Rn 9

Eine Verzögerung des Verfahrens liegt vor, wenn die Zulassung des verspäteten Vortrags die Erledigung des Rechtsstreits in 2. Instanz zeitlich hinausschieben würde (BGH NJW-RR 05, 669, 671 [BGH 16.12.2004 - VII ZR 16/03]; NJW-RR 04, 126 [OLG Schleswig 20.02.2003 - 5 U 160/01]). Zum Begriff der Verzögerung und dem bei der Beurteilung anzulegenden Maßstab § 296 Rn 14 ff.

 

Rn 10

Keine Verzögerung tritt ein, wenn verspätete Angriffs- und Verteidigungsmittel eine Beweisaufnahme nicht erforderlich machen, sei es weil sie unstr sind (BGH NJW 05, 291 [BGH 18.11.2004 - IX ZR 229/03]), sei es weil Beweis hierfür nicht angeboten ist. Deswegen ist vor einer Zurückweisung der Gegner zu hören, ggf im Wege des Schriftsatznachlasses (§ 283). Eine Verzögerung kann auch darin begründet sein, dass durch den verspäteten Vortrag eine Beweisaufnahme über andere Tatsachen erforderlich wird (BGH NJW 86, 2257). Nicht auf der Verspätung beruht eine Verzögerung, die das Berufungsgericht durch zumutbare Maßnahmen hätte abwenden können (BGH NJW 01, 151 [BGH 26.10.2000 - VII ZR 239/98]). Dabei kommen insb Belehrungen (§§ 521 II, 277 II; BGH NJW 83, 2507 [BGH 14.07.1983 - VII ZR 328/82]), Hinweise iRd materiellen Prozessleitungspflicht (§§ 525, 139; BVerfG 92, 678, 679) oder terminsvorbereitende Maßnahmen (§§ 525, 273; BVerfG NJW 90, 2373 [BVerfG 21.02.1990 - 1 BvR 1117/89]) in Betracht. Die Zumutbarkeit ist dabei unter Berücksichtigung des Umfangs der Sache und der erforderlichen Maßnahmen, der Geschäftslage des Gerichts und der konkreten Terminssituation (BGH NJW 92, 2828 [BGH 09.07.1992 - IX ZR 50/91]; § 296 Rn 25) zu beurteilen. Zumutbar ist eine Klärung einfacher und klar abgegrenzter Streitpunkte, wenn sie keinen unangemessenen Zeitaufwand erfordert (BGH NJW 99, 3272, 3273 [BGH 18.05.1999 - X ZR 105/96]). Bleiben Maßnahmen des Gerichts aus typisch verzögerungsbedingten Gründen (Verhinderung eines verspätet geladenen Zeugen: BGH NJW 89, 719 [BGH 19.10.1988 - VIII ZR 298/87]) erfolglos, ist dies der Partei zuzurechnen, der Vortrag ist zurückzuweisen. Nicht zuzurechnen sind der Partei dagegen Risiken, die nicht auf der Verzögerung beruhen (unentschuldigtes Fernbleiben oder Erkrankung des Zeugen: BGH NJW-RR 86, 1317). Ist der Rechtsstreit ohne Berücksichtigung des verspäteten Vorbringens nicht entscheidungsreif, kommt eine Verzögerung nicht in Betracht (kein Teilurteil: BGHZ 107, 236, 246; aA MüKoZPO/Rimmelspacher Rz 16).

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge