Gesetzestext

 

(1) 1Der Besteller ist verpflichtet, das vertragsmäßig hergestellte Werk abzunehmen, sofern nicht nach der Beschaffenheit des Werkes die Abnahme ausgeschlossen ist. 2Wegen unwesentlicher Mängel kann die Abnahme nicht verweigert werden.

(2) 1Als abgenommen gilt ein Werk auch, wenn der Unternehmer dem Besteller nach Fertigstellung des Werks eine angemessene Frist zur Abnahme gesetzt hat und der Besteller die Abnahme nicht innerhalb dieser Frist unter Angabe mindestens eines Mangels verweigert hat. 2Ist der Besteller ein Verbraucher, so treten die Rechtsfolgen des Satzes 1 nur dann ein, wenn der Unternehmer den Besteller zusamme n mit der Aufforderung zur Abnahme auf die Folgen einer nicht erklärten oder ohne Angabe von Mängeln verweigerten Abnahme hingewiesen hat; der Hinweis muss in Textform erfolgen.

(3) Nimmt der Besteller ein mangelhaftes Werk gemäß Absatz 1 Satz 1 ab, obschon er den Mangel kennt, so stehen ihm die in § 634 Nr. 1 bis 3 bezeichneten Rechte nur zu, wenn er sich seine Rechte wegen des Mangels bei der Abnahme vorbehält.

A. Allgemeines.

 

Rn 1

Die Abnahme stellt eine wichtige zeitliche Zäsur für die Rechtsbeziehungen zwischen den Werkvertragsparteien dar. Sie Markiert den Übergang vom Erfüllungsstadium zu den Mängelrechten (§ 634) mit weit reichenden Auswirkungen auf die Vertragsabwicklung (zu den Rechtswirkungen der Abnahme: Rn 6). Ihre große praktische Relevanz zeigt sich va bei umfangreichen Bauvorhaben unter Beteiligung mehrerer Unternehmer, wenn bei fortschreitendem Bautenstand und ggf drohender Überbauung oft nur durch rechtzeitige und verlässliche Feststellungen zum Umfang und zur Beschaffenheit des Gewerkes eine ausreichende Tatsachengrundlage für die Abrechnung der Werkleistungen geschaffen und – mit vertretbarem Aufwand – gesicherte Erkenntnisse über das Vorhandensein etwaiger Mängel gewonnen werden können. Der richtige Zeitpunkt hierfür ist derjenige der Abnahme. Dementspr sieht die VOB/B mit einem auch iÜ differenzierten Regelungsgefüge (s § 12 VOB/B) vor, dass die Vertragsparteien derartige Feststellungen grds iRe förmlichen Abnahme treffen und dokumentieren sollen (vgl § 12 IV VOB/B). In der Praxis verzichten die Vertragsparteien viel zu oft und leichtfertig auf die sich für beide Seiten aus einer geordneten Abnahme ergebenden Vorteile, wobei insbes die Auftraggeber zuweilen meinen, trotz eines im Wesentlichen vertragsgerecht erstellten Gewerkes die Abnahme endgültig verweigern zu sollen, um im Vergütungsprozess mit dem Einwand fehlender Abnahme reüssieren zu können. Das ist nicht ungefährlich, weil die Abnahme Hauptleistungspflicht ist und ihre unberechtigte Verweigerung Annahmeverzug und den Vorwurf einer den Schuldnerverzug begründenden Pflichtverletzung rechtfertigen kann. Allerdings hat der Gesetzgeber den Unternehmern durch die mit dem Gesetz zur Beschleunigung fälliger Geldzahlungen vom 30.3.00 eingeführte Regelung zur fiktiven Abnahme in § 640 I 3 aF eine probate Möglichkeit eröffnet, die Abnahme auch ohne Mitwirkung des Besteller herbeizuführen. Mit der Einführung des neuen Bauvertragsrechts zum 1.1.18 hat der Gesetzgeber die fiktive Abnahme, die jetzt in II geregelt ist, neu gestaltet (dazu unten Rn 12 ff). Nach wie vor ist zu beachten, dass III nicht auf II Bezug nimmt, so dass der Besteller bei der fiktiven Abnahme keinen Rechtsverlust befürchten muss, wenn er sich seine Mängelrechte für erkennbare Mängel nicht vorbehält (iE Rn 14).

B. Regelungsgehalt.

I. Begriff und Rechtnatur.

 

Rn 2

Die Abnahme ist die körperliche Hinnahme der Leistungen des Unternehmers, verbunden mit der – auch konkludenten (Hamm BauR 01, 1914) – Anerkennung (Billigung) des Werkes durch den Besteller als im Wesentlichen vertragsgerecht (BGH BauR 94, 242, 243; NJW 93, 1972). Sie ist vertragliche Hauptleistungspflicht und selbstständig einklagbar (BGH BauR 96, 386). Daran ändert auch die vorzeitige Beendigung des Vertrages durch Kündigung nichts (BGH BauR 06, 1294; BauR 03, 689). Die Rechtsnatur der Abnahmeerklärung ist streitig (für Willenserklärung: RGZ 110, 404, 407; BGH NJW 74, 95 [BGH 15.11.1973 - VII ZR 110/71]; Kapellmann/Messerschmidt/Havers Teil B, § 12 Rz 29 mwN; für rechtsgeschäftsähnliche Handlung: BRHP/Voit § 640 Rz 5; krit zum Konzept der Abnahme: Staud/Peters § 640 Rz 10 f mwN); jedenfalls finden die Vorschriften über Willenserklärungen (entspr) Anwendung (Thode ZfBR 99, 116), folglich auch die Grundsätze der Anscheins- und Duldungsvollmacht (zur Stellvertretung s Rn 8) und der Anfechtung, wobei allerdings die mangelbezogene Berufung auf § 119 durch die spezialgesetzlichen Regelungen des Mängelhaftungsrechts ausgeschlossen ist. Die Abnahmeerklärung muss nach zutreffender Auffassung nicht zugehen, um Wirksamkeit entfalten zu können (NK-BGB/Havers/Raab § 640 Rz 11; Messerschmidt/Voit/Messerschmidt § 640 Rz 29 mwN; aA: BRHP/Voit § 640 Rz 16; MüKo/Busche § 640 Rz 5). Allerdings wird ein Zugang in der Praxis häufig entsprechend § 151 entbehrlich sein, so insbes, wenn der Besteller die Werkleistungen nach Prüfung ohne Beanstandung in Gebrauch nimmt (NK-BGB/Havers...

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