Entscheidungsstichwort (Thema)

Hinweispflichten eines Maklers. Zur Hinweispflicht des Maklers. bestehende Mietbindung beim Kauf einer Eigentumswohnung

 

Leitsatz (redaktionell)

Eine Hinweispflicht als Nebenpflicht besteht für den Makler dann, wenn die Bedeutung, die der fragliche Umstand für den Entschluß des Auftraggebers hat, für den Makler erkennbar ist und wenn der Auftraggeber gerade hinsichtlich dieses Umstandes offenbar belehrungsbedürftig ist.

 

Orientierungssatz

1. Der Senat schließt sich in Leitsatz 1 seiner bereits im Urteil vom 1978-05-31, IV ZR 188/76, WM IV 1978, 1069 vertretenen Auffassung an.

2. Der Senat verneint in der vorliegenden Entscheidung eine Hinweispflicht des Maklers gegenüber dem Käufer einer Eigentumswohnung hinsichtlich der nach BGB § 564b Abs 2 Nr 2 S 2 bestehenden Mietbindung.

 

Normenkette

BGB §§ 652, 564b Abs. 2 Nr. 2 S. 2 Fassung: 1974-12-18

 

Verfahrensgang

OLG Frankfurt am Main (Entscheidung vom 07.07.1980; Aktenzeichen 18 U 109/78)

LG Wiesbaden (Entscheidung vom 18.05.1978; Aktenzeichen 2 O 271/77)

 

Tenor

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 18. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 7. Juli 1980 aufgehoben.

Der Rechtsstreit wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung – auch über die Kosten der Revision – an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

 

Tatbestand

Gegen den Maklerlohnanspruch der Klägerin in Höhe von insgesamt 8.325 DM hat die Beklagte mit einer höheren Schadensersatzforderung wegen Verletzung von Hinweispflichten aufgerechnet.

Die Beklagte kaufte Anfang 1976 unter Mitwirkung der Klägerin eine Eigentumswohnung in W. Diese Wohnung, die die Beklagte beziehen wollte, war vermietet. Der auf unbestimmte Zeit abgeschlossene Mietvertrag sah vor, daß sie mit einer Frist von drei Monaten zum Jahresschluß gekündigt werden konnte. Diese vertragliche Regelung war allen Beteiligten vor dem notariellen Kaufabschluß bekannt. Das Wohnungseigentum war von dem Verkäufer erst nach Abschluß des Mietvertrages gebildet worden. Über die deshalb gemäß § 564 b Abs. 2 Nr. 2 Satz 2 BGB ab Veräußerung bestehende dreijährige Sperrfrist, für eine Kündigung wurde die Beklagte nicht unterrichtet. Nachdem sie aufgrund einer entsprechenden Vereinbarung an die Mieter der Wohnung 15.000 DM gezahlt hatte, zogen diese 1977 aus.

Die Parteien haben vornehmlich darüber gestritten, ob die Beklagte schon vor dem Kaufabschluß für die Klägerin erkennbar den Wunsch geäußert habe, in die Wohnung bald einziehen zu können.

Das Landgericht hat im Wege der Schadens Schätzung die Aufrechnung in Höhe von 7.500 DM, nämlich der Hälfte des Ablösebetrages, für berechtigt angesehen. Den danach der Klägerin verbleibenden Betrag von 825 DM hat das Oberlandesgericht auf die Anschlußberufung der Beklagten unter Zurückweisung der Berufung der Klägerin dieser auch noch aberkannt. Mit der zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihre Provisionsforderung in voller Höhe weiter.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision der Klägerin führt zur Aufhebung und Zurückverweisung. Das Berufungsgericht ist mit nicht haltbarer Begründung vom Bestehen eines Aufrechnungsanspruchs ausgegangen.

I.

