Rn 27

§ 912 sagt nichts über die Eigentumsverhältnisse an dem Überbau und an dem überbauten Grundstücksteil aus; wer dessen Eigentümer ist, ergibt sich nach dem Willen des Gesetzgebers jedoch als mittelbare Folge der Vorschrift (BGHZ 110, 298, 300). Danach gilt Folgendes:

 

Rn 28

Liegen die Voraussetzungen des § 912 I vor und muss der Nachbar demnach den Überbau dulden, unterliegt der übergebaute Gebäudeteil nicht der Grundregel der §§ 94 I, 946, wonach der Nachbar das Eigentum an dem Gebäudeteil erwürbe; vielmehr tritt entspr § 95 I 2 die Wirkung ein, dass der Gebäudeteil als Scheinbestandteil des überbauten Nachbargrundstücks wesentlicher Bestandteil (§§ 93, 94 II) des Stammgrundstücks (Rn 8 ff) bleibt, von welchem aus über die Grenze hinüber gebaut wurde (BGHZ 110, 298, 300). Das Eigentum an dem übergebauten Gebäudeteil steht somit dem Eigentümer des Stammgrundstücks zu. Das gilt auch, wenn das Stammgrundstück veräußert (BGHZ 157, 301, 307) oder das auf dem Stammgrundstück stehende Gebäude vollständig abgerissen wird (BGH MDR 20, 1178).

 

Rn 29

Fehlt es an den Voraussetzungen des § 912 I, kommt die Anwendung des § 95 I 2 nicht in Betracht; der übergebaute Gebäudeteil gilt nach § 94 I als wesentlicher Bestandteil des überbauten Nachbargrundstücks. Der Gebäudeteil wird auf der Grundstücksgrenze lotrecht geteilt mit der Folge, dass jeder Teil nach § 946 dem Eigentümer der jeweiligen Grundstücksfläche gehört (BGH NJW 85, 789, 791 [BGH 12.07.1984 - IX ZR 124/83]; aA Soergel/Baur Rz 24).

In diesem Fall kann der Nachbar die Beseitigung des ›Überbaus‹ aus § 1004 I und die Herausgabe der überbauten Fläche aus § 985 verlangen. Ausnahmsweise kann allerdings eine Duldungspflicht aus dem Gesichtspunkt des nachbarlichen Gemeinschaftsverhältnisses (dazu § 903 Rn 14 ff) bestehen.

 

Rn 30

Der Überbau lässt die Eigentumsverhältnisse an dem überbauten Grundstück unberührt; der Nachbar behält das Eigentum auch hinsichtlich der Fläche, welche von dem Überbau in Anspruch genommen wird. Eine Verschiebung der Grenzlinie findet nicht statt (RGZ 160, 166, 183).

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