Rn 8

Meist wird der Bürgschaftsvertrag zweiseitig zwischen Bürgen und Gläubiger abgeschlossen, ohne dass es einer Mitwirkung des Schuldners bedarf. Als abstraktes Rechtsgeschäft kann die Bürgschaft auch ohne Wissen und gegen den Willen des Schuldners übernommen werden (BGHZ 143, 381, 385), sie ist unabhängig von einem Rechtsverhältnis zwischen Bürgen und Schuldner (FG München BeckRS 19, 43987 Rz 29). In der Praxis führt die Vertragsfreiheit zu vielen Varianten (s.a. Staud/Stürner § 765 Rz 148 ff): zB der Vereinbarung der Bürgschaft durch eine einzelne Klausel in einem mehrseitigen Vertrag. Der Gläubiger der Hauptforderung und der Gläubiger der Bürgschaftsforderung müssen identisch sein (s Vor § 765 Rn 11).

 

Rn 9

Für den Vertragsschluss gelten die §§ 145 ff (insb ist der Zugang der Annahme unter den Voraussetzungen von § 151 1 entbehrlich; vgl BGHZ 158, 286, 294 für eine Vertragsänderung). Eine Stellvertretung ist nach den allg Regeln der §§ 164 ff möglich. Zur Form s § 766 und § 350 HGB; zum Widerrufsrecht des Verbrauchers s Vor §§ 765 ff Rn 33.

 

Rn 10

In vielen Fallkonstellationen ist aufgrund eines in der Person des Bürgen liegenden Grundes eine Zustimmung zum Abschluss des Bürgschaftsvertrages nach allg Vorschriften außerhalb des Bürgschaftsrechts einzuholen. Die Zustimmung kann Wirksamkeitsvoraussetzung sein: zB die des Aufsichtsrats nach § 89 I AktG (s Vor § 765 Rn 25), die des Gerichts nach § 1854 Nr 5 (Vormund), § 1813 (Pfleger), § 1643 I (Eltern) oder die einer kommunalen Aufsichtsbehörde (BGHZ 142, 51, 53 ff: Schwebende Unwirksamkeit des Bürgschaftsvertrags bis zur Zustimmung; der fehlende Hinweis auf die Zustimmungspflicht kann zu Schadensersatz aus vorvertraglichen Verhalten führen, wobei nach § 254 I Mitverschulden des Vertragpartners zu berücksichtigen ist). Oft besteht eine Pflicht zur Einholung der Zustimmung der Gesellschafterversammlung (s zB § 116 II HGB; § 37 I GmbHG iVm den in der Praxis üblichen Zustimmungskatalogen im Gesellschaftsvertrag oder iVm § 46 Nr 6 GmbHG), deren Verletzung nur gesellschaftsinterne Folgen hat (zB Haftung aus § 43 GmbHG).

 

Rn 11

Der Bürgschaftsvertrag kann auch zwischen Bürgen und einer anderen Person als dem Gläubiger (zB dem Hauptschuldner) zugunsten eines Gläubigers als Vertrag zugunsten Dritter (§ 328 I) abgeschlossen werden (BGHZ 115, 177, 183): Der Gläubiger kann die zu seinen Gunsten angebotene Bürgschaft nach § 333 zurückweisen. Nach § 334 muss er alle Einwendungen aus dem Vertrag zwischen Bürgen und Hauptschuldner gegen sich gelten lassen. Der zwischen dem Hauptschuldner und einer Bank abgeschlossene Avalkreditvertrag (vgl Vor § 765 Rn 31) ist idR kein Vertrag zugunsten des Gläubigers (BGH NJW 84, 2088 f [BGH 04.05.1984 - IX ZR 37/83]).

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