Rn 7

Zwar ist jeder Ehegatte – abgesehen von den Einschränkungen der §§ 1365, 1367, 1369 – frei, über sein Vermögen frei zu verfügen. Gewisse illoyale Verfügungen, durch die der Ehegatte sein Vermögen willkürlich und unredlich geschmälert hat, werden jedoch als ungeschehen betrachtet, um auf diese Weise den Zugewinnausgleichsanspruch des anderen zu erhalten. Das ist nicht der Fall, wenn sich zwar die Zusammensetzung des Vermögens, nicht aber dessen Wert geändert hat (Hamm FamRZ 20, 325). Eine Hinzurechnung findet aber trotz Vorliegens der Voraussetzungen des II nicht statt, wenn die Vermögensminderung mindestens 10 Jahre vor Beendigung des Güterstandes eingetreten ist (III). Für den Fristbeginn kommt es auf den Zeitpunkt der wirksamen Verpflichtung, nicht den der Erfüllung des vermögensmindernden Aktes an.

 

Rn 8

Eine Hinzurechnung nach II scheidet weiter aus, wenn der andere Ehegatte mit der unentgeltlichen Zuwendung oder Verschwendung einverstanden war. Dazu muss er seine Billigung zu erkennen gegeben haben, wobei das Einverständnis auch stillschweigend erklärt werden kann. Bloße Resignation, fehlender Widerspruch oder bloßes Stillschweigen genügen nicht (Staud/Thiele Rz 41; MüKo/Koch Rz 58).

 

Rn 9

Die Aufzählung der die Hinzurechnung rechtfertigenden Umstände ist abschließend. Eine analoge Anwendung auf vergleichbare Sachverhalte kommt nicht in Betracht (Karlsr FamRZ 04, 461 für aus einer Vergewaltigung entstandene Zahlungspflichten; Karlsr FamRZ 86, 167). Die Norm gilt nur für Vermögensminderungen vor der Rechtshängigkeit des die Beendigung des Güterstandes einleitenden Verfahrens und ist nicht analog auf illoyale Vermögensminderungen während des Scheidungsverfahrens anwendbar (Staud/Thiele Rz 36; Schulz/Hauß, Rz 92).

 

Rn 10

Ist das Endvermögen überschuldet, ergeben sich angesichts der Berücksichtigung auch negativen Endvermögens keine Besonderheiten. Der nach II hinzuzurechnende Betrag wird ggf von den vorhandenen Verbindlichkeiten abgezogen. Um die Vergleichbarkeit einer in der Vergangenheit erfolgten Vermögensminderung herzustellen, ist diese wie das Anfangsvermögen zu indexieren.

I. Unentgeltliche Zuwendungen.

 

Rn 11

Der Begriff der Zuwendung deckt sich mit dem der Schenkung iSv § 516 (Karlsr FamRZ 74, 306). Dazu rechnen auch Ausstattungen (§ 1624), Spenden und Stiftungen. Lag der Zuwendung eine Verpflichtung zu Grunde, fehlt es an der Unentgeltlichkeit (BGH FamRZ 86, 565), die aber uU in der Eingehung der Verpflichtung gesehen werden kann (MüKo/Koch Rz 44). Ein vor Eintritt in den Güterstand gegebenes Schenkungsversprechen, das erst danach erfüllt wird, ist keine illoyale Vermögensverfügung iSv II. Dasselbe gilt für die Erfüllung einer verjährten Forderung (MüKo/Koch Rz 48).

 

Rn 12

Ob die Erfüllung eines Vertrages zu Gunsten Dritter eine unentgeltliche Zuwendung ist, bestimmt sich nach dem Valutaverhältnis (MüKo/Koch Rz 46). So können zB die Prämienzahlungen auf eine Lebensversicherung zu Gunsten Dritter unter II fallen (Hamm FamRZ 93, 1446). Eine Abfindungsklausel in einem Gesellschaftsvertrag, nach der bei Ausscheiden eines Ehegatten aus der Gesellschaft eine Abfindung nicht gezahlt werden soll, ist dann unentgeltliche Zuwendung, wenn sie ohne berechtigte Differenzierung nicht für alle Gesellschafter gilt (BGHZ 22, 186; Grüneberg/Brudermüller Rz 25). Bei einer getarnten Schenkung und einem auffälligen Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung ist der Wertüberschuss dem Endvermögen hinzuzurechnen, wobei bei dessen Ermittlung nicht ein objektiver Maßstab anzulegen, sondern auf die Sicht der Vertragspartner abzustellen ist (BGH FamRZ 86, 565; Bambg FamRZ 90, 408). Ist in einem Vertrag nur aus steuerrechtlichen Gründen ein Entgelt vereinbart worden, liegt eine unentgeltliche Zuwendung vor, wenn die Parteien tatsächlich eine Schenkung gewollt haben (BGH FamRZ 86, 565; Karlsr FamRZ 93, 1444). Rechtsgrundlose Zuwendungen stehen den unentgeltlichen dann gleich, wenn die Leistung erfolgte, obwohl dem Leistenden positiv bekannt war, dass eine Pflicht zur Leistung nicht bestand.

 

Rn 13

Zuwendungen an den anderen Ehegatten fallen nach Sinn und Zweck der Norm nicht unter II (MüKo/Koch Rz 43).

 

Rn 14

Auch unentgeltliche Zuwendungen sind dem Endvermögen nicht zuzurechnen, wenn es sich um Pflicht- und Anstandsschenkungen handelt. Generell gehört es zur Freiheit eines Ehegatten, in angemessenem Rahmen unentgeltliche Zuwendungen zu machen, wobei für die Beurteilung dessen, was für die Eheleute angemessen ist, auf die konkrete Vermögens- und Lebenssituation der Beteiligten sowie ihre persönlichen Beziehungen abzustellen ist (BGH FamRZ 63, 292 [BAG 01.03.1963 - 1 AZR 356/61]; München FamRZ 85, 814 [OLG München 31.01.1985 - 26 UF 1403/84]).

 

Rn 15

Zu den Anstandsschenkungen gehören Trinkgelder (BGH NJW 84, 2939 [BGH 07.03.1984 - IVa ZR 152/82]; WM 80, 1336) und Gelegenheitsgaben wie Weihnachts- oder Geburtstagsgeschenke (MüKo/Koch Rz 51). Eine sittliche Pflicht kann anzuerkennen sein bei Ausstattungen der Kinder (Köln Beschl v 10.11.21 – 26 UF 92/20 juris),...

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