I. Allgemeines.

 

Rn 1

Die Vorschrift des § 654 enthält eine Regelung zum Schicksal des Vergütungs- und Aufwendungsersatzanspruchs, wenn der Makler vertragswidrig auch für die andere Vertragspartei des angestrebten Hauptvertrags als Makler tätig wird. Dabei steht die Vertragswidrigkeit der ›Doppeltätigkeit‹ im Vordergrund. Die Möglichkeit des Maklers, für beide Seiten des Hauptvertrags tätig zu werden, ist allg anerkannt (zB BGH NJW 92, 681 [BGH 31.10.1991 - IX ZR 303/90]; Staud/Arnold § 654 Rz 2–4; für den Handelsmakler §§ 98, 99 HGB). Für den Zivilmakler ist danach zu unterscheiden, ob er erlaubt oder unerlaubt für beide Vertragsparteien des Hauptvertrages tätig wird. Bei unerlaubter Doppeltätigkeit wird der Makler mit dem Ausschluss des Vergütungs- und Aufwendungsersatzanspruchs sanktioniert. Die Rspr misst dem § 654 Strafcharakter zu (BGHZ 36, 323, 326). Auf einen Schaden beim Auftraggeber kommt es für die Rechtswirkung nicht an (BGH NJW-RR 05, 1423). Überwiegend wird die Wirkung der Norm mit der Verwirkung des Anspruchs gleichgestellt (vgl etwa die Übersicht bei MüKo/Roth § 654 Rz 1; atypische Forderungsverletzung BeckOKBGB/Kotzian-Marggraf § 654 Rz 5). Es handelt sich dabei um eine vAw zu beachtende Einwendung. Bereicherungsrechtliche Ansprüche wegen der geleisteten Dienste sind ebenfalls ausgeschlossen (Schlesw ZInsO 22, 2049, für den Insolvenzverwalter; zur Anwendung auf den Insolvenzverwalter BGH NZI 22, 918). Die Rechtsfolge des § 654 steht nicht zur Disposition der Vertragsparteien.

II. Verhältnis zu anderen Vorschriften.

 

Rn 2

Verletzungen von Vertragspflichten des Maklers können sich auf den Vergütungsanspruch auch nach allg Regeln über Schadensersatzansprüche (§ 652 Rn 70) auswirken, die darauf gerichtet sind, den Auftraggeber vom Vergütungsanspruch zu befreien (§ 249 I). Darüber hinaus sind bei Vertragsverletzungen eigenständige Schadensersatzansprüche des Auftraggebers denkbar (§ 280 I), die zur Aufrechnung mit dem Vergütungsanspruch berechtigen können (BGH NJW 81, 2685 [BGH 08.07.1981 - IVa ZR 244/80]). Dabei ist zu berücksichtigen, dass insoweit einfache Fahrlässigkeit zur Begründung des Anspruchs ausreicht. Dagegen wird wegen des Strafcharakters, der in § 654 zum Ausdruck kommt, als subjektives Erfordernis ein ›schweres Verschulden‹ des Maklers gefordert. Grobe Fahrlässigkeit soll nicht ausreichen (MüKo/Roth § 654 Rz 2). Der Makler darf die Vergütung wegen des unwürdigen Verhaltens nicht verdient haben (BGHZ 36, 323; 92, 184). Die Reichweite des Anwendungsbereichs der Norm und das Verhältnis zum Schadensersatzanspruch ist umstr. Teilweise wird § 654 als Sonderfall des § 242 gesehen, der auch für sonstiges vertragswidriges Verhalten relevant sein kann (zB Erman/Werner § 654 Rz 1). Das führt zu einer erheblichen Ausdehnung des Anwendungsbereichs des § 654 auf Pflichtverletzungen, die sich aus einem Verstoß gegen Treu und Glauben ergeben.

 

Rn 3

Die Rspr und Teile der Literatur wollen bei vertragswidriger Doppeltätigkeit die Verwirkung und den Schadensersatz nebeneinander anwenden, allerdings die Verwirkung mit den weit höheren subjektiven Anforderungen nach § 654 (BGHZ 36, 323, 325; NJW 17, 2613 Rz 33; Hamm NJW-RR 01, 567; 01, 1276). Für sonstige Pflichtverletzungen kann danach die Rechtsfolge des § 654 eingreifen, wenn eine entspr schwere Pflichtverletzung vorliegt. Das wird insb angenommen, wenn der Makler durch Verletzung wesentlicher Vertragspflichten den Interessen seines Auftraggebers in erheblicher Weise zuwider handelt (BGH MDR 85, 741; Rn 11). Problematisch erscheint die Ausdehnung des Anwendungsbereichs über den Wortlaut hinaus aus zwei Gesichtspunkten: Einerseits ist zweifelhaft, ob bei anderen als der in § 654 angesprochenen Pflichtverletzung eine analogiefähige Regelungslücke vorliegt (BeckOKBGB/Kotzian-Marggraf § 654 Rz 8; MüKo/Roth § 654 Rz 3), andererseits ist die extensive Anwendung einer Vorschrift mit Strafcharakter an sich problematisch. Ein Bedürfnis, die Rechtsfolge des § 654 gleichwohl heranzuziehen, ergibt sich insb aus den Schwierigkeiten des Schadensnachweises beim Auftraggeber. Der Nachteil der Verwirkung besteht allerdings darin, dass sich iRd Schadensersatzanspruchs wegen § 254 differenziertere Ergebnisse erzielen lassen.

 

Rn 4

In der Rspr wurde für das Eingreifen der Rechtsfolge des § 654 eine zeitliche Grenze im Hinblick auf die auslösende Pflichtverletzung eingeführt. Danach sollen Pflichtverletzungen nach der Zahlung der fälligen Vergütung nicht mehr geeignet sein, die Anwendung des § 654 zu begründen (BGHZ 92, 184). In der Literatur wird die Grenze zutr als schwer begründbar kritisiert (MüKo/Roth § 654 Rz 5) und in der instanzgerichtlichen Rspr werden zumindest Ausnahmen zugelassen (etwa Hamm NJW-RR 97, 889). Für vorvertragliches Fehlverhalten kommt § 654 nach Ansicht der Rspr nicht in Betracht (BGH NJW 84, 232 [BGH 25.05.1983 - IVa ZR 26/82]). Hier verbleibt es bei einem möglichen Schadensersatzanspruch aus §§ 280 I, 311 II. Vor dem Hintergrund der Präventivwirkung des § 654 erscheint die Begrenzung ebenfalls zweifelhaft. ...

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