Rn 5

Wie in der ZPO setzt die Vollstreckung auch im FamFG grds einen vollstreckbaren Titel, die Erteilung einer Vollstreckungsklausel (§ 86 III) und die Zustellung des Titels (§ 87 II) voraus. § 86 I enthält eine abschließende Auflistung der Titel, die als Grundlage der Zwangsvollstreckung dienen können und entspricht in seiner Funktion daher weitgehend §§ 704, 794 I ZPO.

I. Gerichtliche Beschlüsse (Nr 1).

 

Rn 6

Gerichtliche Beschlüsse iSd § 86 I Nr 1 sind nur Endentscheidungen (§ 38 I FamFG) und sonstige verfahrensabschließende Gerichtsentscheidungen. Zu Letzteren zählen etwa gerichtliche Beschlüsse nach §§ 887, 888, 890 ZPO, Kostenfestsetzungsbeschlüsse nach § 85 FamFG iVm §§ 104 f ZPO oder einstweilige Anordnungen nach §§ 49 ff FamFG. Auch Entscheidungen nach dem GewSchG sind verfahrensabschließend und werden folglich nach den §§ 86 ff FamFG vollstreckt (Karlsr NZFam 15, 771). Anwendbar ist die Norm ferner auch auf Beschlüsse zur Dokumentenvorlage, wie etwa nach § 285 II FamFG nF (BTDrs 19/24445, S 247).

 

Rn 7

Die Beschlüsse müssen ferner einen vollstreckungsfähigen Inhalt haben. Daran fehlt es bspw bei Entscheidungen hinsichtlich der elterlichen Sorge, solange noch keine konkrete Umsetzung des Sorgerechts, etwa in Form einer Herausgabeanordnung nach § 1632 I BGB, vorliegt. Gleiches gilt für Ehewohnungs- und Haushaltssachen nach §§ 1361a f und §§ 1568a f BGB, wenn noch kein auf die Räumung der Wohnung bzw die Herausgabe konkreter Gegenstände gerichteter Titel existiert (Zweibr FamRZ 20, 832; BeckOKFamFG/Sieghörtner Rz 6). Wichtig ist insb bei Umgangsregelungen, dass der Titel hinreichend bestimmt ist. Wie konkret der Umgang dabei im Einzelfall festgesetzt werden muss, ist umstritten (vgl BeckOKFamFG/Sieghörtner Rz 9; BGH FamRZ 16, 1763, 1764; Frankf FamRZ 17, 744, 745; Brandbg FamRZ 21, 218). Ein vollstreckungsfähiger Inhalt fehlt auch generell allen rechtsgestaltenden oder nur feststellenden Entscheidungen, wie bspw der Bestellung eines Betreuers oder eines Nachlassverwalters. Nicht vollstreckbar ist eine auf Auskunft und Belegvorlage gerichtete Entscheidung, wenn der Zeitraum, für den die Belege vorzulegen sind, nicht zumindest in den Entscheidungsgründen genauer konkretisiert wird (stRspr, BGH FamRZ 21, 770).

II. Gerichtlich gebilligte Vergleiche nach § 156 Abs 2 (Nr 2).

 

Rn 8

Nach § 156 II können Beteiligte (Eltern) in Kindschaftssachen mit gerichtlicher Billigung einen Vergleich über das Umgangsrecht oder über die Herausgabe eines Kindes treffen. Ein solcher, gerichtlich ausdrücklich gebilligter Vergleich kann nach den §§ 86 ff vollstreckt werden. Ändern die Beteiligten nachträglich ohne erneute gerichtliche Prüfung die Vereinbarung ab, ist diese neue Vereinbarung nicht mehr vollstreckbar (Frankf NZFam 19, 276). Der Vergleich muss den Formvorschriften der ZPO entsprechen (§ 36 II 2 FamFG, § 162 I 1 u 2 ZPO), dh, er muss den Beteiligten vorgelesen und von ihnen genehmigt worden sein (Oldbg FamRZ 17, 1333, 1334). Zudem muss die Niederschrift erkennen lassen, dass das Gericht die Vereinbarkeit des Vergleichs mit dem Kindeswohl geprüft hat (Zweibr FamRZ 21, 1564). Die Protokollierung eines Vergleichs beinhaltet nicht automatisch dessen konstitutive Billigung durch das Gericht (BGH FamRZ 19, 1616, 1617). Der Gegenstand der Vollstreckung ist der separat zu erlassende gerichtliche Billigungsbeschluss und nicht bereits der Vergleich selbst (BGH NJW 20, 687, 688; dazu Schlünder FamRZ 20, 1150, 1154; offen Frankf FamRZ 21, 377, 378).

III. Weitere Vollstreckungstitel nach § 794 ZPO (Nr 3).

 

Rn 9

§ 86 I Nr 3 FamFG nimmt die Regelung in § 794 ZPO in Bezug, wobei der Verweis aber nur für die in Nr 1 (gerichtliche Vergleiche) und die in Nr 5 (vollstreckbare Urkunden) erwähnten Titel Bedeutung erlangt (MüKoFamFG/Zimmermann Rz 20). Einschränkende Voraussetzung ist zudem, dass der Vergleich bzw die Urkunde ein Verfahren betrifft, über dessen Gegenstand die Beteiligten verfügen können. In vielen FamFG-Verfahren ist dies nicht der Fall. Praktisch in allen von Amts wegen geführten Verfahren, etwa hinsichtlich der elterlichen Sorge, in Betreuungs- oder Unterbringungssachen oder auch bei einer Erbscheinseinziehung fehlt eine entsprechende Dispositionsbefugnis der Beteiligten.

 

Rn 10

Bei Verfahren, die nur auf Antrag eines Beteiligten eingeleitet werden, besteht hingegen idR eine Dispositionsmöglichkeit. So ist bspw ein Vergleich über die Verteilung von Haushaltsgegenständen, über die Nutzung der Ehewohnung, über die Stundung eines Pflichtteilsanspruchs oder in Gewaltschutzsachen ohne Weiteres möglich. Das Erbrecht eines Beteiligten kann zwar im Erbscheinsverfahren nicht Gegenstand eines Vergleichs sein, wohl aber die Modalitäten seiner Ausübung oder Abfindungen und Ausgleichszahlungen (BayObLG NJW-RR 97, 1368 [BayObLG 14.07.1997 - 1Z BR 39/97]). Über den Verweis aus § 51b S 1 GmbHG iVm den §§ 132 III 1, 99 I AktG sind auch gerichtliche Vergleiche über die Auskunftsklagen von Gesellschaftern gegen die GmbH iSd § 51a GmbHG erfasst (BayObLG NZG 21, 1591 [BayObLG 22.04.2021 - 1 ZBR 74/20]).

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