Gesetzestext

 

(1) Für die Zwecke dieser Verordnung bezeichnet der Ausdruck

a) ›Rechtsnachfolge von Todes wegen‹ jede Form des Übergangs von Vermögenswerten, Rechten und Pflichten von Todes wegen, sei es im Wege der gewillkürten Erbfolge durch eine Verfügung von Todes wegen oder im Wege der gesetzlichen Erbfolge;
b) ›Erbvertrag‹ eine Vereinbarung, einschließlich einer Vereinbarung aufgrund gegenseitiger Testamente, die mit oder ohne Gegenleistung Rechte am künftigen Nachlass oder künftigen Nachlässen einer oder mehrerer an dieser Vereinbarung beteiligter Personen begründet, ändert oder entzieht;
c) ›gemeinschaftliches Testament‹ ein von zwei oder mehr Personen in einer einzigen Urkunde errichtetes Testament;
d) ›Verfügung von Todes wegen‹ ein Testament, ein gemeinschaftliches Testament oder einen Erbvertrag;
e)–i) (…)

(2) (…)

A. Begriffsbestimmungen.

 

Rn 1

Entspr der Tradition der europäischen Verordnungen enthält Art 3 in I u II einige Begriffsbestimmungen, welche die einheitliche Auslegung (Vor EuErbVO Rn 5) u Anwendung erleichtern sollen. Zur Reichweite des anwendbaren Rechts s Art 23.

B. Einzelne Definitionen.

 

Rn 2

›Rechtsnachfolge von Todes wegen‹ (›succession‹) ist jede Form des Übergangs von Vermögenswerten, Rechten u Pflichten vTw, sei es im Wege der gewillkürten Erbfolge durch eine Verfügung vTw (s I lit d) oder im Wege der gesetzlichen Erbfolge (I lit a). Der Begriff ist verordnungsautonom auszulegen (Dörner ZEV 12, 505, 506 f).

 

Rn 3

›Erbvertrag‹ (›agreement as to succession‹) im unionsrechtlichen Sinne ist eine Vereinbarung, einschl einer Vereinbarung aufgrund gegenseitiger Testamente (›mutual wills‹), die mit oder ohne Gegenleistung Rechte am künftigen Nachlass einer oder mehrerer an dieser Vereinbarung beteiligter Personen begründet, ändert oder entzieht (I lit b; für einen weiteren Begriff Dutta FamRZ 13, 4, 9 f; Lechner NJW 13, 26 ff). Da solche Verträge nicht von allen Rechtsordnungen zugelassen werden, finden sich besondere Bestimmungen zu Zulässigkeit, Wirksamkeit (Art 25) u Form (Art 27) (vgl Erw 49). Der Begriff ist verordnungsautonom auszulegen (NK/Looschelders Rz 8). Das deutsche gemeinschaftliche Testament mit wechselbezüglichen Verfügungen (§ 2270 BGB) ist als Erbvertrag anzusehen (BGH FamRZ 21, 802 Anm Fornasier = ErbR 21, 516 Anm Mankowski = NJW 21, 1159 Anm Zimmermann Rz 10; München FamRZ 20, 1951, 1952 zust Anm Fornasier; MüKo/Dutta Rz 11; s Art 25 Rn 2a). Erfasst werden nach hM auch Erb- und Pflichtteilsverzicht (J Weber ZEV 15, 503, 404; s Art 25 Rn 2). Das Gleiche gilt aufgrund funktionaler autonomer Qualifikation nach dem EuGH, der auf den Wirksamkeitszeitpunkt der Schenkung abstellen will, für die Schenkung auf den Todesfall, wenn das Eigentum an einem Grundstück erst im Todesfall auf den anderen Vertragspartner übergehen soll (EuGH C-277/20, FamRZ 21, 1825 Anm Wendland = ZEV 21, 717 Anm JP Schmidt = ErbR 21, 1026 m Aufs Rieländer, 1016 u Aufs de Barros Fritz IPRax 22, 360 = ECLI:EU:C:2021:708). – Zur Schenkung zu Lebzeiten s Art 1 Rn 13. Zum ›contract to make a will‹ s Art 1 Rn 12.

 

Rn 4

Ein ›gemeinschaftliches Testament‹ (›joint will‹) im unionsrechtlichen Sinne ist ein von zwei oder mehr Personen in einer einzigen Urkunde (›one instrument‹) errichtetes Testament (I lit c; vgl Nordmeier ZEV 12, 513, 514). Es ist vom Erbvertrag zu unterscheiden (näher Dutta FamRZ 13, 4, 9; Lechner NJW 13, 26 ff) u unterliegt auch nicht den dafür geltenden Vorschriften. Zur Anwendung kommen grds die allg Vorschriften für Testamente, s Art 24. Im Unterschied zum deutschen Recht (§§ 2265 ff BGB) stellt Art 3 I lit c (ähnlich wie Art 4 HTÜ) allerdings allein auf die formale Zusammenfassung in einer einzigen Urkunde (Urkundeneinheit) ab (MüKo/Dutta Rz 5 f). Daher ist str, wieweit für das gemeinschaftliche (wechselseitige) Ehegattentestament ggf (auch) ein Erbvertrag iSd VO angenommen werden kann (Dutta IPRax 15, 32, 35), s Art 24 Rn 2.

 

Rn 5

Eine ›Verfügung von Todes wegen‹ (›disposition of property upon death‹) ist der Oberbegriff für ein Testament, ein gemeinschaftliches Testament oder einen Erbvertrag (I lit d). Die VO enthält besondere Bestimmungen über die Zulässigkeit u die materielle Wirksamkeit (Art 24, 27) sowie die Formgültigkeit (Art 27).

 

Rn 6

Das Gericht wird in Art 3 II definiert. Die VO will den verschiedenen Systemen zur Regelung von Erbsachen in den MS Rechnung tragen (Erw 20). Der Begriff ›Gericht‹ ist daher weit auszulegen, so dass nicht nur Gerichte im eigentlichen Sinne, die gerichtliche Funktionen ausüben, erfasst werden, sondern auch Notare oder Registerbehörden, die in einigen MS in bestimmten Erbsachen gerichtliche Funktionen ausüben (Buschbaum/Simon ZEV 12, 525, 526). Das gleiche gilt für Notare u Angehörige von Rechtsberufen, die in einigen MS in einer bestimmten Erbsache aufgrund einer Befugnisübertragung durch ein Gericht gerichtliche Funktionen ausüben (vgl Art 79 I). Nicht erfasst wird aber der einverständlich beantragte polnische notarielle Erbnachweis (EuGH C-658/17 WB, NJW 19, 2293 = FamRZ 19, 1184 Anm Fornasier = ECLI:EU:C:2019:444; zu L...

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