Gesetzestext

 

(1) Wird dem Standesamt der Tod einer Person, die ein minderjähriges Kind hinterlassen hat, oder die Geburt eines Kindes nach dem Tod des Vaters oder das Auffinden eines Minderjährigen, dessen Familienstand nicht zu ermitteln ist, oder die Geburt eines Kindes im Wege der vertraulichen Geburt nach § 25 Absatz 1 des Schwangerschaftskonfliktgesetzes angezeigt, oder fehlt in den Fällen des § 45b Absatz 2 Satz 3 des Personenstandsgesetzes die Zustimmung des gesetzlichen Vertreters hat das Standesamt dies dem Familiengericht mitzuteilen.

(2) Führen Eltern, die gemeinsam für ein Kind sorgeberechtigt sind, keinen Ehenamen und ist von ihnen binnen eines Monats nach der Geburt des Kindes der Geburtsname des Kindes nicht bestimmt worden, teilt das Standesamt dies dem Familiengericht mit.

A. Allgemeines.

 

Rn 1

Die aufgrund des Gesetzes zur Reform des Vormundschafts- und Betreuungsrechts (v 4.5.2021 BGBl I 882) neu eingefügte Vorschrift entspricht inhaltlich vollständig § 168a aF. Die Regelung verpflichtet das Standesamt, das Familiengericht von den im Einzelnen genannten Sachverhalten zu unterrichten. Diese Verpflichtung soll dem Familiengericht im Einzelfall die Prüfung ermöglichen, ob und welche familiengerichtlichen Maßnahmen einzuleiten sind (zB Bestellung eines Vormunds; vgl Prütting/Helms/Hammer § 168g Rz 2; MüKoFamFG/Heilmann § 168a aF Rz 2). Abs 1 entspricht inhaltlich § 48 FGG aF (wobei an die Stelle des Vormundschaftsgerichts das Familiengericht getreten ist) und wurde durch das Gesetz zum Ausbau der Hilfen für Schwangere und zur Regelung der vertraulichen Geburt v 28.8.13, in Kraft seit 1.5.14 (BGBl I 2013, 3458), ergänzt. Die in Abs 2 enthaltene Regelung war zunächst in § 21 lit a PStG aF enthalten und wurde vom 1.1.09 bis zum 31.8.09 in § 64c FGG übernommen.

 

Rn 2

Die Verpflichtung zur Information des Familiengerichts ist zwingend; dem jeweiligen Mitarbeiter des Standesamts steht kein Ermessen zu. Das Familiengericht ist also auch dann zu informieren, wenn kein Erfordernis für familiengerichtliche Maßnahmen gesehen wird. Diese Prüfung obliegt ausschließlich dem Familiengericht.

B. Die Mitteilungspflichten im Einzelnen.

I. Mitteilung von Tod und Geburt (Abs 1).

 

Rn 3

In Abs 1 sind vier Sachverhalte genannt, die familiengerichtliche Maßnahmen erfordern können. Die verschiedenen Mitteilungspflichten des Standesamts bei Beurkundungen im Geburtenregister oder im Sterberegister sind in § 57 bzw § 60 PStV geregelt. Die Mitteilungspflicht des Standesamts besteht in folgenden Fällen (zB Prütting/Helms/Hammer § 168g Rz 2; MüKoFamFG/Heilmann § 168a aF Rz 6 ff.; Sternal/Schäder § 168a Rz 4):

  • Wird dem Standesamt der Tod einer Person, die ein minderjähriges Kind hinterlassen hat, angezeigt (§ 28 PStG), muss diese Information an das Familiengericht weitergegeben werden (vgl hierzu bereits § 60 I Nr 6 PStV), weil Maßnahmen nach § 1680 II 2 BGB (Übertragung der elterlichen Sorge auf den anderen, bislang nicht sorgeberechtigten, Elternteil) oder aber nach §§ 1773 I, 1809 BGB (Bestellung eines Vormunds oder Pflegers). Die Mitteilungspflicht besteht unabhängig davon, ob der verstorbene Elternteil alleinsorgeberechtigt war, ob er mit dem anderen Elternteil gemeinsam sorgeberechtigt war oder aber ihm die elterliche Sorge (auch teilw) nach § 1666 BGB entzogen worden war (MüKoFamFG/Heilmann § 168a Rz 6). Die im Einzelnen zu übermittelnden Daten sind in § 60 III PStV aufgezählt.
  • Wird dem Standesamt die Geburt eines Kindes nach dem Tod des Vaters angezeigt (§ 18 I PStG), muss das Familiengericht hiervon Mitteilung erhalten (vgl hierzu bereits § 57 I Nr 4 lit a PStV), weil nach § 1791c BGB eine gesetzliche Amtsvormundschaft eintritt, wenn die elterliche Sorge der Mutter möglicherweise nach § 1673 BGB wegen deren Geschäftsunfähigkeit oder Minderjährigkeit ruht (zB PWW/Bauer § 1791c BGB aF Rz 2). Der Inhalt der zu übermittelnden Daten ergibt sich aus § 57 VI PStV.
  • Wird dem Standesamt das Auffinden eines Minderjährigen, dessen Familienstand nicht zu ermitteln ist, angezeigt (§§ 24, 25 PStG), muss eine Mitteilung an das Familiengericht erfolgen (vgl hierzu bereits § 57 I Nr 4 lit b PStV), damit ggf ein Vormund bestellt werden kann, § 1773 II BGB.
  • Wird dem Standesamt die Geburt eines Kindes im Wege der vertraulichen Geburt nach § 25 I des SchKG angezeigt (§ 18 II PStG), besteht eine Mitteilungspflicht des Standesamts (vgl hierzu bereits § 57 I Nr 4 lit c PStV). Bei einer vertraulichen Geburt ruht gem § 1674a S 1 BGB die elterliche Sorge der Mutter nach der Geburt des Kindes kraft Gesetzes, sodass gem § 1773 I BGB grds ein Vormund zu bestellen ist. Damit soll ein Nebeneinander von Vormundschaft und elterlicher Sorge der Mutter ausgeschlossen werden. Das Ende des Ruhens der elterlichen Sorge der Mutter setzt gem § 1674a S 2 BGB einen Beschluss des Familiengerichts (Rechtspfleger, § 3 Nr 2 lit a RPflG) voraus. Voraussetzung ist, dass die Mutter gegenüber dem Gericht ihre Personenstandsdaten angibt. Die Rechte des Vaters sind hiervon nicht betroffen (BTDrs 17/12814, 16); dieser wird aber oftmals keine Kenntnis von der Geburt haben. Weiß er jedoch von...

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