Gesetzestext

 

(1) Die Senate der Oberlandesgerichte entscheiden, soweit nicht nach den Vorschriften der Prozessgesetze an Stelle des Senats der Einzelrichter zu entscheiden hat, in der Besetzung von drei Mitgliedern mit Einschluss des Vorsitzenden.

(2) (betrifft Strafsachen – von einer Kommentierung wurde abgesehen)

A. Senat.

 

Rn 1

Die Zivilsenate entscheiden in Urteils- und Beschlusssachen in der Besetzung mit einem Vorsitzenden und zwei weiteren auf Lebenszeit ernannten Richtern, von denen einer an das OLG abgeordnet sein kann. Eine Überbesetzung von Senaten ist zulässig, dann muss allerdings im Wege der kammerinternen Geschäftsverteilung die Besetzung abstrakt festgelegt sein (§ 21g). Der Vorsitzende soll in der Lage sein, die Rspr des Senats richtungsweisend zu beeinflussen. Er muss deshalb die Aufgaben im Senatsvorsitz zu mindestens 75 % selbst wahrnehmen (BGHZ 37, 210; vgl auch BVerfG NJW 2012, 2334, Tz 23 ff). Das gilt auch für den Präsidenten des OLG (BGH MDR 17, 51 [BGH 05.10.2016 - XII ZR 50/14], vgl. auch § 115 Rn 2). In dieser Besetzung entscheiden auch die Spezialsenate, soweit nicht gesetzlich eine andere Besetzung vorgeschrieben ist, wie etwa im Senat für Baulandsachen (§ 229 BauGB) oder beim Landwirtschaftssenat (§ 2 II LwVG).

B. Einzelrichter.

 

Rn 2

Seit Inkrafttreten des ZPO-RG besteht die Möglichkeit, den Rechtsstreit in der Berufungsinstanz auf den Einzelrichter zu übertragen (§ 526 ZPO; vgl auch § 527 ZPO zum bloß vorbereitenden Einzelrichter); das gilt auch bei der Beschwerde in Familiensachen (§ 68 IV FamFG). Davon machen die Senate, soweit ersichtlich, zwar sehr unterschiedlich, aber überwiegend zurückhaltend Gebrauch. Der Garantie des gesetzlichen Richters iSd Art 101 I 2 GG entspricht der Einzelrichter nur, wenn sich seine Person aus einer den Anforderungen des § 21g entsprechenden senatsinternen Geschäftsverteilung ergibt (§ 526 ZPO Rn 15 mN). Diese muss für jedes Geschäftsjahr neu erstellt werden. Eine ›freie‹ Verteilung auf den Vorsitzenden oder einen Beisitzer scheidet aus. Im Beschwerdeverfahren – außer in Familiensachen (§ 68 IV FamFG) – entscheidet der Senat durch eines seiner Mitglieder als Einzelrichter, wenn die angefochtene Entscheidung von einem Einzelrichter erlassen wurde (§ 568 ZPO). Bei Beschwerdeentscheidungen von grundsätzlicher Bedeutung gilt das nicht (§ 568 S 2 Nr 2). Der Einzelrichter hat deshalb in diesen Fällen die Sache ohne Übertragungsermessen an den Senat zur Entscheidung zu übertragen (BGH NJW 04, 448 [BGH 10.11.2003 - II ZB 14/02]; BGH Beschl v 15.3.12 – IX ZB 185/11 – juris). Der nach § 349 II, III ZPO an Stelle der Kammer entscheidende Vorsitzende der Kammer für Handelssachen gilt nicht als Einzelrichter iS von § 568 S 1 ZPO, so dass über eine sofortige Beschwerde gegen dessen Entscheidung nicht der Einzelrichter, sondern der Senat in der gem § 122 I vorgeschriebenen Besetzung zu entscheiden hat (BGH NJW 04, 856 [BGH 20.10.2003 - II ZB 27/02]; aA unter Hinweis auf § 350 ZPO Kissel/Mayer Rz 4). Hat ein Einzelrichter entschieden, obwohl eine Zuständigkeit der Kammer gegeben war (zB weil ein Richter auf Probe entschieden hat, der dazu nach § 348 I 2 Nr 1 ZPO noch nicht befugt war), hat der Senat in voller Besetzung und nicht durch den Einzelrichter zu entscheiden (Ddorf, Beschl v 17.3.16 – 18 W 81/15 – juris). Auch im Fall einer Entscheidung über ein Ablehnungsgesuch gegen einen dem Senat angehörenden Einzelrichter entscheidet der vollständig besetzte Senat, dem der Einzelrichter angehört (Schlesw OLGR 05, 10; vgl auch BGH NJW 06, 2492 [BGH 06.04.2006 - V ZB 194/05]). Im Verfahren über die Streitwertbeschwerde richtet sich die Besetzung der Richterbank allein danach, in welcher Besetzung in der Vorinstanz die angefochtene Wertfestsetzung vorgenommen worden ist (Köln OLGR 08, 678).

C. Folgen bei Verstoß.

 

Rn 3

Ein Verstoß gegen diese zwingende Vorschrift führt nicht zur Nichtigkeit, aber zur Anfechtbarkeit der Entscheidung (vgl zB BGH Beschl v 15.3.12 – IX ZB 185/11 – juris) und stellt einen absoluten Revisionsgrund (§ 547 Nr 1 ZPO) dar (vgl auch BGH MDR 15, 534 [BGH 12.03.2015 - VII ZR 173/13]).

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