1. Mitwirkung.

 

Rn 4

Während der Errichtung des Testaments müssen der Bürgermeister und die beiden Zeugen anwesend sein (BGHZ 37, 87; 54, 93). Als erstes muss der Erblasser seinen letzten Willen erklären, und zwar mündlich oder durch anderweitige Verständigung. Die Erklärung wird in eine Niederschrift aufgenommen. Möglich ist auch die Übergabe einer (offenen oder verschlossenen) Schrift mit der Erklärung, dass sie seinen letzten Willen enthalte (I 4; § 2232). Minderjährige können nur durch Übergabe einer offenen Schrift testieren, Lesensunfähige auf diesem Wege gar nicht (§ 2233). Der Bürgermeister muss eine Niederschrift über die Testamentserrichtung fertigen. Sie muss in Anwesenheit aller Mitwirkenden dem Erblasser vorgelesen und anschließend von diesem genehmigt werden. Die genehmigte Niederschrift ist schließlich von Erblasser, Bürgermeister und beiden Zeugen zu unterschreiben. Kann der Erblasser nach seinen Angaben oder nach der Überzeugung des Bürgermeisters seinen Namen nicht schreiben, ersetzt die entspr Feststellung seine Unterschrift (I 6).

2. Niederschrift.

 

Rn 5

Die Niederschrift verkörpert den erklärten Willen des Erblassers und ist daher Voraussetzung für die Wirksamkeit des Testaments. Für die vollständige Errichtung des Testaments zu Lebzeiten ist erforderlich, dass die Niederschrift beim Tod des Erblassers bereits fertiggestellt ist (BayObLG NJW-RR 96, 712 [BayObLG 08.12.1995 - 1Z BR 80/95]). Für sie gelten Vorschriften des BeurkG (s.u. Rn 6), bei deren Nichteinhaltung zwischen ggf unschädlichen Formfehlern (VI) und unverzichtbaren Mindestanforderungen zu unterscheiden ist. Bei der Unterscheidung zwischen beiden Kategorien ist unnötige Formstrenge zu vermeiden (BGHZ 37, 88). Es genügt, wenn sich aus der Urkunde die rechtserheblichen Umstände und Erklärungen ergeben, falls deren Wahrnehmung durch alle mitwirkenden Personen erfolgte und durch ihre Unterschrift bezeugt ist (BGH 37, 88). Der ordnungsgemäßen Niederschrift kommt die Beweiskraft einer öffentlichen Urkunde zu (§ 415 ZPO).

3. Einzelne Verfahrensvorschriften.

 

Rn 6

Mit der Maßgabe, dass der Bürgermeister an die Stelle des Notars tritt, gelten gem I 4 folgende Vorschriften des BeurkG: § 5 I (Errichtung der Urkunde in deutscher Sprache), §§ 8 u 9 (Niederschrift und deren Inhalt), § 10 (Feststellung der Person des Erblassers), § 11 I 2 u II (Feststellungen über Zweifel an seiner Geschäftsfähigkeit), § 13 I u III (Vorlesen, Genehmigen, Unterschreiben der Niederschrift), § 16 (Übersetzung der Niederschrift bei unzureichenden Deutschkenntnissen des Erblassers), § 17 (Prüfungs- und Belehrungspflicht des Bürgermeisters), § 23 (Vorlage der Niederschrift zur Durchsicht an hörbehinderten Erblasser), § 24 (Zuziehung einer verständigungsfähigen Person bei hör- und sprachbehindertem Erblasser, mit dem eine schriftliche Verständigung nicht möglich ist), § 28 (Feststellung der Geschäftsfähigkeit des Erblassers), § 30 (Übergabe einer Schrift), § 32 (Anfügung einer Übersetzung bei Sprachunkundigkeit des Erblassers), § 35 (Niederschrift ohne Unterschrift des Bürgermeisters).

 

Rn 7

Die Niederschrift ist vom Bürgermeister nach Testamentserrichtung in einen Umschlag zu nehmen, der mit dem Amtssiegel zu verschließen, zu beschriften und zu unterschreiben ist. Anschließend ist das Testament unverzüglich in die besondere amtliche Verwahrung des örtlich zuständigen Amtsgerichts zu geben (I 4; § 34 BeurkG; § 344 I Nr 2 FamFG).

4. Rechtsfolgen von Mängeln.

 

Rn 8

Formverstöße sind unschädlich, wenn sie nur bei Abfassung der Niederschrift unterlaufen sind, also nur deren Inhalt betreffen und nicht den Errichtungsakt als solchen (vgl für einen Verstoß gegen § 13 I 2 BeurkG Ddorf NJW-RR 20, 837 [OLG Hamm 04.05.2020 - 13 WF 66/20]). Die Bestimmung nimmt Rücksicht darauf, dass beim Bürgermeistertestament Formfehler typischerweise leichter auftreten dürften (Kipp/Coing § 29 I 5). Sie setzt immerhin voraus, dass das Testament eine zuverlässige Wiedergabe der Erklärung des Erblassers enthält (VI); letzteres muss derjenige beweisen, der sich auf die Wirksamkeit des Testaments beruft (BGH LM Nr 1 zu § 416 ZPO). In der Frage, wann ein ggf unschädlicher Formverstoß vorliegt, ist unnötige Formstrenge zu vermeiden (BGHZ 37, 88; BayObLGZ 70, 56), sofern die jeweilige Voraussetzung nur nicht den materiell-rechtlichen Erfordernissen zuzurechnen ist.

 

Rn 9

Die Wirksamkeit des Testaments wird zB dadurch nicht berührt, dass die Besorgnis der Todesgefahr (BayObLGZ 79, 238) oder der Schreibunfähigkeit des Erblassers nicht festgestellt wurde. Unschädlich sind ebenso fehlende Angaben über Zeit und Ort sowie die ungenaue Bezeichnung der Mitwirkenden. Auch die fehlende Unterschrift der Zeugen auf einem vom Erblasser genehmigten und unterschriebenen Testament steht der Wirksamkeit nicht entgegen, weil diese auch noch nach dem Tod des Erblassers ohne Beteiligung anderer Mitwirkender nachgeholt werden kann (KG NJW 47/48, 191; Lange/Kuchinke § 21 IV 1b).

 

Rn 10

Werden dagegen wesentliche Erfordernisse des Errichtungsakts missachtet, dann ist das Nottestament unheilbar nichtig. So liegt es zB, wenn die...

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