Eine Schadensersatzverpflichtung der Klägerin hat das Berufungsgericht deshalb bejaht, weil sie es schuldhaft unterlassen habe, die Beklagte auf die dreijährige Sperrfrist des § 564 b BGB hinzuweisen. Auf Unkenntnis der Bestimmung des § 564 b BGB habe die Klägerin sich nicht berufen. Die ihre Anwendung rechtfertigenden Tatsachen habe sie gekannt. Für den Kaufentschluß der Beklagten sei diese Bestimmung nicht etwa ohne Bedeutung gewesen. Sie habe bald einziehen wollen. Die Klägerin habe auch gewußt, daß die Beklagte die Wohnung habe beziehen wollen. Nur der Zeitpunkt, zu dem die Beklagte einziehen wollte oder konnte, habe noch nicht festgestanden. So habe die Klägerin die Beklagte darüber belehren müssen, wann ein Einzug frühestens möglich gewesen sei. Im Hinblick auf die vertragliche Regelung habe die Beklagte davon ausgehen können und dürfen, daß sie das Mietverhältnis zu Ende 1976 werde kündigen können. Wenn ihr die lange Mietbindung bekannt gewesen wäre, hätte sie vom Vertragsabschluß Abstand genommen. Jedenfalls treffe die Klägerin die Beweislast dafür, daß die Beklagte die Wohnung trotz eines Hinweises auf die Sperrfrist gekauft haben würde. Den Ausführungen des Landgerichts – danach war die Möglichkeit des Erwerbs einer vergleichbaren, aber ohne Ablösebetrag beziehbaren Eigentumswohnung zum gleichen Preis gegeben – sei beizutreten. Deshalb gehe der der Beklagten entstandene Vermögens schaden ursächlich auf das pflichtwidrige Unterlassen der Klägerin zurück. Die Ablösesumme sei überwiegend – mindestens in Höhe der Klagforderung – deshalb geleistet worden, um die

c) Mit Recht haben das Berufungsgericht und die Revision jedoch hervorgehoben, daß keine uferlose Information „ins Blaue hinein” geschuldet wird. Eine Hinweispflicht besteht vielmehr nur dann, wenn die Bedeutung, die der fragliche Umstand für den Entschluß des Auftraggebers hat, dem Makler erkennbar ist, und wenn der Auftraggeber gerade hinsichtlich dieses Umstandes offenbar belehrungsbedürftig ist (BGH Urteil vom 31. Mai 1978 – IV ZR 188/76 – WM 1978, 1069; vgl. auch Urteil vom 29. Januar 1964 – VIII ZR 86/62 – LM BGB § 652 Nr. 12). Dabei braucht der Makler nicht jeden Einzelumstand daraufhin zu überprüfen, ob er unter irgendeinem denkbaren Gesichtspunkt für den Auftraggeber Bedeutung erlangen könnte. In erster Linie ist es nämlich Sache des Auftraggebers, gegenüber dem Makler deutlich werden zu lassen, welche Interessen bei dem beabsichtigten Geschäft für ihn im Vordergrund stehen. Erst dann wird in der Regel dem Makler erkennbar sein, ob und gegebenenfalls welches Gewicht ein Einzelumstand für den Entschluß seines Auftraggebers hat.

2. Diesen Grundsätzen hat das Berufungsurteil nicht in jeder Hinsicht Rechnung getragen.

a) Das Berufungsgericht hat nicht ausdrücklich festgestellt, daß den für die Klägerin Handelnden die Bestimmung des § 564 b Abs. 2 Nr. 2 Satz 2 BGB und dessen Bedeutung tatsächlich bekannt war. Es hat sich mit dem Hinweis begnügt, die Klägerin habe sich auf Unkenntnis nicht berufen und die entsprechenden Ausführungen im Urteil des Landgerichts nicht angegriffen. Das ist nicht zu beanstanden. Die fragliche Bestimmung war im Zeitpunkt des Vertragsschlusses seit über einem Jahr in das BGB eingefügt. Sie bestand aber in gleicher Weise bereits seit Ende 1971 im Rahmen des 1. WKSchG (vgl. Kurtenbach DB 1971, 2453, 2455 insbesondere zu dem gerade für einen Makler bedeutsamen Zweck dieser Regelung). Sie wurde im Zusammenhang mit dem 2. WKSchG, das überall in der Fachpresse besprochen wurde, vom Gesetzgeber deshalb ins BGB übernommen, damit sie zum Dauerrecht wurde (vgl. MünchKomm/Voelskow § 564 b Rdn. 1 m.w.N. in Fn. 2 u. 3; ferner AIZ 1973, 3, 5 und 1974, 30 sowie 297). Die Vorschrift kann für die Frage, wann und in welcher Weise entsprechende Eigentumswohnungen von Auftraggebern der Klägerin nach dem Erwerb genutzt werden können, von erheblicher Bedeutung Sein. Sie mußte der Klägerin und den Personen, die für sie Maklerdienste leisteten, jedenfalls bekannt sein.

