Rn 6

Die Erhebung der Klage hemmt die Verjährung nicht für einzelne in der Klage bezeichnete materiell-rechtliche Ansprüche, sondern – aber auch nur (BGH NJW 17, 2673 Rz 20) – für alle Ansprüche, die zum Streitgegenstand der Klage gehören (BGH NJW 15, 236 [BGH 21.10.2014 - XI ZB 12/12] Rz 145; 2411 Rz 9 f; 3040 Rz 15: zu Schadensersatzansprüchen; 3711 Rz 9: zur Anfechtungsklage). Die Erhebung der Leistungsklage hemmt die Verjährung für Ansprüche in der Gestalt und in dem Umfang, wie sie mit der Klage geltend gemacht werden, also für den streitgegenständlichen prozessualen Anspruch (BGH NJW 15, 3711 [BGH 29.10.2015 - IX ZR 222/13] Rz 9; zum Wechsel der Schadensberechnung s BGH NJW 17, 2673 [BGH 18.05.2017 - VII ZR 122/14] Rz 23; 14, 3435 Rz 11 ff), nicht aber für Ansprüche, die nicht Gegenstand der Klageerhebung waren (BGH NJW 07, 2560 [BGH 08.05.2007 - XI ZR 278/06] Rz 15; zur Individualisierung BGH NZG 21, 566 [BGH 23.02.2021 - II ZR 89/20] Rz 7). Denn mit der Klage wird nicht ein bestimmter materiell-rechtlicher Anspruch geltend gemacht, sondern Gegenstand des Rechtsstreits ist der eigenständige prozessuale Anspruch. Dieser wird bestimmt durch den Klageantrag und den Lebenssachverhalt (Anspruchsgrund), aus dem der Kläger die begehrte Rechtsfolge herleitet (BGH NJW-RR 13, 1321 [BGH 21.02.2013 - IX ZR 52/10] Rz 17; 29.4.15 – VIII ZR 180/14 Rz 17; 20.1.16 – VIII ZR 77/15 Rz 19). Erfasst sind zudem materiell-rechtlich wesensgleiche Ansprüche, die dem gleichen Endziel dienen, wenn der zur Begründung vorgetragene Lebenssachverhalt in seinem Kern gleich ist. Abzustellen ist insoweit darauf, ob eine ›verjährungsrechtliche Selbstständigkeit‹ iS verschiedenartiger Ansprüche anzunehmen ist (BGH 31.10.18 – IV ZR 313/17 Rz 19). IdS geht der Klagegrund über die Tatsachen, die die Tatbestandsmerkmale einer Rechtsgrundlage ausfüllen, hinaus. Zu ihm sind alle Tatsachen zu rechnen, die bei einer natürlichen, vom Standpunkt der Parteien ausgehenden, den Sachverhalt seinem Wesen nach erfassenden Betrachtungsweise zu dem zur Entscheidung gestellten Tatsachenkomplex gehören, den der Kläger zur Stützung seines Rechtsschutzbegehrens dem Gericht zu unterbreiten hat (zum Ganzen BGH NJW 12, 2180 [BGH 24.05.2012 - IX ZR 168/11] Rz 21), unabhängig davon, ob die einzelnen Tatsachen des Lebenssachverhalts von den Parteien vorgetragen worden sind oder nicht (BGH NJW 15, 2411 Rz 11). Der Streitgegenstand kann daher mehrere materiell-rechtliche Ansprüche umfassen, die grds jeweils eigenständiger Verjährung unterliegen (BGH 15.10.15 – III ZR 170/14 Rz 15; NJW 15, 2411 [BGH 18.06.2015 - III ZR 303/14] Rz 11). Umgekehrt können auch im Fall, dass materiell-rechtliche Ansprüche wirtschaftlich auf das Gleiche gerichtet sind und der Kl. die Leistung nur einmal verlangen kann, unterschiedliche Streitgegenstände vorliegen (BGH NJW 16, 1818 [BGH 03.03.2016 - IX ZB 33/14] Rz 28: zu Unterhaltsansprüchen). § 213 bestimmt ferner, dass solche Ansprüche, die wahlweise neben oder anstelle des eingeklagten Anspruchs gegeben sind, ebenfalls der Hemmung unterliegen. Ein anderer Klagegrund und damit Streitgegenstand liegt etwa vor, wenn durch neue Tatsachen der Kern des in der Klage angeführten Lebenssachverhalts verändert wird, dh im Kern verschiedene Lebenssachverhalte geltend gemacht werden, zB wenn die materiell-rechtliche Regelung die zusammentreffenden Ansprüche durch eine Verselbstständigung der einzelnen Lebensvorgänge unterschiedlich ausgestaltet (BGH NJW 22, 1959 [BGH 24.02.2022 - VII ZR 13/20] Rz 45). Danach liegt grds im Übergang von einem Anspruch aus eigenem Recht zu einem solchen aus abgetretenem Recht ein Wechsel des Streitgegenstands, doch gilt das nicht für die (dann offengelegte) Sicherungsabtretung (Rn 3), wenn der Klageantrag auf Zahlung an den Zessionar umgestellt wird, weil der Zedent schon anfänglich die abgetretene Forderung geltend macht und nur seinen Antrag an die prozessuale Lage anpasst (BGH NJW 99, 2110, 2112). Das gilt unabhängig vom Sicherungszweck allg beim Übergang von Ansprüchen aus eigenem Recht zu Ansprüchen aus abgetretenem Recht in Prozessstandschaft, da je unabhängig von der Begründung der Aktivlegitimation der Schuldner durch die Geltendmachung des Anspruchs gewarnt ist (vgl BGH NJW 22, 1959 [BGH 24.02.2022 - VII ZR 13/20] Rz 48) und dem Zessionar eingetretene Hemmungstatbestände zugutekommen (BGH r+s 23, 32 Rz 23). Entspr gilt, wenn die Aktivlegitimation zunächst auf einen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss und später auf eine Abtretung gestützt wird (BGH NJW 07, 2560 [BGH 08.05.2007 - XI ZR 278/06] Rz 18) oder die Klage zunächst auf einer Abtretung, dann auf einer anderen Abtretung und anschließend auf einer Einziehungsermächtigung beruht (BGH NJW 09, 56 Rz 16). Bei einer Teilleistungsklage, mit der mehrere selbstständige prozessuale Ansprüche geltend gemacht werden, muss angegeben sein, wie sich der eingeklagte Betrag auf die einzelnen Ansprüche verteilen soll und in welcher Reihenfolge sie zur Entscheidung des G...

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