Entscheidungsstichwort (Thema)

Wohnraummiete: Eigenbedarfskündigung durch Erwerber des Bruchteilseigentums am Hausgrundstück

 

Orientierungssatz

(aus Wohnungswirtschaft & Mietrecht WuM)

Die in BGB § 564b Abs 2 Nr 2 S 2 bestimmte Wartefrist bei Kündigung eines Wohnraummietverhältnisses unter Berufung auf ein berechtigtes Interesse im Sinne des Satzes 1 der Vorschrift (Eigenbedarf) des für die Wohnung ausschließlich nutzungsberechtigten Miteigentümers jedenfalls dann einzuhalten, wenn

- dem Eigentümer bei Erwerb des Bruchteilseigentums an dem Hausgrundstück eine bestimmte Wohnung zur ausschließlichen Nutzung zugewiesen worden ist und

- wenn diese Nutzungsregelung ebenso wie der dauernde Ausschluß des Aufhebungsverlangens im Grundbuch eingetragen sind,

- aufgrund des Kaufvertrages nach WEG § 3 (juris: WoEigG) Wohnungseigentum gebildet werden soll und

- bei Abschluß des Kaufvertrages die Abgeschlossenheitsbescheinigung bereits vorgelegen hat.

 

Gründe

(Aus Wohnungswirtschaft & Mietrecht WuM)

Die zulässige Berufung hat Erfolg. Die auf Eigenbedarf der Kläger gestützte Kündigung der Bruchteilsgemeinschaft v. 6. 4. 1993 hat nicht zur Beendigung des 1971 begonnenen Mietverhältnisses über die Wohnung der Beklagten im Hause, Erdgeschoß links, in Mülheim/Ruhr geführt.

Zwar kann davon ausgegangen werden, daß die Kläger Eigenbedarf an der streitigen Wohnung ausreichend dargelegt haben und daß auch die Kündigung den formellen Voraussetzungen genügt. Es ist auch den Klägern zuzugeben, daß die die Kündigungsmöglichkeit wegen Eigenbedarfs einschränkende Regelung des § 564 b Abs. 2 Nr. 2 nicht unmittelbar anzuwenden ist. Es ist nämlich zwar nach der Überlassung der Wohnung an die Beklagte als Mieterin Wohnungseigentum begründet worden (die Eintragung erfolgte insoweit am 14. 12. 1993), nach der Bildung von Wohnungseigentum ist aber keine Veräußerung mehr erfolgt. Die formellen Voraussetzungen für die unmittelbare Anwendung der Sperrfrist sind daher nicht gegeben.

Es ist aber von einem Umgehungsgeschäft im Sinne des RE des OLG Karlsruhe v. 10. 7. 1992 (NJW 1993, 405 (= WM 1992, 519)) auszugehen. Der vorliegende Fall gleicht bis auf unwesentliche Einzelheiten dem dort entschiedenen. Nachdem der Veräußerer unter dem 30. 9. 1992 die Abgeschlossenheitsbescheinigung zur Bildung von Wohnungseigentum erhalten hatte, kauften die Kläger durch notarielles Angebot v. 23. 10. 1992, das vom Verkäufer durch notarielle Urkunde v. 29. 10. 1992 angenommen wurde, einen 1962/10000stel Bruchteil des mit einem Mehrfamilienhaus bebauten Grundstücks. Im Kaufvertrag wurde das Recht, die Aufhebung der Gemeinschaft zu verlangen, für immer ausgeschlossen, ausgenommen die Aufhebung aus wichtigem Grund. Die Verwaltung und Benutzung des Grundstücks wurde dahin geregelt, daß den Klägern als Käufern allein und ausschließlich die Nutzung der hier streitigen Wohnung zugeordnet wurde. Entsprechend sollten für die bereits vorhandenen bzw. zu erwartenden weiteren Bruchteilseigentümer Nutzungsregelungen getroffen werden. Der Ausschluß des Rechts, die Aufhebung der Gemeinschaft zu verlangen und die Verwaltungs- und Benutzungsregelung sollten jeweils ins Grundbuch eingetragen werden. Eine auf dem Gesamtgrundstück ruhende Darlehensbelastung in Form einer Grundschuld wurde von den Klägern als Käufern in Höhe eines Teilbetrags, der dem übernommenen Bruchteil entsprach, übernommen. Entsprechend sollte der Verkäufer nach der kaufvertraglichen Regelung aus der persönlichen Schuldhaft teilweise entlassen werden. Hinsichtlich der dinglichen Schuldhaft sollte es bei der gesamtschuldnerischen Haftung - also des Gesamtgrundstücks - verbleiben. Unter VII des Kaufvertrags ist geregelt, daß die Kläger als Käufer zur Rückübertragung des Kaufgegenstandes verpflichtet sind, wenn sie einem Mehrheitsbeschluß der Eigentümergemeinschaft am Grundstück auf Teilung des Eigentums in Wohnungseigentum gemäß § 3 WEG unter Zuweisung der ihnen zur alleinigen Nutzung zugewiesenen Wohn- und Kellerräumlichkeiten nicht nachkommen, und zwar trotz Aufforderung des Verkäufers unter Fristsetzung von 2 Wochen. Zur Sicherung u. a. dieses Rückübertragungsanspruchs sollte eine Vormerkung zugunsten des Verkäufers ins Grundbuch eingetragen werden. Nachdem die Kläger unter dem 22. 3. 1993 als Bruchteilseigentümer eingetragen worden waren, kündigte die Gemeinschaft der Bruchteilseigentümer unter dem 6. 4. 1993 die hier streitige Wohnung zugunsten der Kläger. Am 30. 7. 1993 wurde die von den Bruchteilseigentümern beschlossene Teilungserklärung nach § 3 WEG beurkundet, zugleich regelten die Bruchteilseigentümer die Aufteilung der auf dem gesamten Objekt eingetragenen Grundschulden dahin, daß jeweils für einen Teilbetrag ein jeweils entsprechend der vorherigen Nutzungsregelung gebildetes Wohnungseigentum alleine haftete, wobei unter III der Urkunde festgestellt wird, daß die Grundschuldgläubigerin die erforderliche Pfandfreigabe und Verteilungserklärung hinsichtlich der Grundschulden zur Verfügung stellen werde.

Die hier tat...

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