Rn 1

Zweck. Nach der Verhandlungsmaxime bringen die Parteien die zur Ausfüllung der Rechtsnormen (mit den gewünschten Rechtfolgen) erforderlichen Tatsachen selbst bei (da mihi facta, dabo tibi ius; s § 286 Rn 86). Sie bestimmen dadurch über den der gerichtlichen Entscheidung zugrunde zu legenden Prozessstoff. Grds ist keine Partei gezwungen, im Erkenntnisverfahren vorzutragen. Trägt sie schuldhaft (Rn 30, 46) nicht oder unvollständig vor, ist die verfahrensfehlerfrei (Rn 22 ff) ergangene Entscheidung gerecht, auch wenn bei hypothetischer Zugrundelegung vollständigen Vortrags eine andere Entscheidung ergangen wäre. Damit die Parteien in angemessener Zeit eine Entscheidung erhalten und das Gericht effizient arbeiten kann, ist eine zeitliche Grenze erforderlich, bis zu der beachtlich vorgetragen werden kann (s.a. § 296a); ›die damit verbundenen Nachteile für das Bemühen um eine materiell richtige Entscheidung hat der Gesetzgeber im Interesse der Verfahrenskonzentration bewusst in Kauf genommen‹ (BGH NJW 83, 575, 576 [BGH 02.12.1982 - VII ZR 71/82]). Dabei ist die Präklusionsnorm aber weder Selbstzweck noch hat sie Strafcharakter (BGH NJW 08, 1312). Ihr alleiniger Zweck ist die Abwehr pflichtwidriger Verfahrensverzögerungen (BGH NJW 12, 2808 [BGH 03.07.2012 - VI ZR 120/11] Rz 10). Denn die Parteien sind nach der Prozessförderungspflicht (als Ausdruck der Beschleunigungsmaxime) gehalten, fristgerecht vorzutragen und iÜ ihr Verfahren, wenn sie es führen wollen, zügig und konzentriert zu führen: Ihnen günstige, bereits bekannte (vgl BGH NJW-RR 04, 167, 168 [BGH 09.10.2003 - VII ZR 335/02]) Umstände sollen sie nicht ›tropfenweise‹, sondern in gesammelter Form so bald als möglich in den Rechtsstreit einführen oder zumindest den Vortrag ankündigen (BGH NJW 08, 1312, 1313 [BGH 04.12.2007 - XI ZR 144/06]; 25.1.12 – IV ZR 230/11; Rn 34), um eine möglichst zeitnahe und umfassende und sachlich richtige Entscheidung zu ermöglichen (BVerfG NJW 05, 1768, 1769 [BVerfG 24.01.2005 - 1 BvR 2653/03]): Sie haben gem § 282 I in der mündlichen Verhandlung ihre Angriffs- und Verteidigungsmittel (Rn 6), aber auch nur evtl erhebliche Tatsachen (Eventualmaxime), so rechtzeitig vorzubringen, wie es nach der Prozesslage einer sorgfältigen und auf Förderung des Verfahrens bedachten Prozessführung entspricht. Vorbringen soll grds nicht aus prozesstaktischen Erwägungen zurückgehalten werden (BGH NJW 03, 200, 202 [BGH 15.10.2002 - X ZR 69/01]). In Hinblick auf die Berufung (s § 530 Rn 2, 7, § 531 Rn 1, 4, 8) hat die Partei alles zum Streitstoff gehörende vorzutragen, soweit sie nicht darauf vertrauen darf, dass das Gericht es für unerheblich hält, selbst wenn der Vortrag für das erstinstanzliche Urt unerheblich ist (zu § 531 I: BGH NJW-RR 06, 1292, 1293 [BGH 30.06.2006 - V ZR 148/05]; 31.7.13 – IV ZR 158/12 Rz 14). Das setzt möglicher Prozesstaktik ganz enge Grenzen (einschr Wieczorek/Schütze/Weth Rz 73): Zwar kann es anerkennenswerte Gründe geben, bestimmte Gesichtspunkte zunächst nicht anzusprechen, bis die fortschreitende Entwicklung des Prozesses oder eine Aufforderung des Gerichts deren Einführung unumgänglich macht; insoweit zwingt die Prozessförderungspflicht (§ 282 Rn 5 f) nicht zum Verzicht auf jegliche Prozesstaktik (BVerfG NJW 80, 1737, 1738 [BVerfG 29.04.1980 - 2 BvR 1441/79]). Nicht gefordert ist daher, jeden irgendwie mit der Sache zusammenhängenden Gesichtspunkt oder gar erkennbar unerhebliches (BGH 31.7.13 –IV ZR 158/12 Rz 14) oder nur eventuell im Prozessverlauf erheblich Werdende von vornherein in das Verfahren einzuführen. Eine solche, der Sache nach nicht gebotene Ausweitung des Prozessstoffs könnte sogar zur Verzögerung des Rechtsstreits führen und den gesetzgeberischen Zweck konterkarieren. Soweit jedoch die Prozessförderungspflicht reicht, muss die Partei ihr günstigen Vortrag in gesammelter Form und so bald als möglich in den Rechtsstreit einführen (BVerfG NJW 05, 1768, 1769 [BVerfG 24.01.2005 - 1 BvR 2653/03]). Wieweit die Prozessförderungspflicht noch reicht und ab wann Prozesstaktik möglich ist, hängt von dem Streitstoff in der konkreten Prozesslage ab. Maßgebend ist zunächst der Klägervortrag, der der Darlegungslast genügen muss (Rn 7), sodann aber der möglicher Weise (BGH NJW-RR 06, 1292) erhebliche Vortrag des Gegners (zu § 138 II s BGH 20.5.15 – IV ZR 34/14, VersR 16, 812 Rz 18), der einer sorgfältigen und auf Förderung des Verfahrens bedachter Prozessführung entspr muss, und gerichtliche Hinweise. Erhebliche Beweismittel (vgl BGH 25.1.12 – IV ZR 230/11 Rz 16: zur Reaktion auf das Ergebnis der Beweisaufnahme) sind möglichst früh vollständig zu bezeichnen (BGH aaO Rz 11), gegenbeweislich aber nur nach Beweisantritt des Beweispflichtigen (zum Berufungsbeklagten vgl BVerfG NJW 15, 1746 [BVerfG 09.03.2015 - 1 BvR 2819/14] Rz 17). Insoweit die jeweils darlegungsbelastete Partei noch nicht vorgetragen und Beweis angetreten hat, muss dazu auch der Gegner seinerseits noch nicht vortragen; hier greift die Eventualmaxime n...

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