Rn 16

Erscheint ein ordnungsgemäß geladener Ehegatte unentschuldigt (vgl § 381 ZPO; vgl Naumbg FamRZ 07, 909) nicht, ist gegen ihn wie gegen einen Zeugen zu verfahren, sodass die in § 380 ZPO genannten Ordnungsmittel verhängt werden können. Hiervon macht das FamFG eine Ausnahme, als die Anordnung einer Ordnungshaft nicht (auch nicht ersatzweise) in Betracht kommt, Abs 4 Hs 2. Die Höhe des festzusetzenden Ordnungsgeldes bestimmt sich nach § 6 I EGStGB und kann 5–1.000 EUR betragen. Im Vergleich mit § 141 III 2 ZPO beinhaltete diese Regelung eine deutliche Verschärfung (vgl Prütting/Helms/Helms § 128 Rz 14; zur Höhe im Einzelfall vgl auch Stuttg FamRZ 20, 1754). Außerdem sind dem nicht erschienenen Ehegatten die durch sein Ausbleiben verursachten Kosten aufzuerlegen. Bei wiederholtem unentschuldigtem Ausbleiben wird das Ordnungsgeld noch einmal festgesetzt; zudem ist die zwangsweise Vorführung des ausgebliebenen Ehegatten durch den Gerichtsvollzieher zwar zulässig, steht jedoch im Ermessen des Gerichts § 380 II Hs 2 ZPO. Die Anordnung eines Ordnungsmittels setzt eine ordnungsgemäße Ladung zum Termin voraus (s.o. Rn 3). Auch der ersuchte Richter kann das Erscheinen eines Ehegatten durch Ordnungsmittel erzwingen, § 400 ZPO.

 

Rn 16a

Maßgebend für die Höhe des Ordnungsgelds gem § 128 Abs 4 FamFG ist – der doppelten Zweckbestimmung der Ordnungsmittel gem § 890 ZPO als Beugemittel und strafähnliche Sanktion folgend – die Schwere der Pflichtverletzung, die Bedeutung der Säumnis für die Entscheidung der Rechtssache und die wirtschaftliche Situation des Betroffenen, da die Sanktion unterschiedlich Bemittelte gleich schwer treffen soll (Brandbg 24.3.21 – 13 WF 36/21; Stuttg FamRZ 20, 1754).

 

Rn 16b

Wegen der großen Bedeutung der Anhörung der Ehegatten im Scheidungsverfahren sind an die Entschuldigung für das Nichterscheinen hohe Anforderungen zu stellen; das versehentliche Ignorieren der Rückseite eines gerichtlichen Schreibens soll ein fahrlässiges Versäumnis darstellen (Brandbg 24.3.21 – 13 WF 36/21, juris). Bescheinigt ein ärztliches Zeugnis weder eine Arbeitsunfähigkeit noch eine Verhandlungsunfähigkeit, sondern enthält das Attest lediglich den Hinweis, dass der ausgebliebene Ehegatte sich subjektiv krank bzw nicht vernehmungsfähig fühlt, ergibt sich hieraus nicht eine genügende Entschuldigung (KG NJ 21, 76 [KG Berlin 20.11.2020 - 16 WF 1149/20]).

 

Rn 17

Die Verhängung eines Ordnungsgelds und die Auferlegung der durch das Ausbleiben verursachten Kosten steht bei Erfüllung der gesetzlichen Voraussetzungen gem §§ 128 Abs 4 FamFG, 380 Abs 1 ZPO nicht im Ermessen des Gerichts, sondern ist, anders als etwa im Fall des § 141 Abs 3 ZPO, zwingend (Brandbg 24.3.21 – 13 WF 36/21, juris; Stuttg FamRZ 20, 1754: Ausbleiben auch des anderen Ehegatten). Da der anzuhörende Ehegatte nicht zu einer Aussage gezwungen werden kann, wird vertreten, dass die Anordnung, persönlich zu erscheinen, nicht ergehen und erst recht nicht erzwungen werden darf, wenn der Ehegatte hat wissen lassen, dass er zur Aussage nicht bereit sei. Wenn feststeht, dass die Anwesenheit unergiebig sein wird, sei die Anordnung und Erzwingung unverhältnismäßig (Hambg MDR 97, 596; FAKomm-FamR/Roßmann § 128 Rz 29; Musielak/Borth/Frank/Borth § 128 Rz 6; Sternal/Weber § 128 Rz 11). Das scheint jedenfalls dann nicht stringent zu sein, wenn dem Gericht auf der anderen Seite abverlangt wird, die Anhörung der Ehegatten auch in diesen Fällen durchzuführen. Es ist zu unterscheiden. Hier geht es nicht um die Erzwingung einer Aussage, sondern um die Erzwingung des persönlichen Erscheinens zum Termin, der dem Gericht unabhängig von dem Gegenstand der Anhörung auch einen persönlichen Eindruck von den Ehegatten verschaffen soll, was gerade auch dann bedeutsam sein kann, wenn gemeinsame minderjährige Kinder vorhanden sind (vgl Abs 2). Das persönliche Erscheinen kann mit Ordnungsmitteln durchgesetzt werden, unabhängig davon, ob der betroffene Ehegatte Angaben iRd Anhörung machen möchte oder nicht (vgl Prütting/Helms/Helms § 128 Rz 14; J/H/A/Markwardt § 128 Rz 11; vgl auch ThoPu/Hüßtege § 128 Rz 8; Sternal/Weber § 128 Rz 11).

 

Rn 18

Gegen die Anordnung eines Ordnungsmittels steht dem betroffenen Ehegatten die sofortige Beschwerde nach § 128 IV Hs 1, § 380 III ZPO zu. Gegen die Entscheidung des ersuchten Richters ist Erinnerung einzulegen, § 573 ZPO. Gleiches gilt auch für den anderen Ehegatten, der in dann beschwert sein kann, wenn dem unentschuldigt ausgebliebenen Ehegatten die durch sein Ausbleiben verursachten Kosten nicht auferlegt werden (Sternal/Weber § 128 Rz 11; Zö/Lorenz § 128 Rz 11).

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