Entscheidungsstichwort (Thema)

Keine Wiedereinsetzung nach fehlerhafter Rechtsbehelfsbelehrung bei anwaltlich vertretener Partei

 

Leitsatz (amtlich)

Bei einem deutlich vor Inkrafttreten des FamFG eingeleiteten Verfahren besteht Veranlassung zur Prüfung des anwendbaren Beschwerderechts, auch wenn das Familiengericht in der angefochtenen Entscheidung Normen des FamFG anwendet und eine Rechtsbehelfsbelehrung nach § 39 FamFG erteilt. Unterbleibt eine solche Prüfung, ist die Versäumung der Beschwerdefrist durch Einlegung der Beschwerde beim Familiengericht nicht unverschuldet. Wiedereinsetzung kann dann nicht gewährt werden. Der Meistbegünstigungsgrundsatz gilt nicht.

 

Normenkette

ZPO § 233; FamFG § 39; FGG-RG Art. 111

 

Verfahrensgang

AG Schwarzenbek (Beschluss vom 05.10.2010)

 

Nachgehend

BGH (Beschluss vom 06.07.2011; Aktenzeichen XII ZB 100/11)

 

Tenor

Der Antrag der Antragsgegnerin auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Einlegung der Beschwerde gegen den Beschluss des AG - Familiengericht - Schwarzenbek vom 5.10.2010 wird zurückgewiesen.

Die Beschwerde der Antragsgegnerin vom 15.11.2010 sowie die als Beschwerde zu verstehende Berufung vom 24.1.2011 gegen den Beschluss des AG - Familiengericht - Schwarzenbek vom 5.10.2010 werden auf ihre Kosten als unzulässig verworfen.

Die als Gegenvorstellung zu verstehende sofortige Beschwerde gegen den Beschluss des Senats vom 22.12.2010 (Prozesskostenhilfeversagung) wird zurückgewiesen.

Der Wert für das Beschwerdeverfahren wird auf 3.000 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Antragsgegnerin wendet sich mit einer Beschwerde gegen eine gerichtliche Umgangsregelung.

Ein Antrag des Antragstellers auf Regelung des Umgangs mit dem Kind der Parteien H, geboren ... 2008, ist am 20.2.2009 bei dem Familiengericht eingegangen.

Unter dem 23.3.2009 nahm die Antragsgegnerin zu dem Antrag Stellung.

as Familiengericht verhandelte über den Antrag am 21.7.2009 und 5.10.2010. Mit Beschluss vom 8.9.2009 bestellte es dem Rechtsanwalt K zum Verfahrenspfleger.

Mit Schriftsatz vom 9.12.2009 teilte der Verfahrenspfleger mit, dass er wegen des zwischenzeitlichen Inkrafttretens des FamFG als Verfahrensbeistand zu bestellen sei.

Mit Verfügung vom 11.12.2009 wies das Familiengericht darauf hin, dass gem. Art. 111 FGG-ReformG sich das anzuwendende Recht nach der Einleitung des Verfahrens richte. Daher sei altes Recht anwendbar. Diese Verfügung ging der Antragsgegnerin nicht zu.

Mit Beschluss vom 5.10.2010 hat das Familiengericht den Umgang dahingehend geregelt, dass der Antragsgegnerin das Aufenthaltsbestimmungsrecht für den Bereich des Umgangsrechts entzogen und eine Umgangspflegerin eingesetzt wird. Es hat die Nebenentscheidungen auf §§ 91, 80, 81 FamFG, 45 FamGKG gestützt

Weiter hat es den Beschluss mit folgender Rechtsbehelfsbelehrung versehen:

Gegen diese Entscheidung kann Beschwerde eingelegt werden (§ 58 Abs. 1 FamFG).

Die Beschwerde ist bei dem AG Schwarzenbek, Möllner Straße 20, 21453 Schwarzenbek, einzulegen (§ 64 Abs. 1 FamFG).

Die Beschwerde ist innerhalb einer Frist von einem Monat einzulegen (§ 63 Abs. 1 FamFG). Die Frist beginnt mit der schriftlichen Bekanntgabe dieses Beschlusses zu laufen (§ 63 Abs. 3 FamFG).

Die Beschwerde kann durch Einreichung einer Beschwerdeschrift oder zu Protokoll der Geschäftsstelle eingelegt werden (§ 64 Abs. 2 Satz 1 FamFG). Die Beschwerde muss die angefochtene Entscheidung bezeichnen und die Erklärung enthalten, dass Beschwerde gegen diese Entscheidung eingelegt werde (§ 64 Abs. 2 Satz 3 FamFG).

Der Beschluss wurde der Antragsgegnerin am 13.10.2010 zugestellt. Diese hat mit einem am 15.11.2010 bei dem Familiengericht eingegangenen Fax die Beschwerde eingelegt. Die Akten sind bei dem OLG Schleswig am 18.11.2010 eingegangen.

Mit Beschluss vom 22.12.2010 hat der Senat der Antragsgegnerin Prozesskostenhilfe und Verfahrenskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren versagt.

Die Antragsgegnerin beantragt nunmehr, den Beschluss des AG - Familiengericht - Schwarzenbek, Az. 22 F 132/09 vom 5.10.2010, insgesamt vollständig aufzuheben und ihr gegen die Versäumung der Berufungsfrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren.

Weiter legt sie gegen den Beschluss des Senats vom 22.12.2010 sofortige Beschwerde ein mit dem Antrag, den Beschluss aufzuheben und ihr die beantragte Prozesskostenhilfe und Verfahrenskostenhilfe für das Berufungsverfahren unter gleichzeitiger Beiordnung ihres Prozessbevollmächtigten zu gewähren.

Sie macht zur Begründung des Wiedereinsetzungsantrages geltend:

Mit der Erstellung und Einreichung der Beschwerdeschrift vom 15.11.2010 habe sich ihr Prozessbevollmächtigter hinsichtlich des Verfahrensablaufs an der Rechtsbehelfsbelehrung des Familiengerichts orientiert. Dieser habe sich ausschließlich an den Bestimmungen des seit dem 1.9.2009 geltenden neuen Rechts orientiert. Die Rechtsbehelfsbelehrung habe ihren Prozessbevollmächtigten derart irritiert, dass er versehentlich falsches Recht angewendet habe. Mit beeinflusst habe ihn dabei auch die ...

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