Rn 14

Erforderlich ist die Kenntnis der einen Anspruch begründenden Umstände (BGH NJW 10, 1195 [BGH 14.01.2010 - VII ZR 213/07] Rz 13), dh derjenigen Tatsachen, die zusammen den Tatbestand eines gesetzlichen Anspruchstatbestandes ausfüllen, zB im Fall der §§ 171f Unkenntnis, dass Ausfertigung der notariellen Vollmachtsurkunde nicht vorlag (BGH NJW-RR 09, 547 [BGH 23.09.2008 - XI ZR 262/07] Rz 24), bei einem Anspruch aus § 839 die Kenntnis, dass anderweitige Ersatzmöglichkeiten fehlen (BGH NJW-RR 05, 1148, 1149 [BGH 03.03.2005 - III ZR 353/04]; NJW 93, 933, 934 [BGH 17.12.1992 - III ZR 114/91]), oder bei einem Bereicherungsanspruch die Kenntnis von der Leistung und den Tatsachen, aus denen sich das Fehlen des Rechtsgrundes ergibt (zu § 812 I 1 Alt 1 BGH NJW 17, 2986 [BGH 04.07.2017 - XI ZR 562/15] Rz 85; 14, 3713 Rz 35; 09, 2046 Rz 47; 23.9.08 – XI ZR 263/07 Rz 20: zur Vertragsunwirksamkeit bei einem In-Sich-Geschäft; zu § 812 I 1 Alt 2 BGH 13.1.15 – XI ZR 303/12 Rz 19). Wann der Geschädigte, der keine eigene unmittelbare persönliche Wahrnehmungen des Schädigungsvorgangs hat, hinreichend zuverlässige Aufschlüsse für eine Rechtsverfolgung gegen den Schädiger gewonnen hat, hängt vom Einzelfall ab (BGH NJW-RR 05, 69, 70 [BGH 23.09.2004 - IX ZR 421/00]; Karls 9.11.16 – 6 U 204/15). Bei einem Schadensersatzanspruch steht ihr nicht entgegen, dass der Geschädigte den intern auf Schädigerseite Verantwortlichen nicht kannte, wenn dazu nach den Grds der sekundären Darlegungslast kein näherer Vortrag verlangt werden kann (BGH 17.12.20 – VI ZR 739/20: zum ›Dieselfall‹). Erforderlich ist zunächst die Kenntnis vom Schaden, wobei dieser nicht dem Umfang, sondern nur dem Grunde nach bekannt sein muss. Erkennt der Gläubiger eine eingetretene Beeinträchtigung allerdings nicht als Schaden, liegt keine Kenntnis vor. Eine detaillierte Kenntnis naturwissenschaftlicher Kausalverläufe ist nicht erforderlich, es reicht das Wissen um die zugrunde liegenden Tatsachen (BGH NJW 84, 661 [BGH 20.09.1983 - VI ZR 35/82]; 91, 2351 [BGH 19.03.1991 - VI ZR 248/90]; Frankf NJW-RR 99, 1474, 1475 [OLG Frankfurt am Main 19.11.1998 - 3 U 201/97]). Lässt sich aus den Tatsachen allerdings für den Laien nicht das Vorliegen eines anspruchsbegründenden Merkmals erschließen, erkennt bspw der von Steinschlag verletzte Wanderer nicht die Verursachung durch den über ihm befindlichen Felskletterer, liegt keine Kenntnis vor. Entspr reicht bei einem Anspruch wegen falscher Rechtsanwendung nicht die Kenntnis dieser Rechtsanwendung als solche, sondern muss der Geschädigte Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis von der Fehlerhaftigkeit, von der Pflichtwidrigkeit und vom Schaden haben (BGH NZI 22, 999 [BGH 20.10.2022 - III ZR 88/21] Rz 17; NJW 14, 2345 [BGH 24.04.2014 - III ZR 156/13] Rz 26; 993 Rz 15 ff), mithin erkannt haben, dass der Berater von dem üblichen rechtlichen Vorgehen abgewichen oder Maßnahmen nicht eingeleitet hat, die zur Vermeidung eines Schadens erforderlich waren (BGH 15.12.16 – IX ZR 58/16 Rz 11; 25.10.18 – IX ZR 168/17 Rz 9), was sich zB an der Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen zeigen kann (BGH 29.10.20 – IX ZR 10/20 Rz 29). Nicht notwendig ist umfassende Tatsachenkenntnis. Es genügt, wenn auf Grundlage der Tatsachenkenntnis eine hinreichend aussichtsreiche Klage erhoben werden kann (BGH NJW 94, 3092, 3093 [BGH 20.09.1994 - VI ZR 336/93]; Rn 13). Hat der Verletzte auf Grund nachprüfbarer Tatsachen klare Anhaltspunkte für einen Anspruch, kann er diesen Anspruch aber noch nicht beziffern, weil er hierzu noch Angaben des Dritten benötigt, gegen den sich der Anspruch richtet, ist ihm idR die Erhebung einer Stufenklage zuzumuten, um die Verjährung zu hemmen (BGH GRUR 12, 1248 [BGH 10.05.2012 - I ZR 145/11] Rz 30). Unerheblich ist ferner die Kenntnis von etwaigen Rechtfertigungsgründen (Staud/Peters/Jacoby Rz 63) oder dass dem Gläubiger keine ausreichenden Beweismittel zur Verfügung stehen (BGH 7.11.14 – V ZR 309/12 Rz 15; BGH NJW 08, 2576 [BGH 03.06.2008 - XI ZR 319/06] Rz 28). Gehört zum Tatbestand ein Verschulden des Anspruchsgegners, muss sich die Kenntnis auch darauf beziehen (BGH NJW 93, 2614 [BGH 22.06.1993 - VI ZR 190/92]). Für innere Tatsachen, bspw Vorsatz, reicht die Kenntnis äußerer Umstände, die auf das Vorhandensein der inneren Tatsachen schließen lassen (BGH NJW 64, 493 f [BGH 27.11.1963 - Ib ZR 49/62]). Sind mehrere Pflichtverletzungen jeweils eigenständig anspruchsbegründend (vgl § 204 Rn 6), kommt es auf die jeweilige Kenntnis an (BGH NJW 08, 506 [BGH 09.11.2007 - V ZR 25/07] Rz 15 ff; zu fehlerhaften Anlageberatung BGH 10.12.15 – III ZR 128/14 Rz 12; 15.10.15 – III ZR 170/14 Rz 15; 2.7.15 – III ZR 149/14 Rz 14; 18.6.15 – III ZR 189/14 Rz 13; NJW-RR 15, 1076 [BGH 24.03.2015 - XI ZR 278/14] Rz 20). Noch keine Kenntnis schon dann gegeben, wenn der Geschädigte lediglich Kenntnis von Anknüpfungstatsachen hatte, sondern es muss hinzukommen, dass der Geschädigte aus den Anknüpfungstatsachen den Schluss auf eine Pflichtverletzun...

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