I. Begriff.

 

Rn 1

Unter Werkwohnung (vgl Drasdo ZMR 19, 105, Riecke WuM 03, 663) versteht man Räumlichkeiten, die im Zusammenhang mit einem Dienstverhältnis überlassen wurden; vertragsbezogene Qualifikation, keine sachbezogene Eigenschaft der Wohnung. Es genügt jedenfalls immer, wenn der Arbeitsvertrag Geschäftsgrundlage (§ 313) für den Abschluss des Mietvertrages geworden ist (Staud/Rolfs § 576 Rz 13; krit Bruns NZM 14, 538).

 

Rn 2

Man unterscheidet (vgl Cymutta IMR 20, 396 zur Behandlung in der Insolvenz) gewöhnliche oder funktionsgebundene Werk mietwohnungen (LG Heilbronn vom 28.6.12, 2 S 88/11) sowie Werk dienstwohnungen (idR funktionsgebunden, AG Schöneberg MM 09, 227; zur Abgrenzung LG Berlin ZMR 13, 533 BAG NJW 08, 1020 Rz 9; BAG ZMR 00, 361).

II. Vertragskonstruktion.

 

Rn 3

Bei der Werkmietwohnung werden der Dienstvertrag und der Wohnraummietvertrag in zwei getrennten Verträgen abgeschlossen (vgl LAG Köln ZMR 08, 963). Bei dem Mieter muss es sich um eine weisungsgebundene abhängige Person handeln (aA Bruns NZM 14, 537), die personenidentisch mit dem Dienstverpflichteten aus dem Arbeitsvertrag ist. Eine ordentliche Kündigung der Werkmietwohnung ist auch (sonst Rn 8) dann möglich, wenn Wohnbedarf für andere Betriebsangehörige als berechtigtes Interesse iSd § 573 II anerkannt wird. Ein besonders dringendes Interesse an der Unterbringung eines anderen Arbeitnehmers (AN) an der gekündigten Wohnung wird nicht (mehr) gefordert (LG Aachen WuM 85, 149, 150).

 

Rn 4

Das Vorliegen einer Werkmietwohnung ist zu verneinen, wenn der Mieter lediglich gegen geringe Pauschalvergütung Arbeiten übernimmt, deren Erledigung etwa vier bis sechs Stunden monatlich erfordern (LG Aachen MDR 91, 542). Es ist auch nicht möglich, eine Beendigung des Mietverhältnisses im Mietvertrag für spätestens drei Monate nach Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses zu vereinbaren (arg § 572 II; LG Düsseldorf WuM 85, 151 [LG Düsseldorf 09.03.1982 - 24 S 361/81]).

III. Mitbestimmungsfragen.

 

Rn 5

Das Mitbestimmungsrecht gem § 87 I Nr 9 BetrVerfG (vgl Junker FS Kreutz [10], 171; Bruns NZM 14, 539) betrifft (nur) die echten Werkmietwohnungen (LG Aachen ZMR 84, 280). Dagegen besteht bei Werkdienstwohnungen kein Mitbestimmungsrecht. Auch die Umwandlung einer Werkmietwohnung in eine Werkdienstwohnung unterliegt nicht der Mitbestimmung (OVG Münster WuM 95, 600 [OVG Nordrhein-Westfalen 26.08.1994 - CL 94/90]). Das LG Aachen (ZMR 84, 280) stellt ausdrücklich fest, als Vermieter einer Werkmietwohnung könne auch ein Wohnungseigentümer auftreten, demgegenüber ein Belegungsrecht aufgrund eines Werkförderungsvertrages bestehe. Die Kündigung einer Werkmietwohnung nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses bedarf nach Auffassung des LG Ulm (WuM 79, 244, 245 [LG Ulm 22.08.1979 - 1 S 55/79]) nicht der Zustimmung des Betriebsrates. Das BAG (AP Nr 7 zu § 87 BetrVerfG 1972) hat allerdings eine Mitbestimmungspflicht angenommen, wenn Wohnungen aus einem einheitlichen Bestand ohne feste Zuordnung sowohl an AN als auch an Personen vergeben werden, die nicht vom Betriebsrat repräsentiert werden. An der Eigenschaft einer Wohnung als Werkmietwohnung ändert sich auch durch den Verkauf/die Veräußerung der Wohnung nichts, wenn der Mieter auch für den neuen Eigentümer tätig bleibt (LG Köln ZMR 96, 666). Durch Veräußerung des Mietgrundstücks kann das Mitbestimmungserfordernis unterlaufen werden.

IV. Werkförderungsvertrag und Wohnungsbelegungsrechte (werksfremder) Wohnungen.

 

Rn 6

Während der Dauer eines Werkförderungsvertrages (Darlehen mit werkvertraglichen Elementen, kein Mietvertrag, BGH NJW 81, 1377 [BGH 11.02.1981 - VIII ZR 323/79]; Bruns NZM 14, 537) kann der vom Arbeitgeber personenverschiedene Vermieter nur mit Genehmigung des Arbeitgebers die Werkwohnung kündigen. Andererseits muss er die Wohnung grds kündigen, wenn der Arbeitgeber dies von ihm verlangt. Der typische Fall ist hier die Auflösung des Arbeitsverhältnisses und das Benötigen der Wohnung für einen anderen Beschäftigten. § 26 WoFG unterscheidet zwischen Belegungsrechten an den geförderten Wohnungen (unmittelbare Belegung), an diesen und anderen Wohnungen (verbundene Belegung) und nur an anderen Wohnungen (mittelbare Belegung).

V. Rechtsnachfolge.

 

Rn 7

Verstirbt der Dienstverpflichtete, und treten insb Familienangehörige nicht gem §§ 563 f in das Mietverhältnis ein, sondern es wird konkludent ein neues (sonst gilt § 576; Bruns NZM 14, 537) Mietverhältnis begründet, so kann der Vermieter nicht mehr mit den Berechtigungen des ursprünglichen Werkmietvertrages kündigen (AG Köln WuM 85, 154). Der Erwerber tritt nicht in Rechte und Pflichten nach § 566 ein, die ihre Grundlage in dem Arbeitsverhältnis und nicht in dem Mietverhältnis haben. Die Miethöhendifferenz bei der ›Vergunstmiete‹ ist aufgrund der Arbeitsvertragsbezogenheit nicht als mietrechtlich zu qualifizieren (AG München ZMR 21, 670).

VI. Kündigung einer Werkmietwohnung; Formalien.

 

Rn 8

Bei einer Kündigung einer Werkmietwohnung (LAG Köln ZMR 08, 963) genügt nicht ein Hinweis auf § 576 (Celle WuM 85, 142, 143). Es ist erforderlich, dass gem § 573 III die Gründe für ein berechtigtes Interesse im Kündigungsschreiben durch einen konkreten Sachverhalt (Lebensvorgang) so dargelegt w...

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