I. Grundsatz.

 

Rn 7

Das im Einzelfall angerufene Gericht wird stets die Frage trennen müssen, ob die erhobene Klage zulässig und ob sie begründet ist. Der Erlass eines Sachurteils und damit die Prüfung der Begründetheit setzt die Zulässigkeit einer Klage stets voraus. Andernfalls ist die Klage als unzulässig durch Prozessurteil abzuweisen. Das Gericht darf die Zulässigkeit der Klage (oder des Rechtsmittels) nicht dahinstehen lassen (BGH NJW 00, 3718; BGH NJW-RR 91, 333; aA Köln NJW 08, 3649 für eine Berufung; Köln NJW 74, 1515; KG NJW 76, 2353; AG Göttingen ZInsO 17, 1690 je für eine Beschwerde). Wegen des unterschiedlichen Umfangs der Rechtskraft ist der Hinweis auf die Prozessökonomie dabei verfehlt.

II. Die Prozessvoraussetzungen.

 

Rn 8

Zulässig ist eine Klage stets dann, wenn alle Prozessvoraussetzungen im weiten Sinn gegeben sind. Diese lassen sich aufteilen in Prozessvoraussetzungen im engeren Sinn (s.u. Rn 9), in Sachurteilsvoraussetzungen (s.u. Rn 10), in verzichtbare Rügen zur Zulässigkeit (s.u. Rn 11) und in besondere Prozessvoraussetzungen (s.u. Rn 12).

1. Prozessvoraussetzungen im engeren Sinn.

 

Rn 9

Ihr Fehlen hindert bereits eine Zustellung der Klage. Im Einzelnen sind dies die Deutsche Gerichtsbarkeit (§§ 1820 GVG), Mindestanforderungen an das Vorliegen einer Klageschrift (§ 253), also schriftliche Klage mit Unterschrift, Einreichung durch Anwalt im Anwaltsprozess sowie bei einer 1. Instanz, bestimmter Klageantrag; schließlich die Zahlung eines Gerichtskostenvorschusses (§ 12 I 1 GKG).

2. Sachurteilsvoraussetzungen.

 

Rn 10

Ihr Fehlen hindert nicht die Zustellung der Klage, führt aber (bei Fehlen einer Abhilfe) zur Unzulässigkeit und damit zu einem Prozessurteil.

a) Die Parteien betreffend sind Existenz und Parteifähigkeit (§ 50), Prozessfähigkeit bzw ordnungsgemäße gesetzliche Vertretung (§§ 51, 52, 53) sowie Prozessführungsbefugnis (vgl § 50 Rn 33 ff) erforderlich.
b) Das Gericht betreffend müssen die Zulässigkeit des Rechtswegs (§ 13 GVG), die örtliche Zuständigkeit (§§ 12 ff), die sachliche Zuständigkeit (§§ 23, 71 GVG), die funktionelle und die internationale Zuständigkeit (s.u. Rn 71) gegeben sein.
c) Den Streitgegenstand betreffend muss eine ordnungsgemäße und wirksame Klageerhebung vorliegen (§§ 253, 78 ff), es darf keine entgegenstehende Rechtshängigkeit (§ 261 III Nr 1) und keine entgegenstehende Rechtskraft (§ 322) vorliegen, schließlich muss ein Rechtsschutzbedürfnis bestehen, insb bei der Feststellungsklage (§ 256 I) und bei einer Klage auf künftige Leistung (§§ 257259).

3. Verzichtbare Rügen.

 

Rn 11

Nur auf eine Rüge durch den Beklagten (früher als Prozesshindernis bezeichnet) sind zu beachten die Berufung auf eine Schiedsklausel (§ 1032), auf eine fehlende Kostenerstattung nach früherer Klagerücknahme (§ 269 VI) sowie auf eine fehlende Sicherheitsleistung (§§ 110 ff).

4. Besondere Prozessvoraussetzungen.

 

Rn 12

Diese bedürfen der Prüfung, wenn eine besondere Prozesssituation vorliegt, ohne deren Zulässigkeit keine Sachentscheidung möglich ist, so zB die Zulässigkeit einer vorgenommenen Klageänderung (§§ 263, 264, 267), die Zulässigkeit einer subjektiven (§§ 59 ff) oder objektiven Klagehäufung (§ 260), die Zulässigkeit einer besonderen Verfahrensart, etwa des Urkundenprozesses (§§ 592 ff) oder des Mahnverfahrens (§§ 688 ff), die Zulässigkeit eines Versäumnisurteils (§§ 330, 331, 335, 337).

III. Entscheidung.

 

Rn 13

Über die Zulässigkeit der Klage kann durch Zwischenurteil entschieden werden (§ 280). Bei Unzulässigkeit ergeht ein Endurteil (§ 300) als Prozessurteil. Das Vorliegen der Prozessvoraussetzungen, der Sachurteilsvoraussetzungen und der besonderen Prozessvoraussetzungen ist vAw zu prüfen. Eine Ausnahme bilden hier lediglich die verzichtbaren Rügen. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Zulässigkeit der Klage ist grds der Schluss der letzten mündlichen Verhandlung (BGH ZIP 01, 124). Vor Erlass eines Prozessurteils muss das Gericht auf Mängel der Zulässigkeit der Klage hinweisen (§ 139 III). Eine zwingende Reihenfolge der Prüfung gibt es nicht. Naheliegend und praktikabel ist die oben bei Rn 8, 10 vorgenommene Reihung.

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