Gesetzestext

 

(1) Ist an vermieteten Wohnräumen nach der Überlassung an den Mieter Wohnungseigentum begründet und das Wohnungseigentum veräußert worden, so kann sich ein Erwerber auf berechtigte Interessen im Sinne des § 573 Abs. 2 Nr. 2 oder 3 erst nach Ablauf von drei Jahren seit der Veräußerung berufen.

(1a) 1Die Kündigungsbeschränkung nach Absatz 1 gilt entsprechend, wenn vermieteter Wohnraum nach der Überlassung an den Mieter

1. an eine Personengesellschaft oder an mehrere Erwerber veräußert worden ist oder
2. zu Gunsten einer Personengesellschaft oder mehrerer Erwerber mit einem Recht belastet worden ist, durch dessen Ausübung dem Mieter der vertragsgemäße Gebrauch entzogen wird.

2Satz 1 ist nicht anzuwenden, wenn die Gesellschafter oder Erwerber derselben Familie oder demselben Haushalt angehören oder vor Überlassung des Wohnraums an den Mieter Wohnungseigentum begründet worden ist.

(2) 1Die Frist nach Absatz 1 oder nach Absatz 1a beträgt bis zu zehn Jahre, wenn die ausreichende Versorgung der Bevölkerung mit Mietwohnungen zu angemessenen Bedingungen in einer Gemeinde oder einem Teil einer Gemeinde besonders gefährdet ist und diese Gebiete nach Satz 2 bestimmt sind. 2Die Landesregierungen werden ermächtigt, diese Gebiete und die Frist nach Satz 1 durch Rechtsverordnung für die Dauer von jeweils höchstens zehn Jahren zu bestimmen.

(2a) Wird nach einer Veräußerung oder Belastung im Sinne des Absatzes 1a Wohnungseigentum begründet, so beginnt die Frist, innerhalb der eine Kündigung nach § 573 Absatz 2 Nummer 2 oder 3 ausgeschlossen ist, bereits mit der Veräußerung oder Belastung nach Absatz 1a.

(3) Eine zum Nachteil des Mieters abweichende Vereinbarung ist unwirksam.

A. Grundsätzliches, Normzweck.

 

Rn 1

§ 577a ist hervorgegangen aus den ehemaligen Regelungen der § 564b II Nr 2 2–4 und § 564b II Nr 3 4 aF sowie dem Sozialklauselgesetz. § 577a Ia, IIa sind durch das MietRÄndG v 11.3.13 (BGBl I 434) ins Gesetz eingefügt worden. § 577a enthält Einschränkungen des Kündigungsrechts für einen Erwerber von Wohnungseigentum bezogen auf Eigenbedarfs- und Verwertungskündigungen. Er gilt auch bei Realteilung (BGH ZMR 10, 939).

 

Rn 2

Mit § 577a soll vereitelt werden, dass Mietwohnungen durch Umwandlung zum schnelllebigen Handelsobjekt werden. Zu Umwandlungsproblemen unter Beteiligung von BGB-Gesellschaften als Vermieter vgl Weitemeyer ZMR 04, 153 ff.

 

Rn 3

Die einfachen und verlängerten Kündigungssperren gem § 577a bezwecken den Schutz des Mieters, der auch tatsächlich selbst die Mietsache nutzt. Für Umwandlungsfälle konstatiert Hinz (MietPrax Fach 1 Rz 650), dass durch den Verkauf ›Eigenbedarf produziert‹ werde.

B. Einfache Wartefrist, § 577a I.

I. Zeitliche Reihenfolge der tatbestandlichen Voraussetzungen.

 

Rn 4

Ein die Sperrfrist auslösender Umwandlungsfall liegt immer dann vor, wenn die sog Umwandlung nach Abschluss des Mietvertrages und nach Überlassung der Wohnräume an den Mieter erfolgt (AG Tempelhof-Kreuzberg GE 14, 876). Hierbei wird die Kündigungssperre stets und ausnahmslos ausgelöst, wenn von den drei Tatbestandselementen die Umwandlung zuletzt erfolgt. Insoweit ist nicht erforderlich, dass Vermieter und Umwandler personenidentisch sind. Dies gilt auch bei Aufteilung bestehenden Wohnungseigentums in neue Einheiten (LG Mönchengladbach ZMR 90, 460); die bloße Teilung des Grundstücks nach § 8 WEG für sich allein genügt nicht (AG Hamburg WuM 91, 349). Wegen weiterer Sonderfälle wird verwiesen auf Staud/Rolfs § 577a Rz 11 u LG Berlin ZMR 21, 387.

 

Rn 5

Erfolgt zuerst die Vermietung, anschließend die Umwandlung und daran anschließend erst die Überlassung, so liegt kein Fall des § 577a vor.

 

Rn 6

Die Sperrfrist greift auch wenn die Überlassung zwar vor der Umwandlung, jedoch die Vermietung erst später erfolgt; dies wird aus der Schutzbedürftigkeit des noch nicht mit einem wirksamen Mietvertrag ausgestatteten Mieters, dem die Wohnung bereits überlassen ist, die anschließend umgewandelt wurde, geschlussfolgert. Dies kann auch aus einem Mietvorvertrag hergeleitet werden (AG Winsen/Luhe ZMR 04, 123).

 

Rn 7

›Die Sperrfrist soll immer dann gelten, wenn der Bewohner auf Grund eines Mietvertrages besitzt und die Wohnung nach der Besitzerlangung umgewandelt worden ist‹ (so Schmidt-Futterer/Blank/Fervers § 577a Rz 10). Selbst bei Abschluss eines neuen Mietvertrages mit dem Erwerber gilt die Sperrfrist, es sei denn der Mieter hat bewusst die Mieterschutzrechte des § 577a aufgegeben. Dies gilt auch wenn der gekündigte Mieter zur Zeit der Begründung des Wohnungseigentums als Angehöriger in der Wohnung lebte und mit dem Tod des damaligen Mieters kraft Gesetzes in das Mietverhältnis eingetreten ist (vgl BGH ZMR 03, 819).

 

Rn 8

Lammel (§ 577a Rz 7) ist bei einer dinglich über § 1010 abgesicherten Nutzungsregelung (vgl zur Umgehung des § 22 BauGB durch derartige Regelungen Frind ZMR 01, 429) der Auffassung, dass hier eine Umgehung des Gesetzes vorliege, dh dass alle Bindungen ohne die formale Begründung von Wohnungseigentum letztlich vorliegen (vgl Karlsr NJW 93, 405 [OLG Karlsruhe 10.07.1992 - 9 REMiet 1/92]; LG Duisburg WuM 97, 266 [LG Duisburg 06.02.1996 - 23 (7) S 577/94]). Rolfs (Sta...

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