Rn 8

Das Gebäude (Rn 5 ff) muss von einem Grundstück aus (Stammgrundstück) teilweise über die Grenze auf das Nachbargrundstück gebaut worden sein. Welches das Stammgrundstück ist, bestimmt sich allein nach den Absichten und wirtschaftlichen Interessen des Bauherrn (Rn 2) im Zeitpunkt der Inanspruchnahme des Nachbargrundstücks (BGH NJW 89, 789, 790). Die Größe oder die Wichtigkeit des über die Grundstücksgrenze gebauten Gebäudeteils im Verhältnis zu dem auf dem Grundstück des Geschäftsherrn stehenden Gebäudeteil spielt für die Bestimmung des Stammgrundstücks keine Rolle (BGHZ 110, 298, 302). Kein Überbau iSd Vorschrift ist es, wenn es an einem Stammgrundstück fehlt (BGH NJW 85, 789, 790).

 

Rn 9

Wird das Gebäude innerhalb der Grenzen eines Grundstücks errichtet und entsteht erst später durch Grundstücksteilung die Überbausituation, ist die unmittelbare Anknüpfung an die Absichten des Bauherrn idR nicht möglich. In diesem Fall muss das Stammgrundstück nach objektiven Kriterien bestimmt werden; danach ist als Stammgrundstück das Grundstück anzusehen, auf welchem sich der nach Umfang, Lage und wirtschaftlicher Bedeutung eindeutig maßgebende Teil des Gebäudes befindet (BGHZ 110, 298, 302 f).

 

Rn 10

An die Absichten des Bauherrn kann ebenfalls dann nicht unmittelbar angeknüpft werden, wenn der Eigentümer zweier Grundstücke bei der Errichtung eines Gebäudes einen Teil über die Grundstücksgrenze gebaut hat. Doch können sich seine Absichten aus den objektiven Gegebenheiten erschließen (BGHZ 110, 298, 303).

 

Rn 11

Da sich das Eigentumsrecht des Nachbarn auch auf den Raum über der Oberfläche und auf den Erdkörper unter der Oberfläche seines Grundstücks erstreckt (§ 905), liegt ein Überbau iSv § 912 immer dann vor, wenn ein Gebäude die Grundstücksgrenze im Luftraum, auf dem Erdboden oder unter der Erdoberfläche überschreitet. Deshalb können zB Erker, Dachvorsprünge, Balkone, Mauerausbuchtungen, eine geneigte Wand, Keller und Fundamente ein Überbau sein.

 

Rn 12

Nicht erforderlich ist es, dass der Überbau bei der Errichtung des Gebäudes entsteht. Auch auf spätere Veränderungen eines Gebäudes kann die Vorschrift entsprechende Anwendung finden (BGH MDR 09, 24 [BGH 19.09.2008 - V ZR 152/07]).

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