Gesetzestext

 

1Kennt der Mieter bei Vertragsschluss den Mangel der Mietsache, so stehen ihm die Rechte aus den §§ 536 und 536a nicht zu. 2Ist ihm der Mangel infolge grober Fahrlässigkeit unbekannt geblieben, so stehen ihm diese Rechte nur zu, wenn der Vermieter den Mangel arglistig verschwiegen hat. 3Nimmt der Mieter eine mangelhafte Sache an, obwohl er den Mangel kennt, so kann er die Rechte aus den §§ 536 und 536a nur geltend machen, wenn er sich seine Rechte bei der Annahme vorbehält.

A. Grundsätzliches; Anwendungsbereich.

 

Rn 1

§ 536a wurde durch das MRRG eingefügt, ist seit 1.9.01 in Kraft und regelt den Verlust bzw die Einschränkung der Mängelrechte des Mieters aus §§ 536u. 536a bei anfänglicher Kenntnis oder grob fahrlässiger Unkenntnis des Mangels der Mietsache bei Vertragsschluss bzw Annahme der Mietsache. Bei nachträglicher Kenntnis gilt § 536c, s hierzu Rn 3. § 536b entspricht für den Sachmangel § 539 aF und für den Rechtsmangel § 541 aF – mit der Änderung, dass auch bei Rechtsmängeln nicht nur 1, sondern die gesamte Vorschrift Anwendung findet. Nach dem Gesetzeszweck regelt § 536b die Folgen eines stillschweigenden Mängelrechteverzichts (Schmidt-Futterer/Eisenschmid § 536b Rz 1; aA MüKo/Häublein § 536b Rz 2 – Rechtsfrieden). § 536b gilt für alle Mietverhältnisse, über § 581 II auch für Pacht, und ist abdingbar (BGH NJW-RR 04, 249 [OLG Stuttgart 22.07.2003 - 8 W 220/03]). Eine Übergangsregelung existiert nicht. § 536b ist bei Vertragsverlängerung durch Nachtragsvereinbarung oder Option nicht entspr anwendbar (BGH NJW 15, 402 [BGH 05.11.2014 - XII ZR 15/12]). Tritt ein neuer Mieter in ein bestehendes Mietverhältnis ein, gilt § 536b für diesen neu (Erman/Jendrek § 536b Rz 10), wenn nicht der Mieterwechsel auf bloßer Gesellschaftsumwandlung beruht (vgl KG NZM 02, 562).

 

Rn 2

§ 536b berührt nach dem Wortlaut nicht den Erfüllungsanspruch aus § 535 I 2; der Mieter kann also weiterhin Mängelbeseitigung verlangen (BGH NJW-RR 07, 1021). Daher bleibt auch die Einrede aus § 320 bestehen (BGH NJW-RR 07, 1021; 03, 727). Diese entfällt nur dann, wenn ein bestimmter (schlechter) Zustand der Mietsache als vertragsgemäß vereinbart war, was jedoch bei Kenntnis des Mieters vom Mangel bei Vertragsschluss häufig anzunehmen ist (BGH NJW-RR 07, 1021 [BGH 18.04.2007 - XII ZR 139/05]). Bei wesentlicher Verschlechterung des Mangels leben die Mängelrechte des Mieters aus §§ 536, 536a wieder auf (KG NJW-RR 02, 224; Ddorf NZM 00, 464 [OLG Düsseldorf 25.02.1999 - 10 U 109/95]). Der Haftungsausschluss gem § 536b erstreckt sich nicht auf Ansprüche aus Delikt (Schmidt-Futterer/Eisenschmid § 536b Rz 56), da diese im Vergleich zu den §§ 536, 536a an zusätzliche Voraussetzungen geknüpft sind.

 

Rn 3

Im Falle späterer Mangelkenntnis des Mieters nach Vertragsschluss ist § 536b bei vorbehaltloser Mietzahlung nicht analog anwendbar (BGH NJW 03, 2601 für Wohnraummiete; BGH NJW 05, 1503 für Gewerberaummiete – entgegen früherer Rspr zu § 539 aF [BGH NJW-RR 03, 727]), weil der Wortlaut nur die Kenntnis bei Vertragsschluss bzw bei Annahme der Mietsache umfasst und § 536c eine für die nachträgliche Mangelkenntnis abschließende Regelung bildet (BGH NJW 03, 2601). Der Mieter kann sich daher ggü der künftig fälligen Miete trotz vorbehaltloser Mietzahlung auf die Rechte aus §§ 536, 536a berufen. Die Grenze bildet die Verwirkung gem § 242, deren Vorliegen sich nach den Umständen des Einzelfalls bestimmt (BGH aaO). Die bereits vorbehaltlos geleistete Miete kann der Mieter bei Zahlung trotz Mangelkenntnis (BGH aaO) wegen § 814 idR zumindest dann nicht zurückfordern (›rückwirkende Mietminderung‹), wenn er weiß, dass bei einem Mangel die Miete kraft Gesetzes ohne das Erfordernis einer Zustimmung des Vermieters gemindert ist (BGH NJW-RR 18, 1483 [BGH 04.09.2018 - VIII ZR 100/18] – Tatsachenkenntnis über das Vorliegen eines Mangels genügt nicht!). Anders bei unwirksamen Minderungsausschluss im Mietvertrag (KG NZM 14, 909 [KG Berlin 11.09.2014 - 8 U 77/13]). Zu Mängelvorbehalten vor Überlassung der Mietsache s Rn 8. Zu späterer Mangelkenntnis bei Ausübung einer Verlängerungsoption s Rn 5.

 

Rn 4

Bei widerspruchsloser Hinnahme unberechtigter Mietkürzungen scheidet eine spiegelbildliche Anwendung des § 536b zu Lasten des Vermieters aus, weil die von § 536b erfassten Mängelrechte des Mieters nicht mit dem Anspruch des Vermieters auf Mietzahlung vergleichbar sind (BGH ZMR 06, 107).

B. Kenntnis des Mangels bei Vertragsschluss gem § 536b S 1.

 

Rn 5

Wie aus dem Vergleich mit 2 folgt, gilt § 536b 1 auch bei arglistigem Verschweigen des Mangels durch den Vermieter (BGH NJW 72, 249). Für die Mangelkenntnis genügt die Kenntnis der tatsächlichen Umstände, aus denen sich der Mangel und die hieraus resultierende Gebrauchsbeeinträchtigung ergeben (Ddorf ZMR 06, 518; München NJW-RR 94, 654). Ebenso genügt, dass der Mieter ein konkretes Mangelrisiko bewusst in Kauf nimmt (BGH NJW 79, 713 [BGH 03.10.1978 - VI ZR 253/77]). Nicht ausreichend ist die Kenntnis der tatsächlichen Umstände jedoch, sofern ein verständiger Mieter hieraus nicht zwingend auf einen Mangel schließen musste (BGH WM 62, 137...

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