Rn 2

Hierzu zählt nur das Urt, welches gegen die säumige Partei wegen ihrer Säumnis ergangen ist (›echtes Versäumnisurteil‹). Das sind die in §§ 330, 331 geregelten Fälle, also das Versäumnisurteil gegen den Kl und das gegen den Beklagten. Mit dem erstgenannten Urt wird die Klage ohne sachliche Prüfung materiell-rechtlich abgewiesen. Das zweitgenannte Urt gibt der Klage auf der Grundlage des Tatsachenvortrags des Klägers statt, wenn er schlüssig ist. Die Bezeichnung des Urteils als ›Versäumnisurteil‹ ist für das statthafte Rechtsmittel nicht maßgebend, sondern ausschließlich der Urteilsinhalt. Ebenso wenig kommt es für die Bestimmung des statthaften Rechtsmittels darauf an, ob das Versäumnisurteil zu Recht oder zu Unrecht erlassen wurde; die Berufung gegen ein solches Urt kann deshalb nicht darauf gestützt werden, dass kein Fall der Säumnis vorgelegen hat.

 

Rn 3

Nicht hierunter fällt das sog ›unechte Versäumnisurteil‹. Damit bezeichnet man Urteile, die ohne Rücksicht auf die Säumnis einer Partei ergehen. Hauptanwendungsfall ist das klageabweisende Urt bei Säumnis des Beklagten nach § 331 II 2; ein anderer Fall ist das klageabweisende Prozessurteil gegen den säumigen Kl wegen Unzulässigkeit der Klage. In beiden Fällen handelt es sich in Wirklichkeit nicht um ein Versäumnisurteil, sondern um ein streitiges Urt; dieses kann nach § 511 mit der Berufung angefochten werden.

 

Rn 4

Bei gemischten Urteilen kommt sowohl der Einspruch als auch die Berufung als das statthafte Rechtsmittel in Betracht. Sie müssen nämlich hinsichtlich der Anfechtbarkeit in die jeweiligen Teile aufgespalten werden. Das gegen die säumige Partei aufgrund ihrer Säumnis ergangene (Teil)Urteil ist als ›echtes Versäumnisurteil‹ (Rn 2) der Berufung entzogen, sondern nur mit dem Einspruch (§ 338) anfechtbar; das streitige Urt kann mit der Berufung oder Anschlussberufung angefochten werden.

 

Rn 5

Kann dem erstinstanzlichen Urt nicht mit Sicherheit entnommen werden, ob es inhaltlich ein Versäumnisurteil oder ein streitiges Urt ist, oder hat das erstinstanzliche Gericht ein streitiges Urt fehlerhaft als Versäumnisurteil erlassen, können diese Entscheidungen nach dem Meistbegünstigungsprinzip sowohl mit dem Einspruch (§ 338) als auch mit der Berufung angegriffen werden. Denn keiner Partei soll durch den Fehler des Gerichts ein Nachteil im Hinblick auf die Möglichkeit der Anfechtung der Entscheidung entstehen.

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