Rn 6

Die Beschwerde wird regelmäßig durch Einreichung einer Beschwerdeschrift eingelegt (II 1). Die Vorschrift des S 2 über den Mindestinhalt einer Beschwerdeschrift ist durch das ZPO-Reformgesetz neu geschaffen worden. Ebenso wie § 519 II für die Berufungsschrift (vgl BTDrs 14/4722, 112) verlangt sie die Bezeichnung der angefochtenen Entscheidung sowie die (unbedingte) Erklärung, dass Beschwerde gegen diese Entscheidung eingelegt werde. Dadurch sollen das Beschwerdegericht und die übrigen Verfahrensbeteiligten Klarheit über den Gegenstand und die Beteiligten des Rechtsmittelverfahrens erhalten (BGHZ 165, 371, 375 = NJW 06, 1003; BGH MDR 15, 786). In Zweifelsfällen kann die Rspr zu § 519 II (§ 518 aF) und zu § 64 II 3 FamFG herangezogen werden. Die angefochtene Entscheidung wird durch die Prozessparteien, das Gericht, welches die Entscheidung erlassen hat, das Datum und das Aktenzeichen bezeichnet (BGH WM 13, 1225 Rz 18; MDR 15, 786 Rz 17). Fehlerhafte oder unvollständige Angaben schaden nicht, wenn aufgrund der Angaben der Beschwerdeschrift und den sonstigen aus den Verfahrensakten erkennbaren Umständen vor Ablauf der Beschwerdefrist keine Zweifel verbleiben, welche Entscheidung angefochten wird, und das Gericht seine verfahrensvorbereitende Tätigkeit aufnehmen kann (BGHZ 165, 371, 373 = NJW 06, 1003; BGH MDR 15, 786 Rz 18; MDR 17, 537 Rz 8). Insbesondere steht ein falsches Aktenzeichen dem fristgerechten Eingang des Rechtsmittels oder der Begründung nicht entgegen (BGH MDR 17, 537 Rz 7). Die korrekte Bezeichnung des eingelegten Rechtsmittels als ›sofortige Beschwerde‹ ist nicht erforderlich. Es reicht aus, dass die Beschwerdeschrift das Anliegen der Überprüfung der Entscheidung durch das im Instanzenzug übergeordnete Gericht hinreichend klar erkennen lässt (BGH NJW 92, 243 [BGH 08.10.1991 - XI ZB 6/91]; NZI 04, 166 [BGH 23.10.2003 - IX ZB 369/02]). Im Zweifel will die Partei mit ihrem Rechtsmittel dasjenige erreichen, was nach den Maßstäben der Rechtsordnung vernünftig ist und ihrer recht verstandenen Interessenlage entspricht (BGH WM 10, 2122 Rz 16). Ein Schreiben, die Entscheidung sei nicht nachvollziehbar, und zur problemlosen Beseitigung der Unklarheiten bitte man um einen Termin für ein klärendes Gespräch, reicht allerdings nicht aus (BGH 30.3.06, IX ZB 15/05). Ist der Wille, die Entscheidung anzufechten, auch bei großzügiger Auslegung nicht erkennbar, kann eine Eingabe nach Ablauf der Beschwerdefrist auch nicht dadurch nachträglich zu einer Beschwerde gemacht werden, dass der Einsender bittet, seine Eingabe als Beschwerde zu werten (BGH NJW 04, 1112, 1113 betr ein Schreiben, das ersichtlich in Unkenntnis der anzufechtenden Entscheidung verfasst worden war). Für die Beschwerdeschrift gelten die Vorschriften der §§ 129, 130, 130a über bestimmende Schriftsätze (BGH DGVZ 15, 191 Rz 13). Zwingend erforderlich ist daher die Angabe, für und gegen welche Partei das Rechtsmittel eingelegt wird (BGH MDR 10, 44 [BGH 22.09.2009 - VI ZB 76/08] Rz 5 ff). An die eindeutige Bezeichnung des Rechtsmittelführers sind im Hinblick auf ein geregeltes Verfahren, die Rechtssicherheit und die schutzwürdigen Belange des Rechtsmittelgegners, dem die Rechtsmittelschrift alsbald zugestellt werden muss, strenge Anforderungen zu stellen (BGH MDR 13, 1114 [BGH 24.07.2013 - XII ZB 56/13] Rz 7; MDR 17, 1318 Rz 14). Bei verständiger Würdigung des gesamten Vorgangs der Rechtsmitteleinlegung muss aus der Sicht des Gerichts und des Prozessgegners als Empfänger der Erklärung (BGH NJW-RR 09, 854 Rz 9) jeder Zweifel an der Person des Rechtsmittelführers ausgeschlossen sein, wobei jedoch, wie allgemein bei der Auslegung von Prozesserklärungen, alle Umstände des jeweiligen Einzelfalls zu berücksichtigen sind (BGH NJW 11, 2371 [BGH 12.04.2011 - II ZB 14/10] Rz 10; MDR 13, 420 Rz 13). Als Auslegungsmittel können auch spätere Prozessvorgänge herangezogen werden (BGH NJW-RR 09, 854 Rz 9). Die ladungsfähige Anschrift des Beschwerdeführers in der Beschwerdeschrift ist nicht Zulässigkeitsvoraussetzung des Rechtsmittels (BGHZ 102, 332, 333 f = FamRZ 88, 382; BGH MDR 09, 998 Rz 10). Die Anforderungen an die Bezeichnung des Rechtsmittelgegners sind weniger streng. Im Zweifel richtet sich das Rechtsmittel gegen die gesamte angefochtene Entscheidung und damit gegen alle gegnerischen Streitgenossen, es sei denn, die Rechtsmittelschrift lässt eine Beschränkung der Anfechtung erkennen (BGH MDR 10, 828). Eine schriftliche Beschwerde muss als bestimmender Schriftsatz gem § 130 Nr 6 zwingend die Unterschrift der Person enthalten, welche den Schriftsatz verantwortet (BGH MDR 10, 226 [BGH 17.11.2009 - XI ZB 6/09] Rz 12 f; NJW 15, 3246 Rz 8; BAG NJW 15, 3533 Rz 27). Die Unterschrift soll die Identifizierung des Urhebers der schriftlichen Prozesshandlung ermöglichen und dessen unbedingten Willen zum Ausdruck bringen, die volle Verantwortung für den Inhalt des Schriftsatzes zu übernehmen und diesen bei Gericht einzureichen. Zugleich soll sichergestellt werden, dass...

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