Leitsatz (amtlich)

1. Es besteht ein Anspruch auf Rückzahlung des Maklerhonorars nach Rücktritt des Verkäufers vom vermittelten Grundstückskaufvertrag, wenn er diesen Vertrag statt den Rücktritt zu erklären auch wegen arglistiger Täuschung der Käufer über ihre Zahlungsfähigkeit hätte anfechten können.

2. Die das Recht zur Anfechtung wegen arglistiger Täuschung begründenden Umstände müssen nicht in der Rücktrittserklärung aufgeführt werden.

3. Die Käufer haben die Pflicht zur Aufklärung über ihre Zalungsunfähigkeit (bei Kaufpreis von 1.9 Millionen Euro), wenn die einzige Chance, den Kaufpreis aufbringen zu können, in einem (wegen Voraussage einer Wahrsagerin erhofften) Lottogewinn in Millionenhöhe besteht.

 

Normenkette

BGB §§ 652, 812 Abs. 1 Alt. 1, § 123

 

Verfahrensgang

LG Ulm (Urteil vom 22.06.2011; Aktenzeichen 2 O 50/11)

 

Tenor

I. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des LG Ulm vom 22.6.2011 - Az. 2 O 50/11 - abgeändert und wie folgt gefasst:

1. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 45.220 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit dem 18.11.2010 zu zahlen.

2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

II. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

III. Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen.

IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung der Klägerin gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit leistet.

V. Die Revision wird nicht zugelassen.

Streitwert des Berufungsverfahrens: 45.220 EUR.

 

Gründe

I. Die Klägerin hat in I. Instanz gegen den Beklagten einen Anspruch auf Rückzahlung des an jenen wegen der Vermittlung des Verkaufs eines Grundstücks der Klägerin in E ... gezahlten Maklerlohns geltend gemacht.

Am 9.1.2010 erteilte die Klägerin dem Beklagten einen Maklerauftrag zum Verkauf des der Klägerin gehörenden, mit einem großen Einfamilienhaus bebauten Grundstücks Im W.,... E. (Anl. K 2). Der Beklagte brachte die Klägerin mit den Kaufinteressenten S. H. und M. S. in Kontakt.

Mit notariellem Vertrag vom 12.8.2010 (Anl. K 3) verkaufte die Klägerin das Grundstück zum Preis von 1.900.000 EUR an S. H. und M. S. Gemäß Ziff. 5 des Vertrags sollten die Käufer einen Teilbetrag des Kaufpreises von 500.000 EUR bis zum 30.9.2010 bezahlen; der Restbetrag von 1,4 Mio. EUR war innerhalb von 10 Tagen nach Absendung einer Mitteilung des Notars an die Käufer fällig, dass bestimmte Voraussetzungen wie etwa Eintragung einer Eigentumsvormerkung, Zustimmung der Nacherben oder Lastenfreistellung hinsichtlich der im Rang der Eigentumsvormerkung vorgehenden Rechte usw. erfüllt seien. In Ziff. 10 des Vertrags ist zur Kaufpreisfinanzierung vermerkt: "Der Käufer benötigt nach Angabe keine Grundschuldbestellung am Vertragsobjekt zur Sicherung eines zur Kaufpreisfinanzierung erforderlichen Darlehens.".

Die Käufer hatten zuvor in "normalen" finanziellen Verhältnissen in einer Dreizimmerwohnung in der Nähe von Berlin gelebt und besaßen weder nennenswertes Vermögen noch Einkünfte, die die Finanzierung des Kaufpreises ermöglicht hätten. Gleichwohl gaben sie gegenüber der Klägerin an, eine Finanzierung des Kaufpreises nicht zu benötigen, da sie über die entsprechenden finanziellen Mittel verfügten.

Mit Schreiben vom 17.8.2010 (Anl. K 4) stellte der Beklagte der Klägerin eine Provision von 45.220 EUR in Rechnung, welche die Klägerin bezahlte.

Die Übergabe fand am 30.9.2010 statt und die Käufer bezogen das Grundstück. Gleichwohl leisteten sie keine Zahlungen auf den geschuldeten Kaufpreis. Zunächst hatten die Käufer behauptet, beim Transfer der zur Kaufpreiszahlung erforderlichen finanziellen Mittel aus dem Ausland habe sich eine Verzögerung ergeben, weshalb die Kaufpreiszahlung erst am 8.10.2010 erfolgen werde. Am 11.10.2010 mahnte die Klägerin die Kaufpreiszahlung per E-Mail an. Der Käufer M. S. antwortete mit E-Mail vom selben Tag, dass es ihm unangenehm sei, mit der Zahlung in Verzug zu sein, bevor er mit E-Mail vom 13.10.2010 eine Vielzahl von Mängeln am Wohnhaus rügte.

Mit Schreiben ihres Prozessbevollmächtigten vom 13.10.2010 (Anl. K 7) ließ die Klägerin den Käufern eine Frist zur Kaufpreiszahlung bis 19.10.2010 setzen und nach einem Schreiben der Käufer vom 18.10.2010 mit Schreiben vom 19.10.2010 (Anl. K 8) den Rücktritt vom Kaufvertrag erklären. In dem Schreiben ist u.a. ausgeführt:

"... Wäre von Ihnen vom Kaufpreis, mit dem Hinweis auf angebliche Mängel, ein adäquater Betrag zurückgehalten worden, so hätte man sicherlich ein vernünftiges Gespräch hierüber führen können. Von Ihnen wurden bisher aber keine Zahlungen geleistet und das betrifft nach unseren Informationen auch andere Gläubiger ..."

Mit Schreiben vom 21.10.2010 (Anl. K 9) räumte der Käufer M.. S. ein: "... Sie haben recht! Wir haben die Mängel, die uns aufgefallen sind zum Anlass genommen, um unserem eigentlichen Problem mehr Zeit zu verschaffen, in der Hoffnung, doch noch ...

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