Entscheidungsstichwort (Thema)

Streitwertbeschluss

 

Leitsatz (amtlich)

Gebührenstreitwert: Anders als bei einer Klage auf künftige Mietzahlungen, für die überwiegend § 9 ZPO angewandt wird, bestimmt sich der Streitwert einer Klage auf Zahlung zukünftiger Nutzungsentschädigung gem. § 259 ZPO nach § 48 Abs. 1 GKG i.V.m. § 3 ZPO.

 

Normenkette

GKG § 48 Abs. 1; ZPO §§ 3, 9, 259

 

Verfahrensgang

LG Rottweil (Urteil vom 24.08.2010; Aktenzeichen 3 O 165/10)

 

Tenor

Unter Abänderung der Streitwertfestsetzung im Urteil des LG Rottweil vom 24.8.2010 - 3 O 165/10, wird der Streitwert für die I. und II. Instanz folgendermaßen festgesetzt:

I. Instanz

1. Bis zum 27.7.2010: 33.271 EUR

(bis zum Teilanerkenntnisurteil bzgl. Miete für Mai 2010 vom 20.7.2010 und Teilanerkenntnisurteil bzgl. Räumungsanspruch vom 27.7.2010).

2. danach: 16.212 EUR

(allein verbleibende künftige Nutzungsentschädigung)

II. Instanz

1. Bis zum 29.12.2010: 17.130,92 EUR

(bis zur einseitigen Erledigungserklärung des Klägers vom 29.12.2010, bestehend aus:

Berufung des Bekl.: künftige Nutzungsentschädigung i.H.v. 16.212 EUR [für erledigt erklärt am 29.12.2010] und

Berufung des Kl. i.H.v. 918,92 EUR [zurückgenommen am 13.1.2011])

2. danach (ab 30.12.2010): Kostenwert

 

Gründe

Der Kl. beantragte mit der am 27.5.2010 zugestellten Klage, den Bekl. zur Räumung des Mietobjekts (Antrag Ziff. 1), zur Zahlung der Miete inkl. MwSt. und Nebenkostenvorauszahlungen für Mai 2010 i.H.v. 1.351 EUR (Antrag Ziff. 2), zur Zahlung von monatlich 1.351 EUR ab Juni 2010 (Antrag Ziff. 3) und zur Zahlung von 1.890,20 EUR für vorgerichtliche Anwaltskosten (Antrag Ziff. 4) zu verurteilen. Über die Miete für Mai 2010 wurde mit Teilanerkenntnisurteil vom 20.7.2010 erkannt. Zum Räumungsanspruch erging am 27.7.2010 ein weiteres Teilanerkenntnisurteil. Das LG Rottweil hat den Bekl. u.a. verurteilt, an den Kl. ab 2.8.2010 eine monatliche Nutzungsentschädigung i.H.v. 1.351 EUR längstens bis zur vollständigen Räumung und Herausgabe des streitgegenständlichen Ladenlokals zu zahlen. Hiergegen hat der Bekl. Rechtsmittel eingelegt. Das Ladenlokal wurde am 9.11.2010 zwangsgeräumt. Der Kl. hat am 29.12.2010 einseitig die Erledigung des Klageantrags gem. Ziff. 3 erklärt. Am 17.1.2011 erging gegen den Bekl. im Berufungsverfahren ein Versäumnisurteil.

1) Der Gebührenstreitwert für die I. Instanz ergibt sich - bis zum 27.7.2010 - aus der Addition des Gebührenstreitwerts für den Räumungsanspruch gem. Ziff. 1 (a), des Gebührenstreitwerts für den Mietzinszahlungsanspruch gem. Ziff. 2 (b) sowie demjenigen für die Nutzungsentschädigung gem. Ziff. 3 (c). Die gem. Ziff. 4 geltend gemachten vorprozessualen Kosten zur Durchsetzung des Anspruchs bleiben bei der Streitwertfestsetzung als Nebenforderungen - ebenso wie die geltend gemachten Zinsen (§ 4 Abs. 1 HS 2 ZPO) - unberücksichtigt (BGH NJW 2007, 3289; Zöller, 28. Aufl., § 4 Rz. 13 m.w.N.). Die durch das Teilanerkenntnisurteil vom 20.07. und 27.7.2010 bzgl. dem Klageantrag gem. Ziff. 1 und Ziff. 2 eingetretene Erledigung führt ab 28.7.2010 zu einer entsprechenden Reduzierung des Gebührenstreitwerts.

(a) Der Gebührenstreitwert für den Räumungsanspruch beträgt gem. § 41 Abs. 1 GKG 15.708 EUR (= 1.100 EUR Nettomietzins + 209 EUR MwSt. hieraus × 12).

Die Mehrwertsteuer gehört zum Nettogrundentgelt i.S.v. § 41 GKG (BGH NJW-RR 1997, 648; OLG Düsseldorf MDR 2006, 1079; Zöller, a.a.O., § 3 Rz. 16, dort unter "Mietstreitigkeiten" m.w.N. zur Rspr.).

(b) Der Gebührenstreitwert für den Mietzinsanspruch gem. Ziff. 2 beträgt gem. § 48 Abs. 1 GKG i.V.m. § 3 ZPO 1.351 EUR (= 1.100 EUR Nettomietzins + 209 EUR MwSt. hieraus + 42 EUR Nebenkostenvorauszahlung).

(c) Der Gebührenstreitwert für den Nutzungsentschädigungsanspruch gem. Ziff. 3 beträgt gem. § 48 Abs. 1 GKG i.V.m. § 3 ZPO 16.212 EUR (= 1.100 EUR Nettomietzins + 209 EUR MwSt. hieraus + 42 EUR Nebenkostenvorauszahlung × 12).

aa. § 41 Abs. 1 GKG findet bei Streitigkeiten über Zahlungsverpflichtungen aus einem Mietvertrag grundsätzlich keine Anwendung, auch wenn die Parteien letztlich über den Fortbestand des zugrunde liegenden Mietverhältnisses streiten, denn der für die Wertfestsetzung maßgebliche Streitgegenstand ist nicht durch den Streit über Bestehen oder Dauer des Mietverhältnisses bestimmt, sondern durch einen Einzelanspruch aus dem Mietverhältnis, nämlich die künftige Geldforderung des Vermieters (BGH NJW-RR 2005, 938; bereits BGH JurBüro 1966, 309).

bb. Die Frage, ob der Gebührenstreitwert einer auf Zahlung zukünftiger Nutzungsentschädigung bis zur Räumung gerichteten Klage nach § 9 ZPO oder § 3 ZPO zu bestimmen ist, ist umstritten.

Mit der ganz herrschenden Meinung geht der Senat davon aus, dass die Bestimmung des Streitwerts - anders als für künftige Miete, für die überwiegend § 9 ZPO angewandt wird - gem. § 3 ZPO zu erfolgen hat (KG NJW-RR 2007, 1579; OLG Frankfurt OLGReport Frankfurt 2004, 201; KG KGReport Berlin 2000, 234; OLG Bamberg JurBüro 1981, 1047; OLG Frankfurt MDR 1980, 761; Schneider/Herget, Streitwertkommentar, 12. Aufl. 2007...

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