b) Auch das Rechtsberatungsgesetz steht einer Hinweispflicht nicht entgegen. Die Klägerin war jedenfalls gemäß Art. 1 § 5 Nr. 1 RBerG befugt, die Beklagte auf das Bestehen der dreijährigen Sperrfrist hinzuweisen. Eine solche Aufklärung stand in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Gewerbe der Klägerin (vgl. BGH Urteil vom 19. April 1974 – I ZR 100/73 – NJW 1974, 1328, 1329). Das gilt ohne Rücksicht auf die Schwierigkeit der zu beurteilenden Rechtsfragen (vgl. BGH aaO 1329), zumal sich die Klägerin – wie ausgeführt – auf den Hinweis beschränken konnte, die Beklagte möge zu dieser Rechtsfrage von dem dafür Berufenen Rechtsrat einholen.

c) Die Feststellungen des Berufungsgerichts ergeben jedoch nicht, daß die Bedeutung, welche die Sperrfrist für die Beklagte hatte, vor dem Kaufabschluß für die Klägerin in dem dargelegten Sinne erkennbar war.

Zwar hatte die Klägerin Kenntnis von der Absicht der Beklagten, die zu kaufende Wohnung zu beziehen. Ob die Klägerin auch wußte, daß die Beklagte diese Absicht „so schnell wie möglich” durchführen wollte, oder ob die Klägerin nach den Äußerungen der Beklagten davon ausgehen konnte, sie werde „erst in einigen Jahren” einziehen, hat das Berufungsgericht aber offen gelassen. Deshalb hat der Senat seiner Beurteilung auf die Revision der Klägerin die letztere Möglichkeit zugrundezulegen. Dazu kann eine Hinweispflicht der Klägerin nicht ohne weiteres bejaht werden. Die Klägerin brauchte nicht damit zu rechnen, daß die dreijährige Sperrfrist des § 564 b Abs. 2 Nr. 2 Satz 2 BGB für die Beklagte gewichtige Bedeutung erlangen konnte, wenn der Einzug ohnehin erst in einigen Jahren stattfinden sollte.

Wenn es der Beklagten aber gerade darauf ankam, den Kündigungstermin ab Anfang 1977 selbst bestimmen zu können, mußte sie das der Klägerin gegenüber deutlich machen. Ohne weitere Anhaltspunkte war für die Klägerin angesichts der (unterstellten) Äußerung der Beklagten, erst in einigen Jahren einziehen zu wollen, das Gewicht eines solchen Interesses nicht erkennbar. Für die tatsächliche Beziehbarkeit einer noch vermieteten Wohnung ist die rechtliche Möglichkeit der Kündigung nur einer von mehreren maßgeblichen Umständen. Wer eine an einen Dritten vermietete Eigentumswohnung erwirbt, wird auch unabhängig von vertraglichen und gesetzlichen Kündigungsfristen mit Schwierigkeiten bei dem Freiwerden rechnen. Es ist nicht unwahrscheinlich, daß es der Mieter nach der Kündigung auf einen Rechtsstreit ankommen läßt, für längere Zeit Räumungsschutz in Ansprach nimmt oder auf andere Weise den Einzugstermin nicht unerheblich hinauszögert. Deshalb liegt für den Makler die Erwägung jedenfalls nicht fern, dem Käufer einer solchen vermieteten Eigentumswohnung komme es – auch oder vornehmlich – auf die Kapitalanlage und die Steuerersparnis an. Manches spricht dafür, daß dies sein vorrangiges Interesse ist, wenn er seinen eigenen Bungalow bewohnt und äußert, erst in einigen Jahren die Wohnung beziehen zu wollen.

3. Unter diesen Umständen muß das Berufungsgericht die bislang fehlenden Feststellungen dazu treffen, ob die Beklagte der Klägerin gegenüber deutlich genug gemacht hat, daß sie an einem baldigen Einzug oder aber Jedenfalls daran interessiert war, ab Anfang 1977 den Kündigungstermin, wie im Mietvertrag vorgesehen, selbst bestimmen zu können. Erst dann kann entschieden werden, ob der Klägerin die schuldhafte Verletzung einer Nebenpflicht zur Last zu legen ist, die der Beklagten einen Schadensersatzanspruch geben kann. Im Hinblick darauf, daß wie ausgeführt ein Kündigungsrecht nur einer von mehreren für die Beziehbarkeit maßgeblichen Umständen ist, wird in diesem Zusammenhang auch zu prüfen sein, ob und gegebenenfalls in welchem Maße bei der Entstehung des von der Beklagten angegebenen Schadens ein eigenes Verschulden mitwirkte.

 

Unterschriften

Dr. Hoegen, Dehner, Dr. Schmidt-Kessel, Richter am BGH Rassow kann wegen Urlaubs nicht unterschreiben. Dr. Hoegen, Dr. Zopfs

 

Fundstellen

Haufe-Index 537912

NJW 1981, 2685

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