Rn 9

Ist für den Fall der Wiederverheiratung des überlebenden Teils verfügt, dass der Nachlass an die Abkömmlinge fallen soll, dann ist bedingte Nacherbschaft angeordnet (RGZ 156, 181; BGH NJW 83, 278). Der Ehegatte ist nach BGHZ 96, 204 (aM nun Celle ZEV 13, 40) und hM (Staud/Avenarius § 2100 Rz 33 mwN; krit MüKo/Musielak Rz 58–60) auflösend bedingter Vollerbe und aufschiebend bedingter Vorerbe. Hier ist regelmäßig Befreiung gem § 2136 gewollt (BGH FamRZ 61, 276; Staud/Avenarius § 2136 Rz 22). Obgleich der Überlebende vorläufig Vollerbe ist, kann er über den Nachlass nicht frei verfügen, weil ihn bei Eintritt der Bedingung rückwirkend diejenigen Verfügungsbeschränkungen treffen, von denen er nicht befreit werden kann (BGHZ 96, 203). Die Bindungswirkung des Überlebenden an seine letztwilligen Verfügungen entfällt bei Wiederverheiratung (Zweibr ZEV 13, 395 [OLG Zweibrücken 14.11.2012 - 1 U 195/11]), weil die Wechselbezüglichkeit (§ 2270) nicht mehr gegeben ist (offengelassen bei BGH FamRZ 85, 1124 mwN). Die Erbeinsetzung der gemeinsamen Abkömmlinge wird im Zweifel auch ohne Widerruf gegenstandslos sein und der gesetzlichen Erbfolge weichen (BayObLG NJW-RR 02, 367; Hamm FamRZ 95, 251).

 

Rn 10

Wird den Abkömmlingen für den Fall der Wiederverheiratung ein Vermächtnis – uU in Höhe der gesetzlichen Erbteile – zugewendet, bleibt die Vollerbenstellung des überlebenden Ehegatten unberührt. Im Zweifel erhält der Überlebende auch bei dieser Gestaltung die volle Testierfreiheit zurück (Köln FamRZ 76, 552).

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