Erbunwürdigkeit bei Mord

Nach einer Entscheidung des OLG Hamm ist ein Ehemann, der seine Frau vorsätzlich ermordet hat, hinsichtlich des Nachlasses der Getöteten erbunwürdig. Das strafgerichtliche Urteil hat dabei die Bedeutung einer Beweisurkunde.

In Bielefeld kämpft ein wegen Totschlags an seiner Ehefrau rechtskräftig verurteilter Mann um sein vermeintliches Erbrecht am Nachlass der Getöteten. Er behauptet auch, nicht für den Tod seiner Ehefrau verantwortlich zu sein.

Rechtskräftige Verurteilung

Der Beklagte des vom OLG entschiedenen Rechtsstreits war im Mai 2017 wegen heimtückischen Mordes an seiner von ihm getrenntlebenden Ehefrau zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt worden. Das Urteil ist rechtskräftig. Zwei Wiederaufnahmeanträge des Beklagten blieben ohne Erfolg.

Gewichtige Indizien führten zur Verurteilung

Nach dem Urteil des Schwurgerichts hatte der Beklagte, maskiert mit einer Sturmhaube, mit einer Schrotflinte auf einen von seiner getrenntlebenden Ehefrau geführten PKW geschossen. Nachdem das Fahrzeug außer Kontrolle geraten und anschließend zum Stillstand gekommen war, trat der Beklagte zum Fahrzeug und tötete seine Ehefrau mit weiteren Schüssen. Diese Feststellungen des Gerichts beruhten auf verschiedenen Indizien, darunter DNA-Spuren des Beklagten auf den am Tatort gefundenen Patronenhülsen und der Sturmhaube.

Die weiteren Erben klagten auf Erbunwürdigkeit

Gesetzliche Erben der Getöteten waren zwei gemeinsame Kinder der Erblasserin und des Beklagten sowie der Beklagte selbst. Nach Abschluss des Strafverfahrens machten die beiden Kinder gerichtlich die Erbunwürdigkeit des Beklagten geltend und hatten damit erstinstanzlich Erfolg.

Beweiswirkung des strafgerichtlichen Urteils für den Zivilprozess

Das OLG bestätigte in zweiter Instanz die erstinstanzliche Entscheidung. Besondere juristische Bedeutung kommt der Entscheidung des OLG insoweit zu, als das OLG eine besondere Beweiswirkung des strafgerichtlichen Urteils für die Entscheidung über die Erbunwürdigkeit angenommen hat.

Strafurteil ist Beweisurkunde für Zivilprozess

Grundsätzlich ist ein Zivilgericht nicht an die Feststellungen eines strafgerichtlichen Urteils gebunden. Bei einer Entscheidung über die Erbunwürdigkeit ist das Zivilgericht gehalten, sich in freier Würdigung der Beweise gemäß § 286 ZPO selbst von der Täterschaft des Betroffenen zu überzeugen. Das OLG Hamm vertritt insoweit allerdings die Auffassung, dass den Feststellungen des Strafgerichts im Zivilverfahren besonderes Gewicht zukommt. Das rechtskräftige Strafurteil könne im Zivilverfahren als Beweisurkunde verwendet werden.

Darlegungslast für gewichtige Gründe gegen das Strafurteil bei Beklagtem

Daraus folgt nach der Entscheidung des Senats, dass das Zivilgericht den strafgerichtlichen Feststellungen in der Regel folgen darf, es sei denn, dass gewichtige Gründe für deren Unrichtigkeit sprechen. Insofern trage der Beklagte, der sich auf einen vom Strafurteil abweichenden Sachverhalt beruft, die Darlegungslast dahingehend, dass er gewichtige Gründe gegen die Richtigkeit des strafgerichtlichen Urteils vorzubringen habe.

Gewichtige Gründe gegen Strafurteil nicht erkennbar

Die insoweit vom Beklagten im konkreten Verfahren geltend gemachten Gründe hatten nach Überzeugung des Senats kein erhebliches Gewicht. Erst im zivilgerichtlichen Berufungsverfahren habe der Beklagte den Lebensgefährten seiner getöteten Ehefrau als vermeintlichen Täter ins Spiel gebracht und behauptet, dieser habe ihn durch Platzierung der Patronenhülse und der Sturmhaube am Tatort vorsätzlich belasten wollen. Diese und weitere Behauptungen des Beklagten überzeugten das Gericht schon deshalb nicht, weil der Beklagte diese Behauptungen erst Jahre nach der Tat erstmalig vorgebracht hatte.

Beklagter gibt nicht auf

Im Ergebnis wies das OLG die Berufung des Beklagten gegen das erstinstanzliche Urteil zurück. Der Beklagte hat gegen das Urteil Nichtzulassungsbeschwerde beim BGH erhoben. Über diese ist noch nicht entschieden. Ebenso steht noch die Entscheidung über eine Verfassungsbeschwerde des Beklagten gegen die Ablehnung der Wiederaufnahme des Strafverfahrens aus.

Hintergrund:

Das BGB kennt verschiedene Gründe für die Erbunwürdigkeit eines Erben. Dazu gehören unter anderem eine vorsätzliche Täuschung oder Drohung gegenüber dem Erblasser bei der Errichtung einer letztwilligen Verfügung sowie bestimmte, gegenüber dem Erblasser begangene Straftaten. Die Feststellung der Erbunwürdigkeit ist darüber hinaus an bestimmte Voraussetzungen gebunden.

  • Gemäß § 2339 Abs. 1 Nr. 1 BGB ist erbunwürdig, wer den Erblasser vorsätzlich oder widerrechtlich getötet oder zu töten versucht hat.
  • Die Erbunwürdigkeit ist nicht von Amts wegen zu berücksichtigen, sondern muss gemäß § 2340 BGB durch Anfechtung des Erbschaftserwerbs geltend gemacht werden.
  • Anfechtungsberechtigt ist gemäß § 2341 BGB derjenige, der durch den Wegfall des Anfechtungsgegners begünstigt wird.
  • Die Anfechtung muss gemäß § 2082 BGB innerhalb eines Jahres nach Kenntnis des Anfechtungsgrundes erfolgen.


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Schlagworte zum Thema:  Strafrecht, Erbrecht