Rn 10

Bei der Verwirkung handelt es sich um eine besondere Ausprägung der unzulässigen Rechtsausübung. Mit der Verwirkung soll die illoyal verspätete Geltendmachung von Rechten ggü dem Verpflichteten ausgeschlossen werden (BGH NJW 14, 1888 [BGH 06.02.2014 - I ZR 86/12] Rz 42: zur Urheberrechtsverletzung in einer Zeitspanne von rund 48 Jahren). Auch wenn seit der Möglichkeit der Geltendmachung (zur wiederholten Anspruchsentsprechung BGH 8.5.15 – V ZR 178/14 Rz 12) längere Zeit verstrichen ist (Zeitmoment), müssen daher besondere Umstände, auf dem Verhalten des Berechtigten beruhende Umstände hinzutreten, die die verspätete Geltendmachung als Verstoß gegen Treu und Glauben erscheinen lassen (Umstandsmoment). Letzteres ist der Fall, wenn der Verpflichtete bei objektiver Betrachtung aus dem Verhalten des Berechtigten entnehmen durfte, dass dieser sein Recht nicht mehr geltend machen werde (BGH 9.10.13 – XII ZR 59/12 Rz 10 f; BGH NJW 02, 2707, 2708 [BGH 04.06.2002 - XI ZR 361/01]; NJW 16, 3512 Rz 37) und sich im Vertrauen auf das Verhalten des Berechtigten in seinen Maßnahmen so eingerichtet hat, dass ihm durch die verspätete Durchsetzung des Rechts ein unzumutbarer Nachteil entstünde (BGH NJW 21, 2112 [BGH 25.03.2021 - VII ZR 94/20] Rz 32; 14, 1230 Rz 13); lediglich lange Nichtgeltendmachung trotz Aufforderung reicht nicht (BGH NJW 09, 847 [BGH 12.12.2008 - V ZR 49/08] Rz 39). Dabei hängt Verwirkung nicht davon ab, dass der Gläubiger sein Recht kennt (BGH 23.1.18 – XI ZR 298/17 Rz 12). Nachdem die Regelverjährung nun von 30 auf 3 Jahre verkürzt ist, kann eine weitere Abkürzung dieser Verjährungsfrist durch Verwirkung nur unter ganz besonderen Umständen angenommen werden (BGH NJW 13, 1230 [BGH 11.09.2012 - XI ZR 56/11] Rz 13; 12, 3569 Rz 20). Bspw ist eine Architektenforderung verwirkt, wenn sich der Auftraggeber nach Erteilung einer entgegen § 15 I HOAI nicht prüffähigen Schlussrechnung nach einem gewissen Zeitraum bei objektiver Betrachtung darauf einrichten durfte und eingerichtet hat, der Auftragnehmer werde sein Recht nicht mehr geltend machen (BGHZ 157, 118 Rz 35; BGH NJW-RR 10, 1176 [BGH 22.04.2010 - VII ZR 48/07] Rz 18; s.a. BGH NJW 14, 1230 [BGH 23.01.2014 - VII ZR 177/13] Rz 14). Verwirkung ist als Einwendung im Prozess vAw zu berücksichtigen (BGH NJW-RR 09, 1040 [BGH 21.04.2009 - XI ZR 148/08] Rz 28). Zur Verwirkung des Anspruchs auf Elternunterhalt s BGH NJW 14, 1177 [BGH 12.02.2014 - XII ZB 607/12]; Karls 31.7.14 – 16 UF 129/13; zum Kindesunterhalt Köln 14.1.14 – 27 UF 92/13; zum Rückzahlungsanspruch nach Widerruf BGH NJW 16, 3512 [BGH 12.07.2016 - XI ZR 564/15] Rz 31 ff; 23.1.18 – XI ZR 298/17 Rz 6 ff; zu Einzelfragen s § 242 Rn 6167.

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