Gesetzestext
Klage auf künftige Leistung kann außer den Fällen der §§ 257, 258 erhoben werden, wenn den Umständen nach die Besorgnis gerechtfertigt ist, dass der Schuldner sich der rechtzeitigen Leistung entziehen werde.
A. Normzweck.
Rn 1
Der Gläubiger kann bereits vor Fälligkeit eines Anspruchs einen Vollstreckungstitel erlangen.
B. TB-Voraussetzungen.
I. Ansprüche.
Rn 2
Ansprüche müssen bereits entstanden, nur noch nicht fällig sein. Die Verfolgung eines erst in Zukunft entstehenden Anspruchs erlaubt § 259 nicht (BAG NJW 15, 1773). Außer den Fällen der §§ 257, 258 sind alle Arten von noch nicht fälligen Ansprüchen umfasst, auch bedingte (BGHZ 5, 342) und von einer Gegenleistung abhängige Leistungen, zB Herausgabe (BGH NJW-RR 05, 1518); Sekundäransprüche wie Verzugszinsen (BAG NZA 17, 1388 [BAG 11.07.2017 - 3 AZR 691/16]; Frankf 31.8.18 8 U 53/15, juris); zukünftige Räumung und Herausgabe von Wohnraum (BGH NJW 08, 1661 [BGH 12.03.2008 - VIII ZR 71/07]); Nutzungsentschädigung (BGH NJW 03, 1395); Sicherungsanordnung für Mietzahlungen gem § 283a (AG Hanau ZMR 16, 465); bedingte Schadensersatzklage gem § 283 BGB (BGH NJW 18, 786; BGH NJW 99, 954); auf Sozialhilfeträger übergeleitete Unterhaltsansprüche (BGH NJW 92, 1624); vertragliche Unterlassungsansprüche (BGH MDR 60, 134); Auskunft über künftige Abmahnungen an Mitarbeiter (BAG DB 14, 311). Nicht erst künftig entstehende Ansprüche, wie Tätigkeitsvergütung (BAG NJW 15, 1773).
II. Besorgnis.
Rn 3
Hinsichtlich der Leistungsverweigerung besteht Besorgnis der nicht rechtzeitigen Leistung, wenn aus den Erklärungen des Schuldners oder seinem gesamten Verhalten über die bloße Nichtleistung hinaus der Schluss zu ziehen ist, dass er nicht leisten wolle (Ddorf MDR 15, 1285), insb wenn der Schuldner die Forderung ernstlich bestreitet (BGHZ 5, 344; BGH NJW 03, 1395; Celle MDR 96, 1232) oder fortgesetzt Zahlung verweigert (Brandbg GrundE 15, 590). Verweigert der Unternehmer eine Abrechnung nach § 87c I HGB, begründet dies regelmäßig die Besorgnis, der Unternehmer werde den bei der Abrechnung entstehenden Anspruch des Handelsvertreters auf Erteilung eines Buchauszugs nach § 87c Abs 2 HGB nicht rechtzeitig erfüllen (BGH MDR 17, 1191). Auch wenn der Schuldner Forderung nicht bestreitet, kann sich dies aus der mit der Nichtzahlung verbundenen Zahlungsunfähigkeit ergeben (BGH NJW 03, 1395 [BGH 20.11.2002 - VIII ZB 66/02]). Da die Wiederholungsgefahr bei vertraglichen Unterlassungsansprüchen (im Gegensatz zum gesetzlichen Unterlassungsanspruch) nicht materielle Anspruchsvoraussetzung ist, besteht das allg bzw. das besondere Rechtsschutzbedürfnis (Ddorf MDR 15, 1285 [KG Berlin 11.06.2015 - 12 U 173/13]; str vgl München 13.2.19 7 U 1974/18 juris).
Rn 4
Die Erklärung des Mieters, dass er nicht ausziehe (LG Berlin NZM 99, 71), reicht aus für die Herausgabeklage und zugleich für die künftig fällig werdende Nutzungsentschädigung bis zur Herausgabe der Wohnung (BGH NJW 03, 1395 [BGH 20.11.2002 - VIII ZB 66/02]), auch bei Widerspruch des Mieters gegen die Kündigung des Mietverhältnisses wegen drohender Obdachlosigkeit bei erfolgloser Suche nach Ersatzwohnraum (BGH NJW 22, 3778 [BGH 25.10.2022 - VIII ZB 58/21]), jedoch nicht bei Schweigen des Mieters auf die Kündigung (Karlsr NJW 84, 2953 [OLG Karlsruhe 10.06.1983 - 9 RE-Miet 1/83]; LG Aurich 16.4.19 – 4 T 90/19 juris) oder Zurückweisung der Kündigung nach § 174 BGB wg fehlender Originalvollmacht (LG Hamburg ZMR 19, 197). Klage auf Zustimmung zur Mieterhöhung kann mit Klage auf Zahlung der erhöhten Miete verbunden werden (BGH NJW-RR 05, 1169 [BGH 04.05.2005 - VIII ZR 5/04]), auch Verurteilung zur Leistung unter Vorbehalt einer behördlichen Genehmigung (BGH NJW 78, 1262). Eine Klage des Vermieters auf zukünftige Leistung ist zulässig, wenn der Mieter einen Rückstand an Miete und Mietnebenkosten in einer die Bruttomiete mehrfach übersteigenden Höhe hat auflaufen lassen (BGH NJW 11, 2886 [BGH 04.05.2011 - VIII ZR 146/10]) oder wenn der gewerbliche Mieter ein Vertragsende durch Kündigung des noch langjährig laufenden Mietvertrags behauptet (LG Lüneburg ZMR 12, 446).
III. Zwangsvollstreckung.
Rn 5
Erfolgt nach §§ 726 I, 751 I.
C. Hinweise zur Verhandlung und Prozesstaktik.
Rn 6
Besteht die Besorgnis der Nichterfüllung des Schadensersatzanspruchs, kann die befristete Herausgabeklage nach § 255 mit einer unter die Bedingung der Nichtherausgabe gestellten Schadensersatzklage verbunden werden (BGH NJW-RR 18, 33 [OLG Hamm 19.05.2017 - 20 U 53/17]; München NJW-RR 18, 1245 [OLG München 08.08.2018 - 7 U 4106/17]). Hierfür genügt es, wenn der Schuldner den Anspruch ernsthaft bestreitet (BGH NJW-RR 05, 1518).
Rn 7
Klage auf zukünftige Leistung steht Feststellungsklage nicht entgegen (BGH NJW 86, 2507 [BGH 07.02.1986 - V ZR 201/84]). Eine Klage nach § 259 kann, wenn sie wegen Nichtentstehung der geltend gemachten Ansprüche unzulässig ist, in eine Klage nach § 256 umgedeutet werden (BGH NJW-RR 06, 1485 [BGH 12.07.2006 - VIII ZR 235/04]). Die Klage auf zukünftige Leistungen kann in geeigneten Fällen (§§ 592 ff) im Urkundenprozess erhoben werden (Oldbg WuM 99, 225 [OLG Oldenburg 10.02.1999 - 3 U 121/98]).
Rn ...