Rn 19

Wäre das Gericht für den Aktivprozess über die zur Aufrechnung gestellte Forderung international nicht zuständig, so ist der Aufrechnungseinwand jedenfalls dann zu berücksichtigen, wenn die Forderung unbestritten, zugestanden oder rechtskräftig festgestellt ist. Auch bei rügeloser Einlassung ist eine Entscheidung möglich. Schließlich ist die internationale Zuständigkeit des angerufenen Gerichts für den Fall einer klageweisen Geltendmachung der aufgerechneten Forderung dann nicht erforderlich, wenn die Forderung in analoger Anwendung des § 33, Art 8 Nr 3 EuGVVO in Zusammenhang mit der Klageforderung steht (BGH NJW 02, 2184 [OLG Düsseldorf 21.02.2002 - 2 U 26/01]; Wagner IPrax 99, 71 ff). In allen anderen Fällen, also insb dann, wenn die Entscheidung über die nicht konnexe Gegenforderung von der Einholung eines Gutachtens abhängt, muss der Beklagte auf der Grundlage der bislang gesicherten Rechtsprechung seine Forderung vor dem international zuständigen Gericht verfolgen (Jena OLGR 09, 63). Dies gilt auch dann, wenn die fehlende internationale Zuständigkeit aus einer Parteivereinbarung folgt (BGH NJW 93, 2755; BGHZ 60, 85). Die Einschränkung des Aufrechnungseinwands überzeugt: Der Kl hat ein schutzwürdiges Interesse daran, dass die Gewährung des Rechtsschutzes nicht durch die Prüfung von Rechts- und Tatfragen verzögert wird, deren Entscheidung bei klageweiser Durchsetzung einem ausländischen Gericht vorbehalten wäre. Allerdings ist die Rechtsentwicklung im Fluss: Die Gegenmeinung (St/J/Althammer Rz 42 ff mN) vermisst mit Blick auf die Auslegung von Art 6 Nr 3 EuGVVO (jetzt Art 8 Nr. 3) durch den EuGH (NJW 96, 42) eine im Europäischen Recht wurzelnde Begründung dafür, weshalb das Gericht – mit Ausnahme der genannten Fälle – den Aufrechnungseinwand nur dann berücksichtigen darf, wenn es auch zur Entscheidung über die Gegenforderung international zuständig ist. Klagt der Aufrechnende die Forderung zugleich vor dem dafür zuständigen Gericht in einem anderen Mitgliedstaat ein, so kann im Anwendungsbereich des EuGVVO nur das später angerufene Gericht das Verfahren bis zur Entscheidung des im Zusammenhang stehenden Rechtsstreits aussetzen (Art 30 I EuGVVO).

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