Gesetzestext

 

(1) In den Fällen des vorhergehenden Paragraphen Nummern 1 bis 5 findet die Restitutionsklage nur statt, wenn wegen der Straftat eine rechtskräftige Verurteilung ergangen ist oder wenn die Einleitung oder Durchführung eines Strafverfahrens aus anderen Gründen als wegen Mangels an Beweis nicht erfolgen kann.

(2) Der Beweis der Tatsachen, welche die Restitutionsklage begründen, kann durch den Antrag auf Parteivernehmung nicht geführt werden.

A. Normzweck und dogmatische Einordnung.

 

Rn 1

Die Norm ist Ausdruck der Anknüpfung der Restitutionsgründe an die Beweissicherheit und die Kraft der Beweismittel im angefochtenen Verfahren (s § 580 Rn 1). Während bei den Restitutionsgründen von § 580 Nr 6 und 7 diese Anknüpfung schon durch die besondere Beweiskraft von Urteilen und Urkunden verdeutlicht wird, ist bei den Restitutionsgründen nach § 580 Nr 1 bis 5 die Erschütterung der Urteilsgrundlagen erst evident, wenn sie sich auf ein Strafurteil stützen kann (zuletzt Gaul FS Matsumoto, 715, 752 ff mwN). Deshalb sieht § 581 I für diese Restitutionsgründe eine zusätzliche Voraussetzung für den Zugang zur Wiederaufnahmeklage vor. (Nur) insoweit ist der Richter im Restitutionsverfahren auch an das Strafurteil gebunden, da es Tatbestandsvoraussetzung für die Statthaftigkeit der Wiederaufnahme ist und insofern Tatbestandswirkung hat. Die Norm ist also im System der Restitutionsklage wertungsgerecht, was ihrer teils vertretenen eingeschränkten Anwendbarkeit und der gegen sie vorgebrachten rechtspolitischen Kritik (s § 580 Rn 5, 8) entgegenzuhalten ist. Im Übrigen verhindert Abs 1 die Wiederaufnahme wegen einer Straftat, obwohl von ihr strafgerichtlich freigesprochen oder ein Verfahren mangels Nachweis eingestellt wurde, was andernfalls, da der Zivilrichter an beides nicht gebunden ist, zumindest möglich wäre. Umgekehrt kann sie im Falle der strafrechtlichen Verurteilung den Widerspruch zum unanfechtbaren Zivilurteil zumindest für die Zulässigkeit der Wiederaufnahme vermeiden; für die Begründetheit kann der Widerspruch gemildert werden, obwohl keine rechtliche Bindungswirkung des Strafurteils besteht (s dazu BGHZ 85, 32; NJW-RR 05, 1024; vgl § 580 Rn 3).

§ 581 II schränkt für sämtliche Restitutionsgründe die Parteiautonomie, zusammenwirkend die Rechtskraft zu durchbrechen, ein, indem der Antrag auf Parteivernehmung des Gegners ausgeschlossen wird.

B. Die einzelnen Tatbestandsvoraussetzungen.

I. Zulässigkeit und Begründetheit der Restitutionsklage.

 

Rn 2

Im Rahmen der dreistufigen Prüfung im Wiederaufnahmeverfahren (s vor §§ 578 ff Rn 3) regelt § 581 I die Zulässigkeitsvoraussetzung der rechtskräftigen strafgerichtlichen Verurteilung im Falle der Restitutionsgründe nach § 580 Nrn 1–5. Restitutionsgrund bleibt aber die Straftat, so dass deren Vorliegen iRd Begründetheit der Restitutionsklage selbstständig zu prüfen ist (vgl § 580 Rn 3), allerdings – insoweit für sämtliche Restitutionsgründe – unter Ausschluss des Beweismittels der Parteivernehmung, § 581 II. Fehlt es an der Voraussetzung des § 581 I, wird die Restitutionsklage nach § 589 als unzulässig verworfen. Das gilt auch dann, wenn das Strafverfahren während der Restitutionsklage noch nicht beendet ist; eine Aussetzung bis zum Abschluss des Strafverfahrens ist nach hM unzulässig (BGHZ 50, 115; Köln FamRZ 91, 584; aA Gaul FS Matsumoto, 715, 757 f mwN). Wird allerdings ein Restitutionsgrund in der Berufungsinstanz geltend gemacht (s § 580 Rn 19, § 582 Rn 5–8), kann das Berufungsgericht eine solche Aussetzung bis zur Durchführung des Strafverfahrens nach § 149 vornehmen (BGH NJW 97, 1309 [BGH 13.02.1997 - III ZR 285/95]; v 7.7.00 – V ZR 425/98 – nv).

II. Rechtskräftige Verurteilung oder Undurchführbarkeit eines Strafverfahrens (Abs 1).

 

Rn 3

Wegen der in § 580 Nr 1–5 genannten Straftaten muss der Prozessgegner, Zeuge, Richter etc (s § 580 Rn 5–9) rechtskräftig verurteilt sein. Ob diese strafgerichtliche Verurteilung richtig ist, spielt für die Zulässigkeit der Restitutionsklage keine Rolle. Dem Strafurteil stehen der Strafbefehl und ein ausländisches Strafurteil gleich (Zö/Greger § 581 Rz 2).

Alternativ zur Verurteilung erkennt Abs 1 die Statthaftigkeit an, wenn die Einleitung oder Durchführung eines Strafverfahrens nicht erfolgen kann. Das darf allerdings seinen Grund nicht darin finden, dass ein Mangel an Beweisen das Verfahren verhindert. In einem solchen Fall darf das angerufene Gericht nicht selbst nachprüfen, ob eine strafbare Handlung begangen worden ist (zuletzt FG Leipzig v 30.8.10 – 8 K 658/09 – nv, mwN; LSG Hamburg v 8.1.13 – L 3 VE 1/11 – nv, s.a. Rn 1, § 580 Rn 5). Mit Strafverfahren ist das Verfahren vom Ermittlungsverfahren über die Anklageerhebung bis zum Urt gemeint. In Betracht kommen va Prozesshindernisse für die Einleitung des Verfahrens und die Einstellungsgründe nach Opportunitätsgesichtspunkten gem §§ 153 (Geringfügigkeit), 153a (gegen Auflagen), 153b (Täter-Opfer-Ausgleich), 154 (Mehrfachtäter), 154d (Vorfragen) StPO, sowie Tod, Verjährung und Abwesenheit. Grundsätzlich muss es zur endgültigen Einstellung des Verfahrens kommen. Bei § 153 StPO ist zwar zu bedenken, dass die Gründe für die Einstellung auch in Schwierigkeiten bei der Beweisführung liegen können (Kobl MDR 79, 410; Gaul Die Gru...

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