Verfahrensgang

LG Flensburg (Aktenzeichen 2 OH 26/17)

 

Tenor

I. Die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluss der 2. Zivilkammer des Landgerichts Flensburg vom 05.09.2018 wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

 

Gründe

Die nach §§ 406 Abs. 1, 5, 567 Abs. 1 Nr. 1 ZPO statthafte und auch im Übrigen nach § 569 ZPO zulässige sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin (Bl. 388 ff. d. A.), mit der sich diese gegen die Ablehnung ihres Antrages wendet, den Sachverständigen H1 wegen Besorgnis der Befangenheit abzulehnen, hat keinen Erfolg.

Zu Recht und mit zutreffenden Gründen hat das Landgericht das Ablehnungsgesuch der Beklagten vom 27.06.2018 gegen den Sachverständigen H1 (Bl. 335 f. d. A.) zurückgewiesen. Das Ablehnungsgesuch ist unbegründet.

Gemäß § 406 ZPO kann ein Sachverständiger aus denselben Gründen, die zu einer Ablehnung eines Richters berechtigen, abgelehnt werden. Die Ablehnung eines Sachverständigen findet statt, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen seine Unparteilichkeit zu rechtfertigen, § 42 Abs. 2 ZPO. Es muss sich dabei um Tatsachen und Umstände handeln, die vom Standpunkt des Ablehnenden aus bei vernünftiger und besonnener Betrachtung die Befürchtung wecken können, der Sachverständige stehe der Sache nicht unvoreingenommen und damit nicht unparteiisch gegenüber (BGH NJW 2005, 1869; BGH NJW-RR 1987, 893). Für die Besorgnis der Befangenheit kommt es demnach nicht darauf an, ob der beauftragte Sachverständige parteiisch ist. Vielmehr rechtfertigt bereits der bei der ablehnenden Partei erweckte Anschein der Parteilichkeit die Ablehnung wegen Besorgnis der Befangenheit, wenn vom Standpunkt der ablehnenden Partei aus genügend objektive Gründe vorhanden sind, um Zweifel an der Unparteilichkeit des Sachverständigen zu erregen.

Diese Maßstäbe zu Grunde gelegt, rechtfertigt das beanstandete Verhalten des Sachverständigen bei objektiver Betrachtung aus der Sicht der Antragsgegnerin nicht die Befürchtung der Befangenheit. Der Umstand, dass das beanstandete Verhalten des abgelehnten Sachverständigen - das Aufwerfen der Frage, ob die Antragstellerin die Anwesenheit des Privatsachverständigen der Antragsgegnerin gestattet, und die anschließende Durchführung des Ortstermins ohne den Privatsachverständigen - verfahrensfehlerhaft war und im Ergebnis eine Unwirksamkeit der durchgeführten Beweisaufnahme bedeuten mag (vgl. hierzu nur OLG Koblenz NJW-RR 2013, 796 m. w. N.; Greger, in: Zöller, ZPO, 32. A. 2018, § 357 Rn. 2), reicht für eine Ablehnung des Sachverständigen nicht aus. Für sich genommen rechtfertigt eine verfahrensfehlerhafte Beweisaufnahme nämlich nicht die Annahme, der Sachverständige orientiere seine Untersuchungen einseitig an den Interessen einer Partei. Erforderlich ist vielmehr, dass sich durch die Art oder Häufung von Verfahrensfehlern zum Nachteil einer Partei der Eindruck unsachlicher Einstellung oder willkürlichen Verhaltens des abgelehnten Sachverständigen ergibt (vgl. OLG Bremen IBR 2012, 1422), was hier nicht ersichtlich ist. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird zunächst auf die zutreffende Begründung der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen.

Zwar können Zweifel an der Unparteilichkeit des Sachverständigen gerechtfertigt sein, wenn dieser einen Ortstermin in Anwesenheit einer Partei durchführt, ohne der anderen Partei Gelegenheit zur Teilnahme zu geben (BGH NJW 1975, 1363; OLG Karlsruhe MDR 2010, 1148; OLG Saarbrücken MDR 2007, 1279; OLG Bremen OLGR 2009, 700; OLG Frankfurt OLGR 2009, 573 Greger a. a. O., § 406 Rn. 7). Dies rechtfertigt sich aus dem Verstoß gegen das Gebot der Waffengleichheit, weil sich der Sachverständige der einseitigen Einflussnahme einer Partei aussetzt. Denn eine verständige Partei darf in der Folge mutmaßen, dass hierbei auch ein - für sie nach Inhalt und Umfang nicht zu überblickender - Informations- und Meinungsaustausch über das streitige Rechtsverhältnis zwischen dem Sachverständigen und der gegnerischen Partei stattgefunden hat (OLG Saarbrücken MDR 2014, 180; 2007, 1279; vgl. auch OLG Saarbrücken MDR 2005, 233). So liegt es hier aber gerade nicht, da der Sachverständige den Ortstermin in Gegenwart des Verfahrensbevollmächtigten der Antragsgegnerin durchgeführt und sich deshalb gerade nicht einer einseitigen Einflussnahme der Antragstellerseite ausgesetzt hat sowie die Möglichkeit eines Informations- und Meinungsaustauschs des Sachverständigen alleine mit der Antragstellerseite nicht bestand.

Soweit vertreten worden ist, dass die Ablehnung eines Sachverständigen gerechtfertigt sein soll, wenn dieser es - wie vorliegend - ablehnt, einen Ortstermin in Gegenwart eines technischen Beraters einer Partei durchzuführen, geht aus der entsprechenden Entscheidung des OLG Düsseldorf (MDR 1979, 409; ohne weitere Begründung zitiert von Greger a. a. O.; Werner/Pastor, Der Bauprozess, 16. A. 2018, Rn. 3119) gerade nicht hervor, dass dies stets und ohne Weiteres einen ausreichenden objektiven Grund darstellen muss, um Zweifel an der Unparteili...

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