Tenor

1. Unter Zurückweisung der Beschwerde der Antragsgegnerin im Übrigen wird der Beschluss des Amtsgerichts Eisenhüttenstadt vom 17.02.2021 - 3 F 214/19 - wie folgt teilweise abgeändert:

Die Höhe des Ordnungsgelds wird auf 20,- EUR festgesetzt.

Die Gerichtsgebühr wird auf 30,- EUR ermäßigt. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

 

Gründe

1. Die Antragsgegnerin wendet sich gegen die Auferlegung eines Ordnungsgelds von 100,- EUR und die Verpflichtung zur Übernahme von Mehrkosten.

Das Amtsgericht hatte den zunächst anberaumten Termin zur mündlichen Verhandlung und persönlichen Anhörung der Ehegatten im Scheidungsverbundverfahren aufgrund eines Terminsverlegungsantrags der Verfahrensbevollmächtigten des Antragstellers auf eine spätere Terminsstunde am selben Tag verlegt (Bl. 20) und die zu diesem Zeitpunkt anwaltlich nicht vertretene Antragsgegnerin hierzu ordnungsgemäß geladen (Bl. 20 R).

Zum Termin am 17.02.2020 um 15 Uhr erschien die Antragsgegnerin nicht (Bl. 20). Zum darauffolgenden Termin am 10.03.2020 ist sie erschienen (Bl. 30), so dass die Scheidung am selben Tag verkündet werden konnte (Bl. 31).

Durch den angegriffenen Beschluss (Bl. 22) hat das Amtsgericht der Antragsgegnerin die durch ihr Ausbleiben verursachten Mehrkosten auferlegt sowie ein Ordnungsgeld von 100,- EUR festgesetzt.

Mit ihrer Beschwerde (Bl. 25) trägt die Antragsgegnerin vor, die Terminsladung nur zur Hälfte gelesen und deshalb nur die Terminsaufhebung auf der Vorderseite des Schreibens, nicht aber die Neuterminierung auf dessen Rückseite wahrgenommen zu haben.

Das Amtsgericht hat der Beschwerde unter Hinweis auf das Nichtvorliegen von Entschuldigungsgründen mit Beschluss vom 11.03.2021 (Bl. 35) nicht abgeholfen und die Sache dem Senat vorgelegt.

2. a) Die gemäß §§ 128 Abs. 4, 113 Abs. 1 Satz 2 FamFG, 380 Abs. 3, 567 ff. ZPO statthafte und in zulässiger Weise erhobene sofortige Beschwerde ist nur insoweit erfolgreich, als sie zur Herabsetzung des Ordnungsgelds führt.

Das Amtsgericht hat gegen die zum Scheidungstermin am 17.02.2020 nicht erschienene Antragsgegnerin zu Recht gemäß §§ 128 Abs. 4 FamFG, 380 Abs. 1 Satz 2 ZPO ein Ordnungsgeld festgesetzt und ihr die Mehrkosten ihres Ausbleibens auferlegt. Die gesetzlichen Voraussetzungen für die Verhängung eines Ordnungsgelds und die Auferlegung der durch das Ausbleiben verursachten Mehrkosten liegen vor.

Die Antragsgegnerin hat ihr Nichterscheinen nicht hinreichend zu entschuldigen vermocht. Das versehentliche Ignorieren der Rückseite eines gerichtlichen Schreibens stellt, wie das Amtsgericht im Nichtabhilfebeschluss zutreffend festgestellt hat, ein fahrlässiges Versäumnis dar. Wegen der großen Bedeutung der Anhörung der Ehegatten im Scheidungsverfahren sind an die Entschuldigung für das Nichterscheinen hohe Anforderungen zu stellen (vgl. KG NJ 2021, 76; Lugani in Münchener Kommentar zum FamFG, 3. Aufl. 2018, § 128 Rn. 27; Borth/Grandel in Musielak/Borth, FamFG, 6. Aufl. 2018 § 128 Rn. 5).

Die Verhängung eines Ordnungsgelds und die Auferlegung der durch das Ausbleiben verursachten Kosten steht bei Erfüllung der gesetzlichen Voraussetzungen gemäß §§ 128 Abs. 4 FamFG, 380 Abs. 1 ZPO steht auch nicht etwa im Ermessen des Gerichts mit der Folge, dass - wie hier - bei Vorliegen einer einmaligen Fehlleistung, die zu einer Verzögerung der Entscheidung um nur wenige Wochen führte, von der Auferlegung von Ordnungsmitteln abgesehen werden könnte. Deren Festsetzung und die Auferlegung der Mehrkosten ist, anders als etwa im Fall des § 141 Abs. 3 ZPO, zwingend (OLG Stuttgart, FamRZ 2020. 1754; Lugani a. a. O.; Borth/Grandel, a. a. O.).

b) Jedoch ist das festgesetzte Ordnungsgeld mit 100,- EUR zu hoch.

Die Bemessung der Höhe des zwischen 5,- EUR und 1.000,- EUR festzusetzenden Ordnungsgelds (§§ 128 Abs. 4 FamFG, 380 Abs. 1 ZPO, Art. 6 Abs. 1 EGStGB) steht im pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts. Im Beschwerderechtszug erfolgt daher nur die Überprüfung der rechtsfehlerfreien Würdigung der wesentlichen Umstände und des Ermessensgebrauchs gemäß dem Gesetzeszweck unter Wahrung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit (vgl. OLG Stuttgart, a. a. O.).

Gründe für die Bemessung der Höhe des Ordnungsgelds enthält weder die angefochtene Entscheidung noch der Nichtabhilfebeschluss. Die gebotene Abwägung ist deshalb im Beschwerderechtszug nachzuholen. Sie führt zur Herabsetzung des Ordnungsgelds auf 20,-EUR.

Maßgebend für die Höhe des Ordnungsgelds gemäß § 128 Abs. 4 FamFG ist - der doppelten Zweckbestimmung der Ordnungsmittel gemäß § 890 ZPO als Beugemittel und strafähnliche Sanktion (BVerfG NJW-RR 2007, 860) folgend - die Schwere der Pflichtverletzung, die Bedeutung der Säumnis für die Entscheidung der Rechtssache und die wirtschaftliche Situation des Betroffenen, da die Sanktion unterschiedlich Bemittelte gleich schwer treffen soll (vgl. OLG Stuttgart a. a. O.). Angesichts der beengten wirtschaftlichen Verhältnisse der Antragsgegnerin als Empfängerin von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach SGB II, ihres g...

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