I. Juristische Personen.

 

Rn 14

Die juristische Person übt einen eigenständigen unmittelbaren Besitz durch ihre Organe oder ihre sonstigen verfassungsmäßig berufenen Vertreter aus (sog Organbesitz). Diese fiktive und ausschl Zurechnung des Besitzes an die juristische Person bedeutet, dass das Organ selbst keinen Besitz im Rechtssinne hat (Rechtsstellung ähnl eines Besitzdieners). Mitarbeiter der juristischen Person unterhalb der Ebene der Organe sind dagegen Besitzdiener.

II. Personengesellschaften und Gemeinschaften.

 

Rn 15

Keine juristischen Personen sind die oHG, KG, Partnerschaftsgesellschaft, EWIV und GBR. Deren Rechtsfähigkeit wird heute von der Praxis und hM bejaht (für die GbR BGHZ 146, 341; für die Wohnungseigentümergemeinschaft vgl BGH NJW 05, 2061 u nunmehr § 9a WEG; iÜ vgl § 124 HGB). Daher ist heute weithin anerkannt, dass alle diese rechtsfähigen Gesellschaften und Gemeinschaften ebenfalls Organbesitz haben. Der Besitz wird hierbei von den jeweiligen geschäftsführungsbefugten Gesellschaftern ausgeübt (BGHZ 57, 166). Soweit den Gemeinschaften die Rechtsfähigkeit fehlt, kann ein Organbesitz der jeweiligen Gemeinschaften nicht angenommen werden. Hier sind die Mitglieder Besitzer (zur Erbengemeinschaft s Rn 18).

III. Gesetzlicher Vertreter.

 

Rn 16

Der gesetzliche Vertreter einer natürlichen Person ist unmittelbarer Besitzer der dem Vertretenen rechtlich zustehenden Sachen, soweit er die tatsächliche Gewalt ausüben kann. Soweit die Sache dem Vertretenen zur eigenen Nutzung überlassen ist, ist der Vertretene selbst Besitzer.

IV. Ehegatten, nichteheliche Lebensgemeinschaften, Kinder.

 

Rn 17

Ehegatten haben idR an der gemeinsam genutzten Wohnung und den Gegenständen des gemeinsamen Haushalts Mitbesitz (BGHZ 73, 253; BGH NJW 08, 1959). Ohne Bedeutung ist auch hier die Eigentumslage. Alleinbesitz eines Ehegatten ist an Gegenständen gegeben, die zum persönlichen Gebrauch nur dieses Ehegatten bestimmt sind. Im Hinblick auf die Schwierigkeiten bei der äußerlichen Erkennbarkeit sind iRd Zwangsvollstreckung die Regelungen der §§ 1362 BGB, 739 ZPO zu beachten. In gleicher Weise wie bei Ehegatten ist bei Partnern einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft Mitbesitz an den gemeinsam genutzten Wohnräumen und Haushaltsgegenständen zu bejahen (BGH NJW 08, 1959). Allerdings kann aus der bloßen Aufnahme in die Wohnung nicht auf Mitbesitzt geschlossen werden. Vielmehr müssen Umstände vorliegen (Anzeige an den Vermieter, Anmeldung bei der Gemeinde), die nach außen die Einräumung von Mitbesitz dokumentieren (BGH NJW 08, 1959). Soweit sich in den gemeinsam genutzten Wohnräumen von Ehegatten oder nichtehelichen Lebensgemeinschaften Kinder auf Dauer aufhalten, haben diese an einzelnen Sachen Alleinbesitz, soweit ihr natürlicher Besitzwille reicht. IÜ wird idR Mitbesitz der Eltern oder je nach Fallgestaltung Mitbesitz aller Personen vorliegen. An der Wohnung haben minderjährige Kinder keinen Mitbesitz. Bleiben Kinder bei Erreichen der Volljährigkeit in der elterlichen Wohnung, ändert sich an der Einordnung als Besitzdiener nichts (BGH NJW 08, 1959 [BGH 19.03.2008 - I ZB 56/07]).

V. Erbenbesitz und Erbengemeinschaften.

 

Rn 18

Der Erbe ist (fiktiv) stets ein unmittelbarer Besitzer (§ 857). Dieser Erbenbesitz nach § 857 stellt eine Ausnahme vom Erfordernis der tatsächlichen Gewalt dar. Davon zu unterscheiden ist der Erbschaftsbesitz nach § 2018. Dort ist der Fall geregelt, dass eine Person einen Gegenstand aus einer Erbschaft erlangt hat, der in Wirklichkeit ein Erbrecht nicht zusteht. Geht die Erbschaft auf eine Erbengemeinschaft über, die eine Gesamthandsgemeinschaft ohne Rechtsfähigkeit darstellt, so werden die jeweiligen Mitglieder der Erbengemeinschaft Mitbesitzer (BGHZ 4, 77).

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