beachten ist. Wieder gilt der Grundsatz der Streitwertwahrheit. Bestünde eine solche Bindung, dann müsste der Beschwerde mit der Maßgabe stattgegeben werden, dass der vom Anwalt im Beschwerdeantrag genannte Gegenstandswert festgesetzt würde, obwohl das Beschwerdegericht ihn für zu niedrig hielte. Das Gericht müsste also bewusst einen unrichtigen Gegenstandswert festsetzen. Auch im Wertfestsetzungsverfahren nach § 33 ist deshalb davon auszugehen, dass das Gericht den Geschäftswert richtig festsetzen muss, sei er niedriger als beantragt oder höher.[50]
Rz. 91
Damit erledigt sich auch die frühere Streitfrage, ob eine Anschlussbeschwerde des Gegners des Antragstellers zulässig ist.[51] Im Gesetz ist sie heute vorgesehen (§ 567 Abs. 3 ZPO), hat aber keine praktische Bedeutung. Da das Verschlechterungsverbot nicht gilt, muss das Gegenvorbringen ohnehin berücksichtigt werden.[52]
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