I. Vereinszweck.

 

Rn 2

Der Vereinszweck wird durch die Mitglieder in der Vereinssatzung (§ 57 I) kraft ihrer Vereinigungsfreiheit (Art 9 I GG) bestimmt. Die Grenzen zulässiger Vereinszwecke ergeben sich aus Art 9 II GG, dem VereinsG (s Vor § 21 Rn 11) und aus §§ 134, 138. Ein Verein zur Förderung des Tabakkonsums verstößt aber nicht gegen ein gesetzliches Verbot, auch wenn er faktisch ein Nichtraucherschutzgesetz umgehen helfen soll (Oldbg NJW 08, 2194). Das Registergericht ermittelt im Eintragungsverfahren den Vereinszweck vAw und hat den Eintragungsantrag zurückzuweisen, wenn sich ein wirtschaftlicher Hauptzweck herausstellt (§§ 26, 382 III FamFG). Dabei kommt es insbes bei Widersprüchen nicht nur auf den in der Satzung formulierten, sondern auch auf den tatsächlich verfolgten Zweck an (KG NZG 16, 1155). Ergibt sich nach der Eintragung ein wirtschaftlicher Zweck, muss das Registergericht den Verein vAw gem. § 395 FamFG löschen (BGH NJW 17, 1943 [BGH 16.05.2017 - II ZB 7/16] Rz 17), Ermessenserwägungen sind nur in atypischen Fällen geboten (BVerwG NJW 98, 1166, 1168 [BVerwG 06.11.1997 - BVerwG 1 C 18/95]).

II. Abgrenzungskriterium.

 

Rn 3

Wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb liegt vor, wenn der Verein planmäßig, auf Dauer angelegt und nach außen (also an einem äußeren Markt nicht nur ggü den Vereinsmitgliedern) eigenunternehmerische Tätigkeiten entfaltet, die auf Verschaffung vermögenswerter Vorteile zugunsten des Vereins oder seiner Mitglieder abzielen (so BGH NJW 17, 1943 [BGH 16.05.2017 - II ZB 7/16] Rz 19 zu dieser Entscheidung s nur Schöpflin ZStV 18, 6; Leuschner NJW 17, 1919). In diesem Fall liegt ein unternehmerischer Verein (Rn 4) vor; fehlt es an der Tätigkeit nach außen, kommt ein Verein mit Binnenmarkttätigkeit (Rn 6) oder ein genossenschaftlicher Verein (Rn 8) in Betracht. Dabei hat die Anerkennung des Vereins als gemeinnützig im steuerlichen Sinne (§§ 51 ff AO) Indizwirkung dafür, dass er nicht auf einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb gerichtet ist und als Idealverein in das Vereinsregister eingetragen werden kann (BGH NJW 17, 1943 Rz 23 ff). Nicht gemeinnützig ist die Verfolgung politischer Zwecke (BFH NJW 19, 877 [BFH 10.01.2019 - V R 60/17]-Attac) oder eine Freimaurerloge, die Frauen von der Mitgliedschaft ausschließt (BFH ZStV 18, 55). Entscheidend für die wirtschaftliche Tätigkeit ist nicht nur die Satzung, sondern auch, in welcher Form der Verein tatsächlich tätig ist (BGH NJW 17, 1943 [BGH 16.05.2017 - II ZB 7/16] Rz 19). Ein Verein mit dem Zweck der Vermögensverwaltung und der satzungsgemäßen Möglichkeit, Überschüsse an die Mitglieder auszukehren, ist wirtschaftlich (BGH NZG 18, 1392 [BGH 11.09.2018 - II ZB 11/17]). Zum Nebenzweckprivileg und zur weiteren Abgrenzung s Rn 10. Die hM im Anschluss an K. Schmidt (Rpfleger 82, 286, 343) grenzte bislang typologisch ab (BRHP/Schöpflin Rz 96 ff; Reichert/Wagner Kap 2 Rz 68 ff; s. auch MüKo/Leuschner §§ 21, 22 Rz 17 ff; krit Schad NJW 98, 2411 [BVerwG 12.09.1996 - BVerwG 5 C 31/95], der auf §§ 1 ff HGB, 1 GenG abstellen will, s auch Beuthien Rpfleger 16, 65) und unterscheidet drei Typen des wirtschaftlichen Vereins. Diese Typologie bleibt mit ihren Fallbeispielen auch nach der zit BGH-Entscheidung als Ausgangspunkt von großem Nutzen.

1. Unternehmerischer Verein.

 

Rn 4

Bei einem wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb (Rn 3) ist der Verein unternehmerisch, wenn er als Anbieter (und nicht nur als Nachfrager) von Waren und/oder Dienstleistungen an einem äußeren Markt tätig wird. Gewinnerzielungsabsicht oder kaufmännische Tätigkeit werden dabei nicht vorausgesetzt (KG NZG 16, 1155; BRHP/Schöpflin Rz 108) Der BGH rechnet dem Verein die wirtschaftliche Tätigkeit Dritter, insbes auch die der durch den Verein beherrschten Tochtergesellschaften, nicht zu (BGHZ 85, 84, 90 f – ADAC; zust BRHP/Schöpflin Rz 110; MüKo/Leuschner §§ 21, 22 Rz 64 f.; abl. Segna ZIP 97, 1901; s.a. Beuthien ZGR 22, 325 und NJW 22, 3182). Das lässt sich damit rechtfertigen, dass die Gläubiger der vom Holdingverein gehaltenen Gesellschaft bereits nach den für diese geltenden Vorschriften geschützt werden. Der ADAC wird von der Rechtspraxis nicht als wirtschaftlicher Verein eingestuft (AG München npoR 17, 159).

 

Rn 5

Beispiele für einen unternehmerischen Verein sind (s Reichert/Wagner Kap 2 Rz 86; BRHP/Schöpflin Rz 111.1): freie Sparkassen, Schauspielbühne (aA Stuttg DB 64, 1735 [AG Stuttgart 09.11.1964 - GR 21683-85/64]), Dritte-Welt-Läden, Verein zur Wohnungsvermietung (Frankf Rpfleger 06, 545 [OLG Frankfurt am Main 22.05.2006 - 20 W 542/06]) oder zur entgeltlichen Überlassung von Garagen (Brandbg 8.7.14 – 7 W 124/13), Gewinnspielvereine, die Lotterien veranstalten (AG Potsdam Rpfleger 94, 361 [OLG Köln 09.02.1994 - 2 Wx 48/93]), Vereine zur betrieblichen Altersversorgung, die Immobiliengeschäfte betreiben (Ddorf NJW-RR 98, 663 [KG Berlin 21.01.1997 - 21 U 3699/96]); Verein zur Bekanntmachung des Comedyfilms bei regelmäßigen entgeltlichen Filmvorführungen (KG DNotZ 11, 634 [KG Berlin 20.01.2011 - 25 W 35/10] – zw), zu entgeltlichem Schwimmbadbesuch (Karlsr MDR 12, ...

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