Leitsatz (amtlich)

Ein zur Verhängung eines Ordnungsmittels führender Verstoß gegen das zum Zweck des Gewaltschutzes ausgesprochene Verbot, mit der geschützten Person in irgendeiner Form Kontakt aufzunehmen, kann auch vorliegen, wenn der sog. "Stinkefinger" gezeigt wird.

 

Normenkette

FamFG § 95 Abs. 1 Nr. 4; GewSchG § 1; ZPO § 890

 

Verfahrensgang

AG Germersheim (Aktenzeichen 2 F 129/18)

 

Tenor

1. Auf die sofortige Beschwerde des Antragstellers X. wird der Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Germersheim vom 7. Februar 2019 geändert und wie folgt neu gefasst:

Gegen den Antragsgegner wird ein Ordnungsgeld in Höhe von 100 EUR, und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, Ordnungshaft von zwei Tagen verhängt.

2. Der Antragsgegner hat die Kosten des Ordnungsmittelverfahrens zu tragen.

3. Der Verfahrenswert für das Beschwerdeverfahren wird festgesetzt auf 500 EUR.

 

Gründe

Die zulässige Beschwerde führt in der Sache zum Erfolg.

Es wird vom Antragsgegner nicht bestritten und steht fest, dass er dem Antragsteller X. bei einem zufälligen Zusammentreffen am 17. April 2018 den sog. "Stinkefinger" (Faust mit nach oben gestreckten Mittelfinger) gezeigt hat. Damit hat er gegen das ihm gegenüber durch einstweilige Anordnung des Amtsgerichts vom 14. März 2018 gemäß § 1 GewSchG ausgesprochene Verbot verstoßen, mit dem Antragsteller in irgendeiner Form Kontakt aufzunehmen. Es handelte sich, wie der Antragsteller zu Recht geltend macht, um eine Kontaktaufnahme durch körperliche Gestik (so wohl auch OLG Hamm, Beschluss 14 WF 39/14 v. 30.6.14 - juris).

Es ist daher gemäß § 95 Abs. 1 Nr. 4 FamFG; § 890 Abs. 1 ZPO ein Ordnungsmittel zu verhängen. Das Beschwerdegericht hält ein Ordnungsgeld für ausreichend, das sich mit 100 EUR im unteren Bereich des gesetzlichen Rahmens von 5 bis zu 250.000 EUR (vgl. Zöller, ZPO 32. Aufl. § 890 Rn. 18) bewegt. Es handelte sich um einen erstmaligen und weniger gewichtigen Verstoß, für den der genannte Betrag auch unter Berücksichtigung der Belange des bei dem Vorfall anwesenden, damals 7-jährigen gemeinsamen Kindes der Antragstellerin Y. und des Antragsgegners ausreichend erscheint.

Weil Ordnungsmittel nach § 890 ZPO auch einen repressiven, strafähnlichen Sanktionscharakter haben, steht es ihrer Verhängung hier nicht entgegen, dass die in der einstweiligen Anordnung bestimmte Verbotsfrist bis zum 14. September 2018 mittlerweile abgelaufen ist (vgl. BGH FamRZ 2015, 2147 Rn. 32 zu § 89 FamFG; Palandt, BGB 78. Aufl. Einl. v. § 1 GewSchG Rn. 8).

Entgegen der Auffassung des Amtsgerichts bedurfte es auch nicht der Vorlage einer vollstreckbaren Ausfertigung durch den Antragsteller. Es handelt sich um die Vollstreckung einer einstweiligen Anordnung (§ 53 Abs. 1 FamFG) und der Vollstreckungsantrag richtete sich an das Gericht, das den Titel erlassen hatte, als zuständigem Vollstreckungsorgan (§ 86 Abs. 3 FamFG; dazu Keidel, FamFG 19. Aufl. § 86 Rn. 17).

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 87 Abs. 5, 81 FamFG. Für den Verfahrenswert des Beschwerdeverfahrens ist berücksichtigt, dass die zugrundeliegende befristete einstweilige Anordnung mittlerweile ausgelaufen ist.

 

Fundstellen

Haufe-Index 13297204

FamRZ 2019, 1948

FuR 2020, 122

FF 2019, 379

NJW-Spezial 2019, 582

NZFam 2019, 748

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