I. Dogmatische Einordnung.

 

Rn 20

Die dogmatische Einordnung der Sicherungsanordnung ist auch auf Grund der ursprünglichen unklaren Gesetzesbegründung und der kurzfristigen Umformulierung durch den Rechtsausschuss mit erheblichen praktischen Konsequenzen äußerst strittig. Die ursprünglich im Gesetzgebungsverfahren vorgesehene Hinterlegungsanordnung gem § 302a ZPO-Entwurf hätte eine prozessuale Sicherheit gem §§ 108 ff dargestellt. Das galt auch noch für den ersten Entwurf einer Sicherungsanordnung, weshalb auch heute noch vertreten wird, dass die vom Gericht anzuordnende Sicherheit sich nach den §§ 108 ff richtet (Abramenko § 5 Rz 45; Aufderhaar/Jäger ZfIR 13, 173, 188; Horst DWW 13, 123; Zehelein WuM 13, 133, 139; Zö/Greger § 283a Rz 6; Lützenkirchen Mietrecht Anh § 546a BGB Rz 37; Monschau in Lützenkirchen, Anwalts-Handbuch Mietrecht, 6. Aufl M Rn 540). Das berücksichtigt aber die vom Rechtsausschuss in allerletzter Sekunde vorgenommenen Änderungen nicht mehr (aA Zö/Greger § 283a Rz 6). Jetzt ist die Sicherheit vom Vermieter gem § 887 zu vollstrecken. Prozessuale Sicherheiten werden nicht vollstreckt. Es handelt sich deshalb um eine materielle Sicherheit, die sich nach § 232 BGB richtet (AG Hanau Beschl v 4.8.14 – 32 C 172/13, BeckRS 14, 15711; Schmidt-Futterer/Streyl § 283a Rz 37; Börstinghaus NJW 13, 3265; ders in Börstinghaus/Eisenschmid § 283a Rz 31; MüKoZPO/Prütting § 283a Rz 12; BeckOKZPO/Bacher § 283a Rz 40; Guhling/Günter/Geldmacher 16. Teil 1. Abschn Kap 3 Rz 48; Kinne GE 14, 1240, 1245, der aber die Verfahrensvorschriften der §§ 108 ff anwenden will).

II. Art der Sicherheit.

 

Rn 21

In Betracht kommen deshalb zunächst alle Sicherheiten gem § 232 I BGB. Von den dort aufgezählten Realsicherheiten hat in der Praxis nur die Hinterlegung praktische Bedeutung. Nur wenn der Mieter darlegt und glaubhaft macht, dass sie ihm nicht möglich ist, kann das Gericht gem § 232 II BGB die Stellung einer Bürgschaft anordnen. Hierzu zählt auch die Verpflichtungserklärung einer öffentlichen Stelle entsprechend § 569 III Ziff 2 BGB, die als Schuldmitübernahme (BayObLG NJW 1995, 338 [BayObLG 07.09.1994 - RE-Miet 1/94]; aA Lammel Wohnraummietrecht § 569 BGB Rz 39 [Bürgschaft]) zu verstehen ist.

III. Fristsetzung.

 

Rn 22

Das Gericht hat eine Frist zum Nachweis der Erbringung der Sicherheit zu setzen. Soweit das Gericht keine Frist gesetzt hat, berührt das die Wirksamkeit der Sicherungsanordnung nicht (Naumbg NJW 16, 1250 [OLG Naumburg 15.09.2015 - 12 W 84/15]). Die Frist bezieht sich nicht auf die Bestellung der Sicherheit. Anders als bei der Verpflichtungserklärung nach § 569 III Ziff 2 BGB muss der Nachweis innerhalb der Frist nicht ggü dem Vermieter, sondern ggü dem Gericht erfolgen. Eine Fristüberschreitung ist aber unerheblich. Wird die Sicherheitsleistung verspätet erbracht oder die Stellung verspätet nachgewiesen, scheiden sowohl eine Zwangsvollstreckung wie auch der Erlass eine Räumungsverfügung gem § 940a III aus (Schmidt-Futterer/Streyl § 940a Rz 39). Nur wenn die Sicherheitsleistung bis zur Entscheidung über die Anträge nach §§ 887, 940a gar nicht erbracht wurde, hat die Nichterbringung der Sicherheitsleistung Folgen. Die Frist bestimmt deshalb nur, ab wann der Vermieter aus dem Beschluss Rechte herleiten kann. Die Frist kann im Beschluss über die Sicherungsanordnung oder auch erst später gesetzt werden.

IV. Tenorierung.

 

Rn 23

Im Tenor ist Höhe und Grund des Betrages, für den Sicherheit zu leisten ist, genau anzugeben. Das ist wichtig für die Verwertung gem § 283a III. Deshalb muss auch bei einer Klage auf zukünftige Leistung gem § 259 der Betrag im Antrag für bereits fällige Ansprüche beziffert werden (Kinne GE 14, 1240, 1243). Möglicher Tenor: ›Der Beklagte wird im Wege der Sicherungsanordnung gem § 283a ZPO verpflichtet, der Klägerin Sicherheit gem § 232 I BGB in Höhe von … EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem … bis … für das Nutzungsentgelt für den Monat … zu leisten. [Ggf: Dem Beklagten wird gestattet die Sicherheit durch selbstschuldnerische Bürgschaft/Verpflichtungserklärung der Stadt … zu erbringen.] Dem Beklagten wird eine Frist zum Nachweis der Erbringung der Sicherheitsleistung von … Wochen ab Zustellung dieses Beschlusses gesetzt.‹ Da ein Rechtsmittel gem § 570 keine aufschiebende Wirkung hat, bedarf der Beschl keiner Anordnung der vorläufigen Vollstreckbarkeit. Da gegen ihn aber die sofortige Beschwerde zulässig ist, muss er begründet werden (BeckOKZPO/Bacher § 283a Rz 44).

V. Vollstreckung der Anordnung.

 

Rn 24

Der Beschluss über die Sicherungsanordnung bildet gem § 794 I Nr 3 einen Vollstreckungstitel. Die Vollstreckung ist aber erst nach Ablauf der gesetzten Frist zulässig. Es handelt sich um einen Titel über eine vertretbare Handlung unabhängig davon, ob es um die Erbringung einer Bürgschaft oder die Hinterlegung geht (LG Hagen BauR 11, 569; aA BeckOKZPO/Bacher § 283a Rz 50 ff). Die Vollstreckung erfolgt immer nach § 887. Dem Vermieter steht analog § 264 BGB (KG JW 1936, 677, 678; Ddorf FamRZ 1984, 704 [OLG Düsseldorf 12.03.1984 - 3 WF 40/84]) ein Wahlrecht zu, in welcher Form er...

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