Leitsatz

Es besteht ein Anspruch auf Rückzahlung des Maklerhonorars nach Rücktritt des Verkäufers vom vermittelten Grundstückskaufvertrag, wenn er diesen Vertrag statt den Rücktritt zu erklären auch wegen arglistiger Täuschung der Käufer über ihre Zahlungsfähigkeit hätte anfechten können. Die Käufer haben die Pflicht zur Aufklärung über ihre Zahlungsunfähigkeit (bei Kaufpreis von 1,9 Millionen Euro), wenn die einzige Chance, den Kaufpreis aufbringen zu können, in einem (wegen Voraussage einer Wahrsagerin erhofften) Lottogewinn in Millionenhöhe besteht.

 

Fakten:

Die Eigentümerin eines Villengrundstücks beauftragte den Makler mit dem Nachweis einer Gelegenheit zur Veräußerung des Objekts. Dieser konnte auch entsprechende Interessenten nachweisen. Diese lebten bislang in normalen bescheidenen Verhältnissen in einer Drei-Zimmer-Wohnung, gaben aber an, zur Kaufpreisfinanzierung in Höhe von stattlichen 1,9 Millionen Euro keine Fremdmittel zu benötigen. Der notarielle Kaufvertrag wurde geschlossen, die Erwerber bezogen ihr neues Domizil. Die Verkäuferin hatte die dem Makler versprochene Provision gezahlt. Kurz darauf kam es wie es kommen musste: Der Kaufpreis konnte nicht gezahlt werden. Die Verkäuferin erklärte den Rücktritt vom Kaufvertrag und verlangt nun die dem Makler gezahlte Provision zurück - mithin erfolgreich.

Zwar hatte die Verkäuferin auf die Tätigkeit des Maklers hin einen notariell beurkundeten Kaufvertrag abgeschlossen. Der Makler hat die Provision jedoch nicht verdient, da die Verkäuferin den Vertrag wegen einer arglistigen Täuschung der Käufer über ihre Zahlungsfähigkeit hätte anfechten können. Besteht jedenfalls wegen desselben von einer Vertragspartei arglistig verschwiegenen Mangels neben den Gewährleistungsvorschriften ein Anfechtungsrecht, entfällt der Provisionsanspruch des Maklers, wenn statt der Anfechtung der Rücktritt vom Vertrag erklärt wird. Eine arglistige Täuschung der Erwerber war auch zu bejahen. Zwar besteht keine allgemeine Pflicht zur Offenbarung eigener wirtschaftlicher Bedrängnis. Anders sieht es aber dann aus, wenn diese wirtschaftliche Lage zur Vereitelung des Vertragszwecks geeignet ist und daher für die Entschließung des Vertragspartners von wesentlicher Bedeutung sein kann. Vorliegend waren die Käufer unstreitig von vorneherein nicht in der Lage, den geschuldeten Kaufpreis bezahlen zu können. Über das damit bestehende Ausfallrisiko von faktisch 100 Prozent mussten sie die Verkäuferin aufklären. Zwar war den Erwerbern von einer Wahrsagerin ein Lottogewinn in Millionenhöhe vorausgesagt worden, dennoch hätte die Verkäuferin auch in Kenntnis dieser Umstände mit dann ihr bekanntermaßen zahlungsunfähigen Kaufinteressenten sicherlich keinen Kaufvertrag abgeschlossen.

 

Link zur Entscheidung

OLG Stuttgart, Urteil vom 07.12.2011, 3 U 135/11OLG Stuttgart, Urteil vom 7.12.2011 – 3 U 135/11

Fazit:

Für das Entstehen des Provisionsanspruchs nach § 652 Abs. 1 BGB ist lediglich das Zustandekommen des Hauptvertrags infolge des Nachweises oder der Vermittlung erforderlich, nicht aber die Ausführung des Geschäfts. Umstände, die lediglich die Leistungspflicht aus dem wirksam zustande gekommenen Vertrag beseitigen, lassen daher die Provisionspflicht unberührt. Darunter fallen etwa die einverständliche Aufhebung des Vertrags, nachträgliche Unmöglichkeit, Kündigung oder Rücktritt. Bei Letzterem allerdings ausnahmsweise nicht bei Ausübung eines im Hauptvertrag ausbedungenen, zeitlich befristeten und an keine Voraussetzungen gebundenen Rücktrittsrechts, weil in einem solchen Fall eine echte vertragliche Bindung ähnlich wie bei einem Vertragsschluss unter einer aufschiebenden Bedingung erst in dem Zeitpunkt begründet wird, in dem der Rücktrittsberechtigte sein Rücktrittsrecht nicht mehr ausüben kann. Umstände, die einen wirksamen Abschluss des Kaufvertrags verhindern oder ihn als von Anfang an als unwirksam erscheinen lassen, schließen die Entstehung eines Provisionsanspruchs jedoch aus. Das sind etwa die Formnichtigkeit, die Gesetz- oder Sittenwidrigkeit oder die anfängliche Unwirksamkeit des Hauptvertrags nach Anfechtung wegen Irrtums oder arglistiger Täuschung.

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