Rn 45

Für eine Schadensersatzhaftung muss der Verkäufer den Mangel zu vertreten haben (§§ 280 I 2, 311a II 1). ›Vertreten muss der Verkäufer den Mangel nicht schon deshalb, weil in der mangelhaften Lieferung die Verletzung einer Vertragspflicht liegt. Zu einer Pflichtverletzung muss vielmehr Vertretenmüssen hinzukommen‹ (BTDrs 14/6040, 210; deutlich BGHZ 163, 234, 238 f; s.a. MüKo/Westermann Rz 29). Anknüpfungspunkt sind die einzelnen Arten der Pflichtverletzung (s Rn 3144).

a) Behebbarer Mangel.

 

Rn 46

Zu vertreten ist die Lieferung einer Kaufsache mit einem behebbaren Mangel nur, wenn der Verkäufer den Mangel entweder verursacht oder gekannt hat bzw hätte kennen müssen.

aa) Verursachung des Mangels.

 

Rn 47

Der Verkäufer hat den Mangel zu vertreten, wenn er oder seine Erfüllungsgehilfen (§ 278) ihn schuldhaft verursacht haben; auf Kenntnis kommt es dann nicht an.

 

Rn 48

(1.) Der Hersteller als Verkäufer haftet für alle zu vertretenden Mängel im Herstellungsprozess, also insb für Verschulden von Mitarbeitern (BRHP/Faust Rz 85; U. Huber in: FS Ulmer, 1165, 1185; für Tierzüchter BGHZ 163, 234, 239 ff). Für die Einbeziehung von Zulieferern gilt: Der Hersteller haftet nur für Zulieferer als Erfüllungsgehilfen, denen er den gesamten Herstellungsprozess überlässt (U. Huber aaO, 1185; zur aF RG 108, 221, 223). Keine Erfüllungsgehilfen sind Zulieferer von Rohstoffen und Vorprodukten (BGHZ 200, 337 Rz 31 mwN; ähnl Hohagen VersR 14, 1060, 1063), auch nicht bei Werklieferungsverträgen (BGHZ aaO Rz 34 ff) (aA: umfassende Einstandspflicht BRHP/Faust Rz 86). Der Hersteller haftet insow nur für eigenes Verschulden bei Auswahl und Überwachung des Zulieferers (MüKo/Westermann Rz 29; Hohagen VersR 14, 1060, 1063).

 

Rn 49

(2.) Der Händler haftet für selbst verursachte Mängel, zB infolge falscher Lagerung (MüKo/Westermann Rz 29). Da er keine Herstellung schuldet, ist der Hersteller kein Erfüllungsgehilfe (BTDrs 14/6040 210; BGHZ 177, 224 Rz 29; 181, 317 Rz 19; 200, 337 Rz 31; krit dazu Witt NJW 14, 2156, 2157; Ddorf BeckRS 13, 21850; Hamm BeckRS 14, 00843; BRHP/Faust Rz 84; U. Huber in: FS Ulmer, 1165, 1187 f; BGH BeckRS 21, 2287 auch Vertragshändler u Fahrzeughersteller); für Produktionsfehler haftet der Händler daher nur bei eigenem Verschulden, zB wegen unsorgfältiger Auswahl des Herstellers oder gem Rn 51. Die aA sieht im Hersteller einen Erfüllungsgehilfen des Händlers (§ 278 Rn 21; MüKo/Grundmann, § 278 Rz 31; eingehend Weller NJW 12, 2312 ff unter Verweis auf ua englisches Recht und CISG; zur Kritik s Lorenz NJW 13, 207). Die Begründung aus der Einführung der Hauptleistungspflicht des § 433 I 2 zur mangelfreien Lieferung trägt aber nicht (so iE BGHZ 200, 337 Rz 32): Sie ordnet dem Händler das Risiko von Mängeln nur mängelrechtlich zu. Die Pflicht zur Herstellung ist ihm damit nicht übertragen, wie der Vergleich von § 631 I Hs 1 zu § 433 I 2 unabweisbar zeigt. Zudem führt die Gegenmeinung zu untragbaren Erg: Es gibt keine Begründung für ihren Ansatz, speziell die Haftung von Händlern für neue Produkte zu erweitern: Die Pflicht des § 433 I 2 gilt für alle Verkäufer, also auch Verbraucher, und gebrauchte Produkte (s § 476 Rn 10), so dass das geltende Kaufrecht keine Basis für ein Sonderrecht von Händlern beim Verkauf neuer oder neuwertiger Produkte gibt (ähnl Keiser NJW 14, 1473, 1475 f).

 

Rn 50

(3) Für sonstige Verkäufer, zB von eigenen Beständen, wie Immobilien, PKW, gelten die Grundsätze zum Händler gem Rn 49 entspr. Der Hersteller ist kein Erfüllungsgehilfe, selbst wenn der Verkäufer die Herstellung ursprünglich für sich beauftragt hatte, wie bei der Errichtung eines Hauses durch einen Generalunternehmer. Eine Schadensersatzhaftung für Produktionsfehler kommt daher nur bei eigenem Verschulden wie Kenntnis vom Mangel in Betracht. S ausf Schmidt/Niewerth S 147 f.

bb) Erkennbarkeit des Mangels.

 

Rn 51

Der Verkäufer hat bei Vertragsschluss erkannte oder erkennbare Mängel zu vertreten. Den Händler trifft eine Untersuchungspflicht vor Verkauf nur ausnahmsweise (Hamm BeckRS 14, 00843; BRHP/Faust Rz 88; MüKo/Westermann Rz 30; zur aF BGH NJW 81, 1269, 1270): Ablieferungsinspektion beim Verkauf von Neuwagen (zur aF BGH NJW 69, 1708, 1710); Endinspektion beim Verkauf von Gebrauchtwagen bei eigener Werkstatt (BTDrs 14/6040, 210), bei sich aufdrängendem Verdacht auf Mängel (vgl zur aF BGHZ 74, 383, 392); ›Sichtprüfung‹ durch Gebrauchtwagenhändler (BGH NJW 15 Rz 14), bei bekanntem Unfallschaden (BGH NJW 10, 2426 Rz 29; KG VersR 12, 65, 66); nicht auf Unfallschäden bei Gebrauchtwagen ohne besondere Anhaltspunkte (BGHZ 168, 64 Rz 15; BGH NJW 15 Rz 14); aber als Händler bei zusätzlicher falscher Erklärung ›nach Angabe des Vorbesitzers‹ Naumbg NJW 14, 1113, 1114 [OLG Naumburg 24.10.2013 - 1 U 44/13]). Der private Verkäufer hat keine Untersuchungspflicht (Brandbg MDR 08, 1094, 1095 [OLG Brandenburg 01.07.2008 - 6 U 120/07]), ebenso der gewerbliche Verkäufer eigener Bestände. Erst nach Vertragsschluss, aber vor Lieferung erkannte Mängel führen zur Haftung, wenn die unterlassene Beseitigung, subsidiär die unterlassene Information des...

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