Rn 6

Es handelt sich um ein reines Amtsverfahren (§ 26 FamFG). Ein Antrag ist nicht erforderlich, doch kann eine Anregung nach § 24 FamFG sinnvoll sein Das Nachlassgericht hat vAw zu ermitteln, hat es Zweifel an der Richtigkeit des Erbscheins. Dabei muss es nach pflichtgemäßem Ermessen alle zur Aufklärung des Sachverhalts dienlichen Ermittlungen anzustellen und Beweise zu erheben. Es darf nicht auf den ordentlichen Rechtsweg (vgl § 2362) verweisen oder das Verfahren bis zur Entscheidung im Zivilprozess aussetzen. Ist die Einziehung in einem früheren Verfahren abgelehnt worden, hindert dieses mangels formeller Rechtskraft ein neues Verfahren selbst bei unveränderter Sachlage nicht (KG JFG 14, 286, 287 f; BayObLG FamRZ 04, 313). Der Einziehung steht nicht entgegen, dass seit der Erbscheinserteilung ein langer Zeitraum (zB 45 Jahre) verstrichen ist (BGHZ 47, 58, 64; BayObLGZ 96, 69, 72; FamRZ 03, 1047). Eine Erbenfeststellungsklage bleibt möglich (BVerfG ZEV 20, 489 Rz 4).

 

Rn 7

Zuständig ist das Gericht, das den Erbschein erteilt hat, selbst wenn es zur Erteilung nicht zuständig war (BayObLGZ 64, 292; 77, 59; Frankf Rpfleger 81, 21; Hamm OLGZ 72, 352, 353); in der früheren DDR das nach § 343 FamFG örtlich zuständige Nachlassgericht. Funktionell ist der Richter unter den Voraussetzungen des § 16 I Nr 7 RPflG zuständig (§ 2353 Rn 11). Der zu begründenden Beschl (§ 38 I–III FamFG), der die Einziehung angeordnet oder sie ablehnt, ist dem im Erbschein mit seinem Recht Bezeichneten bekannt zu machen bzw förmlich zuzustellen (§ 41 I 1 bzw 2 FamFG). Er enthält die Aufforderung, den Erbschein nebst sämtlicher erteilten Ausfertigungen in bestimmter Frist an das Nachlassgericht herauszugeben.

 

Rn 8

Die Einziehungsanordnung ist wirksam, wenn der in ihr enthaltenen Aufforderung zur körperlichen Rückgabe des Erbscheins (Urschrift und alle Ausfertigungen) an das Nachlassgericht entsprochen ist (BayObLGZ 66, 233, 235; 80, 72, 73; Ddorf FamRZ 11, 1980). Der Erbschein ist dann kraftlos. Schlichte Rückgabe genügt nicht, wenn sie nicht in Erfüllung des § 2362 erfolgt. Sind Urschrift und Ausfertigungen bereits in der Verfügungsgewalt des Gerichts, tritt die Einziehungswirkung mit dem Beschl und der Bekanntgabe ein (BayObLG ZEV 01, 489, 490). Zwangsmittel sind nach § 35 FamFG möglich, ferner Vollstreckung der Herausgabe nach § 883 ZPO neben oder anstelle des Zwangsgelds oder der Zwangshaft (§ 35 IV FamFG. §§ 86 ff FamFG gelten nicht, da der Einziehungsbeschl kein Titel iSd § 86 I Nr 1 FamFG ist (aA FAKomm-Erb/Lemke Rz 9).

 

Rn 9

Die Kraftloserklärung (§ 353 I 1 FamFG) durch Anheftung des Beschlusses an die Gerichtstafel und ggf Veröffentlichung im (elektronischen) Bundesanzeiger (II 2 aF, §§ 186 II, 187 ZPO – nunmehr § 353 I 2 FamFG) ist zu erklären, wenn ein unrichtiger Erbschein (Urschrift oder wenigstens eine Ausfertigung) nicht sofort erlangt werden kann. Steht dies fest, ist sie durch Beschl (§ 38 FamFG) sofort herbeizuführen (BayObLG NJW-RR 97, 1368 [BayObLG 14.07.1997 - 1Z BR 39/97]). Wirksam wird sie erst nach einem Monat (§ 353 I 3 FamFG). Ein erst nach ihr erreichbarer Erbschein ist einzuziehen (aA Grünewald/Weidlich Rz 13: Erledigung). Ein Beschl nach § 352 I 1 FamFG, der öffentlich bekannt gemacht wurde, ist nicht mehr anfechtbar (§ 353 III 1 FamFG).

 

Rn 10

Einstweiliger Rechtsschutz kann nach §§ 49 ff FamFG das Nachlassgericht selbst oder das Beschwerdegericht durch Verfügung der einstweiligen Rückgabe des Erbscheins zu den Akten gewähren (BayObLG FamRZ 93, 116). Der öffentliche Glaube des Erbscheins wird dadurch nicht berührt (str, MüKo/Grziwotz Rz 44), aber die Möglichkeit der Vorlage (zB ggü Bank, GBA) genommen. Eine vorläufige Einziehung ist unzulässig (str, BGH NJW 63, 1972 [BGH 05.07.1963 - V ZB 7/63]; Staud/Herzog Rz 78). Ggf ist ratsam, ein vorläufiges Verfügungsverbot im GB eintragen zu lassen. Wenn dazu § 49 II 2 FamFG keine Grundlage gibt (so München NJW-RR 20, 463 [OLG München 28.01.2020 - 31 Wx 557/19]), kann es jedenfalls im Zivilverfahren erstritten werden (§§ 935, 938 II ZPO).

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