Rn 33

III 1 entzieht deklaratorische Klauseln und solche, die nur der Leistungsbeschreibung dienen, der Inhaltskontrolle. Die §§ 305 II, 305b, 305c I sowie das Transparenzgebot nach I 2 (s.a. III 2) sind dagegen auch auf solche Klauseln anwendbar.

I. Deklaratorische Klauseln.

 

Rn 34

Klauseln, die lediglich die anwendbaren gesetzlichen Vorschriften (zum Gesetzesbegriff s Rn 20) wiedergeben, unterliegen nicht der Inhaltskontrolle (BGH WM 11, 1243; NJW 19, 2997 Rz 27). Hierzu bedarf es eines Vergleichs zwischen dem durch Auslegung (s § 305c Rn 12) zu ermittelnden Inhalt der Klausel und der für die Klauselthematik sonst geltenden rechtlichen Regelung (BGH WM 15, 643 Rz 13). Es genügt, wenn die Klausel die Rechtslage sinngemäß, inhaltsgleich und richtig wiedergibt (BGH ZIP 02, 884; 01, 1052). Die Inhaltskontrolle ist aber zulässig, wenn eine Klausel einen allg gehaltenen Rechtssatz ausfüllt oder ergänzt (BGH NJW 03, 507 [BGH 19.11.2002 - X ZR 243/01]; 01, 2016 [BGH 09.05.2001 - IV ZR 121/00]; Brandbg NJW-RR 03, 991) oder vom Gesetz für einen bestimmten Vertrag vorgesehene Regeln auf einen anderen Vertragstyp überträgt (BGHZ 91, 57). Aus Sinn und Zweck einer Norm kann folgen, dass sie die Ausfüllung oder Ergänzung gerade erlaubt (›Erlaubnisnorm‹) und daher eine Inhaltskontrolle vom Gesetzgeber gerade nicht gewollt ist (Grüneberg/Grüneberg § 307 Rz 54; aA MüKo/Wurmnest § 307 Rz 11). Formulare, die der Dokumentation der Aufklärung und Entscheidung eines Patienten, eine Untersuchung vornehmen zu lassen, dienen, sind kontrollfrei (BGH NJW 21, 3528 [BGH 02.09.2021 - III ZR 63/20]). S für Verträge des Kollektivarbeitsrechts § 310 IV 3.

II. Leistungsbeschreibungen.

1. Allgemeine Grundsätze.

 

Rn 35

Abreden über den unmittelbaren Gegenstand der Hauptleistung (Leistungsbeschreibungen) sind ebenso wie Vereinbarungen über das vom anderen Teil zu erbringende Entgelt (Rn 37) der Inhaltskontrolle entzogen (BGH NJW 18, 534 Rz 15; NJW 19, 2997 [BGH 11.07.2019 - VII ZR 266/17] Rz 19; BAG NZA 22, 978 [BAG 25.01.2022 - 9 AZR 144/21] Rz 22). Dieser Ausnahmebereich ist eng gefasst. Leistungsbeschreibungen sind nur solche Bestimmungen, die Art, Umfang und Güte der geschuldeten Leistung festlegen (Kataloge, Beschaffenheitsvereinbarungen usw), ohne die also mangels Bestimmbarkeit oder Bestimmtheit des wesentlichen Vertragsinhalts ein wirksamer Vertrag nicht mehr angenommen werden kann (BGH aaO). Dies gilt etwa für die ›Ankaufsgarantie‹ in einem Rahmenvertrag zwischen Leasinggesellschaft und Vertragshändler (BGH ZIP 14, 1077), die automatische Erweiterung des Datenvolumens beim Mobilfunkvertrag (BGH NJW 18, 534) oder die Prämienausgestaltung in Vielfliegerprogrammen (BGH NJW 15, 687 Rz 29). Kontrollfähig sind dagegen Klauseln, die das Hauptleistungsversprechen einschränken, ausgestalten oder modifizieren (BGH NJW 04, 2591; 01, 2636 [BGH 12.06.2001 - XI ZR 274/00]), sowie alle Bestimmungen (Hauptleistungspflichten, Nebenpflichten aus §§ 241 II, 242), die durch dispositives Recht ersetzt werden könnten, wenn die Parteien sie nicht getroffen hätten (BGH NJW 03, 2015 [BGH 24.10.2002 - I ZR 3/00]; BRHP/H. Schmidt § 307 Rz 82). Dies gilt etwa für Einschränkungen des Zugangs zu Provider- und Webhostingverträgen, Mobilfunkdienstleistungen und Online-Banking-Systemen (BGH NJW 01, 751 [BGH 12.12.2000 - XI ZR 138/00]); für Stornierungsbedingungen bei Personenluftbeförderungsvertrag abw von § 648 nF/§ 649 aF (BGH NJW 18, 2039 [BGH 20.03.2018 - X ZR 25/17] Rz 17). Bei Garantiezusagen ist nur deren Kernbereich (Garantiezeit, Garantieleistung) kontrollfrei, Garantiebeschränkungen sind dagegen unabhängig von ihrer Formulierung kontrollfähig (BGH NJW 11, 3510 [BGH 06.07.2011 - VIII ZR 293/10]; 09, 3714 [BGH 14.10.2009 - VIII ZR 354/08]; 08, 214; MüKo/Wurmnest § 307 Rz 16). S zu Gültigkeitsbefristungen BGH NJW 01, 2635; Köln CR 01, 232; allg zu Laufzeitregelungen BGHZ 127, 41; Grüneberg/Grüneberg § 307 Rz 44. Im Arbeitsrecht sind kontrollfrei in Bezug genommene Tarifverträge (§ 310 IV 3, BAG NZA 18, 1344 [BAG 27.06.2018 - 10 AZR 290/17] Rz 29), ferner zB die Beendigungsvereinbarung in einem Aufhebungsvertrag und eine Abfindungsvereinbarung, nicht aber die Verlängerung der Kündigungsfrist (BAG NJW 18, 891 Rz 29 f).

2. Preis(neben)abreden.

 

Rn 36

Aus dem oben Gesagten folgt, dass Abreden über den Preis, also die für vertraglich vereinbarte Hauptleistungen zu zahlende Vergütung, mangels gesetzlicher Fixierung nicht kontrollfähig sind (BGH NJW 22, 2614 Rz 41; WM 15, 637; 02, 70; NJW 00, 577 (Zinsen); ZIP 20, 1352 (Bereitstellungsprovision); BGHZ 116, 119 (Werklohnabrede); Nobbe WM 08, 185). Hierzu zählen auch Klauseln, die den Preis indirekt dadurch bestimmen oder bestimmbar machen, dass sie für die Preisfindung maßgebliche Faktoren festlegen (BGH NJW 01, 2636 [BGH 12.06.2001 - XI ZR 274/00]) oder ein Nachbewertungsrecht vorsehen (BGH NJW 01, 2401 [BGH 26.01.2001 - V ZR 452/99] zu Verträgen mit der Treuhandanstalt; anders bei Freistellungsklausel im Restitutionszusammenhang, BGH NJW-RR 04, 263 [BGH 14.11.2003 - V ZR 144/03]). Kündigungsentgeltklauseln sind in einem preisre...

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