Gesetzestext

 

(1) Die Beteiligten können einen Vergleich schließen, soweit sie über den Gegenstand des Verfahrens verfügen können. Das Gericht soll außer in Gewaltschutzsachen auf eine gütliche Einigung der Beteiligten hinwirken.

(2) Kommt eine Einigung im Termin zustande, ist hierüber eine Niederschrift anzufertigen. Die Vorschriften der Zivilprozessordnung über die Niederschrift des Vergleichs sind entsprechend anzuwenden.

(3) Ein nach Absatz 1 Satz 1 zulässiger Vergleich kann auch schriftlich entsprechend § 278 Abs. 6 der Zivilprozessordnung geschlossen werden.

(4) Unrichtigkeiten in der Niederschrift oder in dem Beschluss über den Vergleich können entsprechend § 164 der Zivilprozessordnung berichtigt werden.

(5) Das Gericht kann die Beteiligten für den Versuch einer gütlichen Einigung vor einen hierfür bestimmten und nicht entscheidungsbefugten Richter (Güterichter) verweisen. Der Güterichter kann alle Methoden der Konfliktbeilegung einschließlich der Mediation einsetzen. Für das Verfahren vor dem Güterichter gelten die Absätze 1 bis 4 entsprechend.

A. Normzweck.

 

Rn 1

§ 36 stellt die zentrale Norm für eine gütliche Streitbeilegung dar. Die Norm eröffnet zunächst den Beteiligten die Möglichkeit eines Vergleichsschlusses (I 1). Zweitens überträgt sie dem Gericht die Aufgabe, stets auf eine gütliche Einigung hinzuwirken (I 2). Als einen besonderen Weg der konsensualen Streitbeilegung eröffnet die Norm das Verfahren vor dem Güterichter (V). In Ergänzung zu diesen Möglichkeiten lässt § 36a einen gerichtlichen Vorschlag zu, die Angelegenheit vor einen Mediator oder eine außergerichtliche Schlichtungsstelle zu bringen. In Kindschaftssachen ist als spezielle Norm § 156 zu beachten.

B. Der Vergleich (Abs 1).

 

Rn 2

Dem Vergleich kommt eine Doppelnatur als Verfahrenshandlung und als materiell-rechtliches Rechtsgeschäft zu. Der Vergleich kann das gesamte Verfahren oder einen Teil beenden. Er kann über die Beteiligten hinaus auch auf dritte Personen erweitert werden. Der Vergleich kann auf Widerruf geschlossen werden. Voraussetzung für einen Vergleich ist es, dass die Beteiligten über den Gegenstand des Verfahrens verfügen können. Das ist insbesondere zu bejahen bei einem Streit über Ehewohnung und Haushaltsgegenstände, beim Versorgungsausgleich sowie bei der Aufteilung von Kosten und Vergütungsfragen. Speziell für den Umgang und die Herausgabe eines Kindes gilt § 156 II. Dagegen sind Fragen des Sorgerechts nicht dispositionsfähig.

C. Form des Vergleichs (Abs 2, 3).

 

Rn 3

Für die Form des Vergleichs sind verschiedene Verfahrensweisen zu trennen. Kommt eine Einigung im Termin zustande, so ist der Vergleich zu protokollieren (II mit §§ 159 ff ZPO). Ein Vergleich ist aber auch im schriftlichen Verfahren möglich. Seit 1.1.20 kommt gem § 278 VI 1 auch ein zu Protokoll der mündlichen Verhandlung erklärter Vergleichsvorschlag in Betracht, der schriftlich oder auch zu Protokoll der mündlichen Verhandlung von den Parteien angenommen werden kann. Das Gericht stellt dann das Zustandekommen des Vergleichs durch Beschluss fest (§ 36 III mit § 278 VI 2 ZPO).

D. Rechtsfolgen.

 

Rn 4

Der Vergleich beendet das Verfahren unmittelbar soweit die darin enthaltene Vereinbarung reicht. Falls der Vergleich auf Widerruf geschlossen wurde, tritt diese Rechtsfolge mit der aufschiebenden Bedingung ein, also mit Fristablauf ohne erfolgten Widerruf. Sind zusätzliche Wirksamkeitserfordernisse, wie die gerichtliche Billigung nach § 156 II, erforderlich, so tritt die Verfahrensbeendigung erst mit der gerichtlichen Billigung ein. Der formgerecht geschlossene Vergleich ersetzt die notarielle Beurkundung (§ 127a BGB). Der Vergleich hat eine strenge Feststellungswirkung. Er legt die materielle Rechtslage zwischen den Beteiligten verbindlich fest. Der im Termin protokollierte Vergleich und ebenso der durch Beschluss festgestellte schriftliche Vergleich ist ein Vollstreckungstitel nach § 86 I Nr 3 mit § 794 I Nr 1 ZPO (Keidel/Meyer-Holz Rz 50; P/H/Abramenko Rz 14). Er bedarf einer Vollstreckungsklausel.

E. Berichtigung (Abs 4).

 

Rn 5

IV macht deutlich, dass Einwände gegen die Richtigkeit eines im Termin zustande gekommenen Vergleichs mit einem Protokollberichtigungsantrag entsprechend § 164 ZPO geltend gemacht werden können. Für den schriftlichen Vergleich gilt das in gleicher Weise gem Abs 3 mit § 278 VI 3 ZPO. Eine solche Berichtigung eröffnet aber nicht das Verlangen nach Veränderung des Inhalts des Vergleichs. Wegen der Doppelnatur steht allerdings die Möglichkeit einer Anfechtung des Vergleichs nach §§ 119, 123 BGB offen.

F. Güterichter (Abs 5).

 

Rn 6

Durch das Gesetz zur Förderung der Mediation vom 21.7.12 wurde an die Stelle von Modellversuchen mit Richtermediation das Verfahren des Güterichters gesetzt. Dieser Güterichter ist also ein Instrument der konsensualen Streitbeilegung in Form der Schlichtung, nicht der Mediation im engeren Sinn. Das bedeutet, dass der Güterichter den Beteiligten Vergleichsvorschläge unterbreiten kann und dass er dabei seine richterliche Autorität einsetzen kann, was jew einer klassischen Mediation widersprechen würde.

 

Rn 7

Der Güterichter ist ein echter Richter. Er kann alle Methoden der...

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