Gesetzestext

 

(1) 1Der Darlehensgeber hat vor dem Abschluss eines Verbraucherdarlehensvertrags die Kreditwürdigkeit des Darlehensnehmers zu prüfen. 2Der Darlehensgeber darf den Verbraucherdarlehensvertrag nur abschließen, wenn aus der Kreditwürdigkeitsprüfung hervorgeht, dass bei einem Allgemein-Verbraucherdarlehensvertrag keine erheblichen Zweifel daran bestehen und dass bei einem Immobiliar-Verbraucherdarlehensvertrag wahrscheinlich ist, dass der Darlehensnehmer seinen Verpflichtungen, die im Zusammenhang mit den Darlehen stehen, vertragsgemäß nachkommen wird.

(2) Wird der Nettodarlehensbetrag nach Abschluss des Darlehensvertrags deutlich erhöht, so ist die Kreditwürdigkeit auf aktualisierter Grundlage neu zu prüfen, es sei denn, der Erhöhungsbetrag des Nettodarlehens wurde bereits in die ursprüngliche Kreditwürdigkeitsprüfung einbezogen.

(3) 1Bei Immobiliar-Verbraucherdarlehensverträgen, die

1. im Anschluss an einen zwischen den Vertragsparteien abgeschlossenen Darlehensvertrag ein neues Kapitalnutzungsrecht zur Erreichung des dem Darlehensnehmer mit dem vorangegangenen Darlehensvertrag verfolgten Zweckes einräumen oder
2. einen anderen Darlehensvertrag zwischen den Vertragsparteien zur Vermeidung von Kündigungen wegen Zahlungsverzugs des Darlehensnehmers oder zur Vermeidung von Zwangsvollstreckungsmaßnahmen gegen den Darlehensnehmer ersetzen oder ergänzen,

bedarf es einer erneuten Kreditwürdigkeitsprüfung nur unter den Voraussetzungen des Absatz 2. 2Ist danach keine Kreditwürdigkeitsprüfung erforderlich, darf der Darlehensgeber den neuen Immobiliar-Verbraucherdarlehensvertrag nicht abschließen, wenn ihm bereits bekannt ist, dass der Darlehensnehmer seinen Verpflichtungen, die im Zusammenhang mit diesem Darlehensvertrag stehen, dauerhaft nicht nachkommen kann. 3Bei Verstößen gilt § 505d entsprechend.

A. Grundlagen (§§ 505a–505e).

 

Rn 1

Art 8 Abs 1 u 2 VerbrKrRL 2008/48/EG verpflichten Darlehensgeber, vor Abschluss des Darlehensvertrages bzw jeder deutlichen nachträglichen Erhöhung des Gesamtkreditbetrags die Kreditwürdigkeit des Verbrauchers auf ausreichender Informationsgrundlage zu bewerten. Bezweckt wird der Schutz der Verbraucher vor Überschuldung u Zahlungsunfähigkeit durch eine verantwortungsbewusste Vergabe von Krediten (EuGH WM 14, 1528 Rz 42 f; ZIP 15, 65 Rz 35, 43). Obwohl es oftmals primär um eine verantwortungslose Kreditaufnahme durch Verbraucher geht, wird die Verantwortung zu einem großen Teil auf den Darlehensgeber verlagert (Buck-Heeb BKR 15, 177, 186 u NJW 16, 2065, 2067). Zur Umsetzung des Art 8 verpflichtete der dt Gesetzgeber Kreditinstitute früher in § 18 II 1 KWG aF, andere Unternehmer in § 509 BGB aF, zur Prüfung der Kreditwürdigkeit von Verbrauchern.

 

Rn 2

Nach hM waren Kreditinstitute zur Prüfung der Kreditwürdigkeit nach altem Recht nur aufsichtsrechtlich im eigenen u im öffentlichen Interesse, nicht aber zivilrechtlich ggü dem Darlehensnehmer verpflichtet (BGHZ 201, 168 Rz 52; WM 14, 1325, Rz 60; Bambg WM 10, 2072, 2074; Karlsr 11, 1366, 1370; Celle 11, 2323). Darlehensnehmern konnte daher aus einer Verletzung der Prüfungspflicht kein Schadensersatzanspruch erwachsen (S 14. Aufl/Nobbe mN). Ein Schadensersatzanspruch nach §§ 280 I, 311 II kam angesichts des – zum 21.3.16 (§ 491 Rn 7) aufgehobenen – § 509 aF nur gg Nichtkreditinstitute in Betracht.

 

Rn 3

Nach Umsetzung von Art 18 I, VI WoImmKrRL, die insoweit ausnahmsweise dem Prinzip der Vollharmonisierung folgt, durch §§ 505a505e besteht an einer zivilrechtlichen Pflicht aller unternehmerisch tätigen Darlehensgeber zur Prüfung der Kreditwürdigkeit vor von Verbraucherdarlehensverträgen, unentgeltlichen Darlehen (§ 514 I) sowie entgeltlichen (§ 506 I 1) u unentgeltlichen (§ 515) Finanzierungshilfen seit dem 21.3.16 (§ 491 Rn 7) keinerlei Zweifel (BTDrs 18/5922, 96). Die Vorschriften sind gem § 512 1 halbzwingend. Für Kreditinstitute gelten daneben insb § 18a KWG u § 3 Abs 4 S 4 ZAG (MüKo/Weber Rz 5).

B. Kreditwürdigkeitsprüfung u Abschlussverbot (Abs 1).

 

Rn 4

Die Maßstäbe für die Bewertung der Kreditwürdigkeit differieren wegen der unterschiedlichen Vorgaben in Art 8 I VerbrKrR 2008 für Verbraucherdarlehen u in Art 18 Va WoImmoKrRL für Immobiliar-Verbraucherdarlehen (I 2). Bei Allgemein-Verbraucherdarlehen dürfen keine erheblichen Zweifel daran bestehen, dass der Darlehensnehmer allen seinen Verpflichtungen aus dem Darlehensvertrag bis zum Ende der Laufzeit vertragsgemäß nachkommen wird (I 2 Var. 1; Kapitaldienstfähigkeit). Ob ›erhebliche‹ Zweifel, ein unbestimmter Rechtsbegriff, gegeben sind, lässt sich nur im Einzelfall entscheiden.

 

Rn 5

Bei Immobiliar-Verbraucherdarlehen, muss dies, wie von Art 18 Va WoImmoKrRL vorgegeben, die Anforderungen verschärfend die Kapitaldienstfähigkeit des Darlehensnehmers während der gesamten angestrebten Laufzeit des Darlehens sogar ›wahrscheinlich‹ sein (I 2 Var. 2; § 2 I 1 ImmoKWPLV). Dies muss nach einer Gesamtschau der relevanten Faktoren (§§ 505b f) in einer vernünftigerweise vertretbaren Prognose positiv festgestellt werden (§ 2 I 2 ImmoKWPLV), die sich vorrangig auf die Kapitaldienstfähigkeit ...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge