1. Inhaberpapiere.

 

Rn 2

Bei Inhaberpapieren verspricht der Aussteller die Leistung dem jeweiligen Inhaber der Urkunde, dh der Name des Berechtigten wird nicht genannt. Der jeweilige Inhaber ist als berechtigt ausgewiesen, das verbriefte Recht geltend zu machen (Legitimation des Inhabers), dh es besteht die widerlegbare Vermutung der materiellen Berechtigung. Die Durchsetzbarkeit des Rechts ist also vom Innehaben (nicht zwingend dem unmittelbaren Besitz) der Urkunde abhängig (Zöllner § 2 II 1). Die Übertragung des Rechts erfolgt grds durch Übereignung der Urkunde (§§ 929 ff), so dass gutgläubiger Erwerb bei abhanden gekommenen Urkunden nach § 935 II möglich ist. Allerdings ist auch eine Übertragung gem §§ 398, 413 möglich, so dass das Eigentum an der Urkunde nach § 952 II kraft Gesetzes übergeht. Inhaberpapiere können Forderungen verbriefen oder ein Mitgliedschaftsrecht. Beispiele für Inhaberpapiere sind die Inhaberschuldverschreibung (§§ 793 ff), die Inhaberaktie (§ 10 I Alt 1 AktG; München 17.1.18 – 7 U 1801/17, juris Rz 47), der Inhaberscheck (Art 5 ScheckG), der Inhabergrund- oder Rentenschuldbrief (§§ 1195, 1199) und die Inhaberzeichen des § 807. Die sich lediglich auf Forderungen beziehenden §§ 793806 bzw § 807 können auf Mitgliedschaftsrechte entspr angewendet werden, sofern sich nicht aus der Eigenart des Mitgliedschaftsrechts etwas anderes ergibt (Zöllner § 29 II 1; RGRK/Steffen vor § 793 Rz 20). Dagegen ist der auf den Inhaber ausgestellte Versicherungsschein lediglich qualifiziertes Legitimationspapier (§ 4 I VVG iVm § 808; s BGH NJW-RR 99, 898, 899 [BGH 24.02.1999 - IV ZR 122/98]; NJW 00, 2103, 2104 [BGH 22.03.2000 - IV ZR 23/99]).

2. Orderpapiere.

 

Rn 3

Die Orderpapiere werden auf eine konkrete Person oder deren Order ausgestellt. Der Berechtigte, der das verbriefte Recht geltend machen kann, wird namentlich benannt. Eine Übertragung des verbrieften Rechts an einen anderen erfolgt durch Indossament (Begebungsvermerk) und Übereignung (§§ 929 ff) der Urkunde. Das Indossament ist eine einseitige schriftliche Erklärung, zu der regelmäßig eine Einigung über den Rechtsübergang (Begebungsvertrag) hinzutreten muss. Dem in dieser Weise Legitimierten können nur begrenzt Einwendungen entgegengehalten werden (vgl Einwendungsausschluss des Art 17 WG, § 364 HGB). Erfolgt die Übertragung durch Übereignung des Papiers oder Abtretung ohne Indossament, können die Wirkungen des Indossaments (zB Art 17 WG) nicht eintreten (BeckOKBGB/Gehrlein Rz 4). Die widerlegbare Vermutung der materiellen Berechtigung besteht nur ggü dem vom Aussteller benannten Inhaber oder ggü dem durch eine ununterbrochene Reihe von Indossamenten als letzter Berechtigter Ausgewiesenen (vgl Art 16 I WG). Geborene Orderpapiere können allg (ohne nähere Bestimmung durch den Aussteller) durch Indossament übertragen werden (zB Art 11 I WG; Art 14 I ScheckG). Sog gekorene Orderpapiere werden allein durch die Orderklausel (ausdrückliche Anordnung des Ausstellers im Papier) durch Indossament übertragbar (die sechs handelsrechtlichen Orderpapiere des § 363 HGB).

3. Namenspapiere (Rektapapiere).

 

Rn 4

Namenspapiere benennen, wie der Begriff schon sagt, den Berechtigten in der Urkunde. Nur der namentlich Berechtigte bzw sein Rechtsnachfolger ist befugt, die verbrieften Ansprüche geltend zu machen (BGH WM 87, 1038; 92, 1522). Nur für ihn begründet der Besitz des Papiers die widerlegbare Vermutung der materiellen Berechtigung. Erfolgt die Anlegung des Papiers auf den Namen eines Dritten, ist dieser Gläubiger (s aber BGH WM 92, 1522, 1523: Einschränkung der Berechtigung des Dritten). Ein Gläubigerwechsel kann nur durch Abtretung des Anspruchs (§§ 398, 413) eintreten. Erhoben werden können alle Einwendungen, die gegen den Rechtsvorgänger des Gläubigers entstanden sind, ein gutgläubiger Erwerb findet grds nicht statt (§ 404); Ausnahmen hierzu finden sich für die Hypothek (§§ 892 f, 1138) sowie für die Grundschuld (§§ 892 f). Der Eigentumsübergang an der Urkunde erfolgt nach § 952 kraft Gesetzes. Beispiele für Namenspapiere sind der Hypothekenbrief (§ 1116), die bürgerlich-rechtliche Anweisung (§§ 783 ff), die handelsrechtlichen Wertpapiere des § 363 HGB, sofern sie nicht an Order lauten, Wechsel und Scheck mit negativer Orderklausel (Art 11 II WG, Art 14 II ScheckG) sowie der Sparkassenbrief (BGH WM 92, 1522, 1523 [BGH 07.07.1992 - XI ZR 239/91]: Namensschuldverschreibung; Hamm WM 99, 2021 [OLG Hamm 19.05.1999 - 31 U 207/98]: Formularmäßige Verkürzung der Verjährungsfrist).

4. Legitimationspapiere.

 

Rn 5

Legitimationspapiere entfalten ihre Legitimationswirkung nur zugunsten des Schuldners. Werden sie vorgelegt, kann der Schuldner, ohne dazu verpflichtet zu sein, an den Inhaber mit befreiender Wirkung leisten. Qualifizierte Legitimationspapiere (oder hinkende Inhaberpapiere) nach § 808 sind Wertpapiere (zB Sparbuch, s § 808 Rn 2). Eine Zahlungsverpflichtung des Ausstellers resultiert zwar nicht schon aus der Vorlage der Urkunde, er kann aber die Zahlung von der Urkundenvorlage abhängig machen und dann Zahlung mit befreiender Wirkung vornehmen. Der auf den Inh...

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