Gesetzestext

 

(1) Das Recht des Nacherben erstreckt sich im Zweifel auf einen Erbteil, der dem Vorerben infolge des Wegfalls eines Miterben anfällt.

(2) Das Recht des Nacherben erstreckt sich im Zweifel nicht auf ein dem Vorerben zugewendetes Vorausvermächtnis.

A. Auslegungsregel.

 

Rn 1

Die Vorschrift definiert den Umfang des Nacherbenrechts in zwei Zweifelsfällen. Sie beruht auf dem Grundgedanken, dass der Erblasser dem Nacherben im Zweifel all das zuwenden will, was der Vorerbe von ihm erlangt hat. Das Gegenteil muss beweisen, wer Rechte daraus herleitet.

B. Abs 1: Wegfall eines Mitvorerben.

 

Rn 2

Im Zweifel umfasst das Nacherbenrecht auch den Erbteil, der dem Vorerben deshalb anfällt, weil ein Miterbe (Mitvorerbe) wegfällt (§ 2110 I). Dies kann eintreten nach Erhöhung des gesetzlichen Erbteils gem § 1935, Anwachsung (§ 2094) oder Berufung des Vorerben zum Ersatzerben eines Mitvorerben (§ 2096). Weitere Beispiele sind Ausschlagung (§ 1953), Erbunwürdigkeitserklärung (§ 2344), Nichterleben einer aufschiebenden Bedingung (§ 2074) oder Anfechtung (§ 2078) mit Bezug auf einen Miterben. Wegen der Rückwirkung dieser Akte spielt es insoweit keine Rolle, ob der Miterbe vor oder nach dem Nacherbfall weggefallen ist.

 

Rn 3

Ist die Auslegungsregel widerlegt, so wird der betreffende Teil des Nachlasses freies Vermögen des Vorerben.

C. Abs 2: Vorausvermächtnis.

 

Rn 4

Im Zweifel erstreckt sich das Nacherbenrecht nicht auf ein Vorausvermächtnis zugunsten des Vorerben (§ 2110 II) und auf den Voraus (§ 1932) als gesetzliches Vorausvermächtnis. Die Gegenstände des Vorausvermächtnisses erwirbt der Vorerbe unmittelbar und unbeschränkt. Der Erblasser kann damit also auch die Verfügungsbefugnisse des Vorerben erweitern und die Nacherbschaft gegenständlich beschränken (Schäuble ZEV 16, 675).

 

Rn 5

Er kann freilich auch das Gegenteil des § 2110 II anordnen. Die Auslegung kann das ergeben, wenn er nur den Vorerben im Verhältnis zu Mitvorerben begünstigen, nicht aber den Nacherben benachteiligen wollte. Allerdings kommt dann auch ein Nachvermächtnis (§ 2191) in Betracht.

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